Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-12-2019)
Kommentar von Stefan Rößle
 

► Stefan Rößle, Landrat im Landkreis Donau-Ries, KPV-Landesvorsitzender:

 

Ökosoziale Marktwirtschaft im Mittelpunkt unseres politischen Handelns

Liebe Leserinnen und Leser,

momentan zeichnen sich zwei parallele Entwicklungen in unserer Gesellschaft ab. Der Klima- und Umweltschutz ist eines der wichtigsten gesellschaftspolitischen Themen geworden. Gleichzeitig können wir auch beobachten, dass sich junge Menschen immer mehr für politische Richtungsentscheidungen interessieren und sie sich für ihre Anliegen stark machen. Als gewählte Vertreter, egal welcher politischen Ebene wir angehören, sollten wir diese Forderungen ernstnehmen und sie in unsere Politik mit aufnehmen.

Es sind vor allem die Umweltthemen, die den Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf dem Herzen liegen. Dass der Schutz unseres Klimas eine zentrale Bedeutung für sie hat, liegt auf der Hand. Denn unsere Kinder und Enkel werden es sein, die mit den Auswirkungen der politischen Richtungsentscheidungen, gerade auch im Bereich der Klimapolitik, leben müssen.

Dass sie sich nun für ihre künftige Welt stark machen, sollte uns daher nicht verwundern – und dabei sind sie zielstrebig und motiviert. Schon fast wie von einer Welle überrollt, finden überall in Deutschland Schüler-Demonstrationen für den Klimaschutz statt. Knapp 15 Millionen Aufrufe konnte der Youtuber Rezo bereits für sein Video, in dem er die (Umwelt-)Politik der derzeit Verantwortlichen kritisiert, verzeichnen. Auch im sozialen Netzwerk Twitter waren dahingehende kritische Hashtags über Wochen auf Platz 1.

Ja, es sind Protestbewegungen, 2019 aber in neuem Gewand. Neben dem klassischen Mittel der Demonstration ist jetzt vor allem das Internet der Hauptschauplatz für die Proteste. Mit Facebook, Twitter, Instagram und Youtube ist die Jugend vertraut. Hier ist sie stark vertreten und artikuliert sich in „ihrer“ Sprache.

Viele politische Mandatsträger (wenn wir ehrlich sind, nahezu alle) stellen sich die Frage, wie man damit umgehen soll. Hier gibt es sicherlich unterschiedliche Meinungen, aber einen Fehler sollten wir dabei unter keinen Umständen machen: die Ziele der Jugend als unreflektiert abzustempeln, von vornherein als plumpe Meinungsmache zu deklarieren oder diese Entwicklung gar zu ignorieren. Wir dürfen nicht auf der einen Seite in Sonntagsgrußworten die Jugend als unsere Zukunft in den Himmel heben und im Gegenzug die Meinung unserer jungen Generation einfach übergehen.

Doch zurück zum Thema Umwelt und Klima: Geht man nach den Worten von radikal motivierten Umweltideologen, die im Fahrwasser der Jugendproteste die Gunst der Stunde für Ihre Zwecke ausnutzen, so könnte man fast meinen, Deutschland und Europa hätten seit Jahren und Jahrzehnten in Sachen Umwelt- und Klimaschutz nicht den Hauch einer Aktivität gezeigt. Das stimmt so sicherlich nicht. Es wird von allen staatlichen Ebenen schon viel getan im Natur-, Arten- und Klimaschutz. Gerade die Kommunen gehen mit einer Vielzahl von wertvollen Projekten voran – von der Bürgerenergieanlage, Landschaftspflegeverbänden bis hin zur Umweltbildung. Auch die Kooperation mit den Umweltschutzverbänden läuft auf kommunaler Ebene vielerorts sehr gut.

Bei der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der CSU steht das Thema Umwelt- und Klimaschutz in Gemeinden, Städten, Landkreisen und Bezirken ebenfalls seit vielen Jahren ziemlich weit oben auf der Agenda. Wir haben unter anderem immer wieder auf bessere Rahmenbedingungen zur Gestaltung der Energiewende vor Ort gedrängt oder gemeinsam mit dem Arbeitskreis Umweltsicherung und Landesentwicklung (AKU) der CSU Maßnahmen zur Flächenschonung und zur nachhaltigen Mobilität erarbeitet, die sich teilweise in Gesetzesform erfolgreich niedergeschlagen haben.

Grundsätzlich richtig ist, dass von politischer Seite Themen wie der Klimaschutz wahrscheinlich nicht in der angemessenen Intensität angepackt wurden, wie es nötig gewesen wäre. Hier ist auch eine Portion Selbstkritik durchaus erlaubt.

Richtig ist aber auch, dass wir mit radikalen Maßnahmen wie beispielsweise Verzicht auf Fleisch sowie extremen Einschränkungen bei Mobilität, Landwirtschaft und Energieversorgung nicht weiterkommen.

Bei der ganzen Debatte wird ebenso nämlich klar: Wer selbst keine Verantwortung trägt, verfällt schnell der Versuchung nur die Problemstellungen medienwirksam anzuprangern und selbst keine gesamtgesellschaftlich tragbaren Lösungen zu präsentieren. Damit meine ich nicht die Jugendlichen, sondern die politischen Trittbrettfahrer der Bewegung.

Doch gibt es denn überhaupt Lösungen? Ja, gibt es! Im Grunde geht es darum, die ökosoziale Marktwirtschaft künftig ganz in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns auf allen Ebenen zu stellen. Ökonomie, Ökologie und Soziales dürfen nicht im Gegensatz zueinanderstehen, sondern müssen die gemeinsame Basis für unsere Entscheidungen bilden.

Nachhaltige Wertschöpfung nach dem bewährten Leistungsprinzip mit niedrigem Ressourcenverbrauch und mit sozialen Ausgleichmechanismen. Hinter diesen wenigen Worten, die in Sekundenschnelle formuliert sind und die sicherlich auch der Großteil der demonstrierenden Jugendlichen mitunterschreiben würden, steckt abseits verklärender Naivität ein gigantischer Berg an realen Herausforderungen – nicht nur bei uns, sondern auf dem ganzen Erdball. Die Wirkungstreffer, die Deutschland und auch Europa ad hoc für den Klimaschutz setzen können, sind dabei vergleichsweise gering, allein wenn man bedenkt, dass China und die USA das x-fache an Treibhausgasen jährlich in die Luft blasen.

Aber ich bin mir sicher, wir haben trotzdem die Chance von Deutschland und Europa aus etwas Großes zu bewegen und mit unserer Innovationskraft und unserer Überzeugung andere Länder und Kontinente in Richtung globale Ressourcenschonung mitzureißen. Deshalb bleiben wir auch in der KPV und in den Kommunen dran – nein, noch besser, wir starten durch und betreiben mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit Alt und Jung gemeinsam Klima- und Umweltschutz vor Ort – mit kleinen und größeren Maßnahmen und Projekten die nicht verbieten und bevormunden, sondern die funktionieren und überzeugen.

Ihr Stefan Rößle, Landrat im Landkreis Donau-Ries, KPV-Landesvorsitzender

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