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(GZ-12-2018)
Neues von Sabrina
 

Majestät Fußball gibt sich die Ehre

Gestern hat mein Chef gesagt...

Nachdem wir wieder alle Untertanen von König Fußball geworden sind, gilt es, seine Majestät gebührend zu ehren. Die Public-Viewing-Wand im Stadtpark kostet zwar ein Schweinegeld, aber das ist es mir zur Stärkung des Zusammenhalts und zur Kanalisierung der Begeisterung schon wert.“ Mein Chef, der Bürgermeister, hat sich diesmal mit Hilfe von Sponsoren einen lang gehegten Traum erfüllt: Eine riesige Projektionswand, einen Foodtruck, Schankmobile und eine echt Mega-Soundanlage für die Deutschland-Spiele.

Schade, dass die Begeisterung für diese Fußball-WM ursprünglich ein bisschen auf gebremstem Schaum daher gekommen ist. Aber das dürfte sich im Laufe des Turniers ändern, wenn die Leistung von Jogis Jungs sich steigert (und das 0:1 gegen Mexiko war ja nur ein Ausrutscher, oder?) und es weiter solche sympathischen Überraschungen gibt, wie die Argentinien-Klatsche durch das 1:1 mit (Huh, Huh) Island.

Jedenfalls ist die Ausstattung der Autos mit Deutschland-Fahnen und schwarz-rot-goldenen Rückspielschützern noch ausbaufähig. Ob es am Austragungsland, Russland, liegt? Ein schönes Land mit reicher Kultur, aber es weckt natürlich bei weitem nicht so exotische Phantasien wie vor vier Jahren Brasilien oder vor acht Jahren Südafrika. Möglicherweise ist auch der Ruf das Landes als Demokratie nicht so gefestigt, wie es Gerhard Wes-Brot-ich-essdes-Lied-ich-sing Schröder es uns weismachen will. Oder es ist vielen unangenehm, an einer Fußball-Party teilzunehmen, und sei es auch nur vor der Glotze, während in einem Teil Europas ein unerklärter Krieg herrscht, so wie im Osten der Ukraine. Jedenfalls sollen selbst die Stadien nicht so gut gefüllt sein und die Sponsorengelder nicht so üppig fließen, wie es sich die FIFA vorgestellt hat.

Überhaupt die FIFA. Wie man sagt, ist ja der Tango corrupti der inoffizielle WM-Song dieser wie der vorausgehenden und der kommenden Weltmeisterschaften. Vielleicht haben es auch manche Leute einfach satt, sich via Einschaltquote oder in sonstiger Weise an der Wertsteigerung der Marke Fußball-WM zu betreiligen.

Wobei Deutschland, Brasilien oder jetzt Russland als Gastgeber noch richtige, traditionsreiche Fußballnationen sind, die durchaus auf sportliche Meriten verweisen können. Aber Qatar 2022 ist eher für Falkenzucht und Kamelrennen bekannt – beides erst auf dem Sprung, olympische Disziplin zu werden. Oder 2026 die Eishockey-Großmacht Kanada, die USA, deren Fußball nicht erst seit Kaisers Zeiten eher bekannt ist für die Drittverwertung europäischer Fußballlegenden, die dort Soccer spielen müssen, und als Feigenblatt Mexiko, das bis dahin von den USA zwar durch eine Mauer getrennt sein wird, aber wenigstens Ahnung vom Fußball (siehe Sonntag!) hat.

Tatsächlich sagt man ja, Onkel Donald habe sich persönlich für den Zuschlag zugunsten des Trios USA/Kanada/Mexiko eingesetzt. Ausschlaggebend soll seine Drohung gewesen sein, Strafzölle auf Schmiergelder zu erheben, wenn die FIFA nicht spurt. Wobei das ein Gerücht sein mag, denn es ist kaum vorstellbar, dass sich Präsident Trump für ein so regelbasiertes Spiel erwärmen kann, da er doch sonst alle Regeln vom Tisch wischt, wie ein trotziger Sechsjähriger, der Schwierigkeiten hat, die Grundzüge von Mensch-ärgere-Dichnicht zu begreifen. Das letzte wirklich pädagogisch wichtige Signal, das der US-Leader aussandte war, dass er auch mit dem dicken Kind aus Nordkorea im geopolitischen Sandkasten spielen will, jedenfalls lieber als mit dem Justin, den alle Mädels anschmachten.

Mein Chef, der Bürgermeister, nahm es pragmatisch. Gerade weil die Weltlage so ist, wie sie ist, sollte man sich mal 90 Minuten gesellige Entspannung durchaus gönnen. Warum denn nicht? Denn dass allzu oft andere die Regeln bestimmen, bemerkte schon der Kaiser unter den Fußball-Philosophen, Franz Beckenbauer: „Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift.“ 

Ihre Sabrina

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