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(GZ-4-2018)
Neues von Sabrina
 

Geschlechterneutralität in der Sprache

Gestern hat mein Chef gesagt...

„Wer hätte das gedacht, dass ein harmloser Witz auf Kosten einer Frau heutzutage noch ein solches Ungewitter der Gendergöttin auslösen würde.“ Nein, mein Chef, der Bürgermeister, bezog sich nicht auf die Altneihauser Feierwehrkapell’n, die in der Fränkischen Fastnacht ein paar eindeutig-drastische Wirtshauswitze über Brigitte Macron gerissen hat.

Die Rede ist von Justin Trudeau, dem Premierminister von Kanada, der sich selbst als Feminist bezeichnet und dessen Land erst kürzlich in seiner Nationalhymne den Hinweis auf die Söhne des Vaterlandes gestrichen hat, um inklusiv zu wirken und auch die Töchter und das dritte Geschlecht zu ihrem patriotischen Recht kommen zu lassen. Er hat bei einer Diskussion eine Frau dafür gerügt, dass sie den Begriff mankind (Menschheit) verwendet hat, in dem eben man (Mann) vorkommt. Als alternativen Begriff schlug er peoplekind (Menschenheit) vor, den es als Begriff nicht gibt und  der natürlich nur dazu diente, eine suadernde Fundamentalfeministin auf die Rolle zu nehmen.

Hui, da hieß es in Deckung gehen vor all den Posts und Kommentaren, die Trudeau entweder selbst einen feministisch gehirnverseuchten Spinner nannten oder – so vielgestaltig ist heutzutage die Community der Politikerbeleidiger – einen ewig gestrigen Betonmacho. Da blieb dem nach dem Abgang Barack Obamas einzig verbliebenen Sonnyboy der angelsächsischen Politwelt nur die zerknirschte Feststellung, dass ihn das Witzlemachen unter Umgehung des Regens direkt in die Traufe der politischen Inkorrektheit befördert hat.

Auch bei uns treibt ja die Frage, wie weit die Geschlechterneutralität in der Sprache getrieben werden soll, immer mal wieder das Diskussionsthermometer bis zum Siedepunkt. Legendär sind Versuche, die Frage der Geschlechtergerechtigkeit mit einem Federstrich zu erledigen, indem Hochschulen zum Beispiel anregten, männliches wie weibliches Lehrpersonal mit Frau Professor anzureden. Dazu kommen ständige Neuerungen in dem Bestreben, geschriebene Texte unlesbar zu machen. Berühmt das Binnen-I in BürgermeisterIn, das den Begriff für weibliche Amtsträgerinnen wie männliche Amtsträger verwendbar machen sollte, ebenso wie das in Kreisen eher konservativer Schreiber bis heute weit verbreitete Zeichen /- wie in Bürgermeister/-in. Da nicht nur LBGT-Aktivisten, sondern mittlerweile auch das Bundesverfassungsgericht an das dritte Geschlecht glaubt, ist aber heutzutage das * der politisch korrekte Hit, also Bürgermeister*in für alle, die berechtigterweise das größte Amtszimmer im Rathaus haben.

Wie oben schon gezeigt, bleibt auch die Doppelung, also Bürgermeisterin und Bürgermeister, sehr beliebt bei Verfassern von Texten, die diese künstlich verlängern wollen. Hier muss man nur höllisch aufpassen, nicht in eine andere Form der Genderfalle zu tappen. Und damit meine ich nicht die satirische Anführung Telefonhörer und Telefonhörerin, die Spötter gerne benutzten, als man noch mit Zweikomponentengeräten telefonierte. Linguisten haben nämlich nachgewiesen, dass meist nur positiv oder neutral besetzte Begriffe durchgegendert werden. Begriffspaare wie Mörderin und Mörder, Diebin und Dieb oder Psychopathinnen und Psychopathen findet man praktisch nie in geschriebenen oder gesprochenen Texten.

Mein Chef, der Bürgermeister, macht bei seiner Tochter im Übrigen eine interessante Beobachtung: Junge Frauen legen immer häufiger gar keinen Wert auf das ewige Gendern. Sie sind in eine Welt hineingewachsen, in der Gleichberechtigung der Geschlechter akzeptierte und – wenngleich nicht durchgehend, wenn ich an das gender-pay-gap denke – gelebte Realität ist. Sie fühlen sich nicht mehr so im Kampf wie ihre Mütter.

Zum Schluss noch ein tröstendes Wort von Christian Morgenstern für meinen Chef und alle politisch tätigen oder ein politisches Amt bekleidenden Menschen, denen mal ein Witz misslingt: „Den Charakter eines Menschen erkennt man an den Scherzen, die er übel nimmt.“

Ihre Sabrina

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