Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-20-2016)
Kommentar von Georg Huber
 
► Georg Huber, Landrat des Landkreises Mühldorf am Inn:
 
Erste Bilanz zum DV-Asyl

Liebe Leserinnen und Leser,

keine Allgemeinsätze, sondern konkrete Lösungsansätze und Handlungsmöglichkeiten – diese Forderungen habe ich in meiner Kolumne für die Bayerische GemeindeZeitung in Nr. 11/2016 an das geplante Integrationsgesetz gestellt. Mittlerweile ist das Integrationsgesetz des Bundes in Kraft getreten.

Darauf basierend wurde die Asyldurchführungsverordnung, kurz DV-Asyl, überarbeitet. Die Neufassung ist zum 1. September ebenfalls in Kraft getreten – Zeit, um eine erste Bilanz zu ziehen. Erfüllt das 10-seitige Papier auch in der Verwaltungs-Praxis die Erwartungen und Forderungen?

Die wichtigste Änderung ist die Wohnsitzpflicht für anerkannte Asylbewerber. Das heißt, die Regierungen in Bayern dürfen nun unter Berücksichtigung der Aufnahmequoten sowie der bisher geleisteten Integrationsarbeit den Flüchtlingen einen Wohnsitz vorschreiben. Dabei handelt es sich keineswegs um einen Akt der Bevormundung der Asylbewerber. Vielmehr ist dieses Verfahren ein wichtiger Baustein zur Vermeidung sozialer Brennpunkte und somit letzten Endes auch eine Maßnahme zur Förderung der Integration.

Denn Unzufriedenheit und Unsicherheit entstehen unter anderem auch dort, wo Bürgerinnen und Bürger bzw. die Verantwortungsträger vor Ort das Gefühl haben, dass die Lasten ungerecht verteilt werden. Damit Integration auch auf lange Sicht gelingen kann, muss ein rechtlicher Rahmen festgelegt werden, um keine Kommune zu überfordern. Dazu gehört auch, dass die Städte, Märkte und Gemeinden mit den Kosten nicht allein gelassen werden.

Etwas vage bleibt die Verordnung bei der Durchgriffsmöglichkeit gegenüber Gemeinden. Einzelne Gemeinden können sich auch weiterhin der Aufnahme von Flüchtlingen entziehen, wenn sie keinen Wohnraum bereitstellen. Wer bisher jedoch ohne Pflicht Flüchtlinge aufgenommen hat, darf auf keinen Fall dauerhaft einen Nachteil davon tragen. Dies geht zu Lasten der anderen Kommunen, die dadurch ihre Quoten übererfüllen. Es braucht daher unbedingt einen solidarischen Schulterschluss aller Kommunen.

Kritisch zu hinterfragen sind zudem die erhöhten pauschalen Gebühren für die Inanspruchnahme staatlicher Unterkünfte. Denn die Steigerung trifft vor allem diejenigen Asylbewerber, die über ein eigenes Einkommen verfügen und für ihr Geld hart arbeiten.

Ein weiterer Aspekt ist der erhöhte Personalbedarf in den Ausländerbehörden durch die Übertragung neuer Aufgabenfelder. Der personalbedingte Mehraufwand verbleibt bei den Landkreisen und kreisfreien Städten. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden.

Als Fazit kann man bislang ziehen, dass die Neuerungen in der Asyldurchführungsverordnung durchaus gute Ansatzpunkte enthalten. Die konkrete Umsetzung freilich ist noch verbesserungswürdig. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die neue Verordnung als Erfolg gewertet werden kann. Wichtig ist, dass der Kerngedanke einer gerechten Lastenverteilung und der Vermeidung von Parallelgesellschaften niemals aus den Augen verloren wird.

Die quantitative Verteilung durch die Wohnsitzauflage ist die eine Seite. Daneben darf jedoch auch die qualitative Integrationsförderung – gerade auch in ländlichen oder strukturschwachen Räumen – nicht vernachlässigt werden. Daher werde ich nicht müde, mich für eine koordinierende Integrationsberatung einzusetzen. Ziel ist eine Weiterentwicklung der derzeitigen Asylsozialberatung zu einer ganzheitlichen Integrationsberatung, die an die Unterstützungsbedarfe der bereits anerkannten Asylbewerber sowie an ihr soziales Umfeld wie Gemeinden, Ehrenamtliche, Bildungseinrichtungen und Unternehmen anknüpft.

Dies ermöglicht uns, Probleme frühzeitig zu erkennen und Lösungsmöglichkeiten anzubieten. Dazu bedarf es auch einer hauptamtlichen Koordination und Unterstützung. Denn die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer dürfen keinesfalls überfordert werden. Wir brauchen beides – Hand in Hand. Die Förderung muss daher unbedingt ausgebaut und angepasst werden. Nur so können wir den bisher erfolgreich eingeschlagenen Weg auch weitergehen und gemeinsam mit den Ehrenamtlichen und der Gesellschaft insgesamt eine funktionierende Integration umsetzen.

Ihr Georg Huber, Landrat des Landkreises Mühldorf am Inn

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