Kolumnen & Kommentarezurück

(GZ-6-2016)
Kommentar von Stefan Rößle
 
► Stefan Rößle, Landrat im Landkreis Donau-Ries, KPV-Landesvorsitzender:
 
Tourismusförderung hilft den Kommunen

Liebe Leserinnen und Leser,

der Tourismus in Bayern erreichte auch im Jahr 2015 ein Rekordniveau und hat die Ergebnisse von 2014 erneut übertroffen – Bayerns Wirtschafts- und Tourismusministerin Ilse Aigner kommentierte diese Schlagzeile voller Stolz und spricht von einem „absoluten Spitzenergebnis“.

Insgesamt stieg 2015 die Zahl der Gästeankünfte im Vergleich zum Vorjahr um 5,4 % auf rund 34 Millionen und die der Übernachtungen um 3,4 % auf ca. 88 Millionen. Bayerns Gastgewerbe hat sich 2015 ebenfalls positiv entwickelt. Es verzeichnet beim Umsatz ein Plus von 3,6 % und bei den Beschäftigten einen Anstieg um 1,0 %. Bayerns Schlösser und Burgen sind dabei laut Bayerns Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder einer der Top-Besuchermagneten bei Touristen im Freistaat. Über 5 Mio. Besucher kamen 2015 zu den verschiedenen historischen Stätten. Der Freistaat investiert derzeit hunderte Millionen Euro in die Restaurierung der Bauten und damit in den Erhalt des lebendigen historischen Erbes.

Aber auch die Kommunen sind beim Tourismus im Sinne von Wirtschaftsförderung und Standortwerbung trotz angespannter Haushalte vielfach engagiert. Doch immer wieder stellen wir uns als kommunale Mandatsträger die Frage, ob sich die Investitionen auch wirklich durch positive Effekte und letztendlich durch bare Münze auszahlen.

Ich habe das in unserer touristischen Destination Ferienland Donau-Ries (51 Städte und Gemeinden, rund 165.000 Einwohner) vor einigen Jahren von dwif-consulting untersuchen lassen und interessante Erkenntnisse gewonnen:

Im Jahr 2010 spülten insgesamt 5,68 Mio. Aufenthaltstage von Gästen einen Bruttoumsatz von rund 154,8 Mio. Euro in die Kassen der Tourismusanbieter in Donau-Ries. Zu den Aufenthaltstagen gehörten über 90% Tagesreisen, die rund 66% des Gesamtumsatzes erzielten. Bei den gewerblichen Betrieben (z.B. Hotels) machten rund 7% der Aufenthaltstage über 30% des Gesamtumsatzes aus.

Wir haben uns die Frage gestellt, welche der Wirtschaftszweige am Tourismus verdienen. Vielfach werden nur Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe zu den Profiteuren der Tourismusbranche gezählt. Weit gefehlt: Das Beispiel zeigt, dass ein großer Teil des touristischen Umsatzes auf den Einzelhandel und andere Dienstleistungsbranchen entfielen. Bei den Tagesbesuchern waren es zu 43 % der Einzelhandel, zu 36% das Gastgewerbe und zu 21% die Dienstleistungen. Bei den Übernachtungsgästen verschoben sich die Anteile – 61% das Gastgewerbe, 21 % der Einzelhandel und 18 % die Dienstleistungen. Bei der Aufteilung der Umsätze im Gastgewerbe erhielten wir ebenfalls bemerkenswerte Zahlen. 15 Mio. Euro fielen auf die Unterkunft und 54 Mio. Euro auf die Gastronomie. Der Einzelhandel freute sich über Umsätze in Höhe von 46 Mio. Euro bei den Einkäufen und 9 Mio. Euro bei den Lebensmitteln. Bei den Dienstleistungen (insgesamt über 31 Mio. Euro) nahmen die Freizeiteinrichtungen (z. B. Freibad, Theater, Events) 17 Mio. Euro, die lokalen Transporte (z.B. Taxi, ÖPNV) über 2,5 Mio. Euro und die sonstigen Dienstleister (z.B. Friseur, Fitness) über 11,5 Mio. Euro ein. An dieser Aufzählung ist erkennbar, welch ein enormer Umsatzbringer der Tourismus für die verschiedensten Branchen verkörpert. Wie wir alle wissen, ist Umsatz nicht gleich Gewinn. Doch weitere Berechnungen ergaben, dass sich die Einkommenseffekte im Landkreis Donau-Ries im untersuchten Jahr auf letztendlich stattliche 70 Mio. Euro beliefen. Damit konnten in der Region im Jahr 2010 die Anzahl von 2.950 Personen durch den Tourismus ihren Lebensunterhalt mit einem durchschnittlichen Primäreinkommen (= 23.771,- Euro) pro Kopf bestreiten. Zusätzlich wurden 17,4 Mio. Euro an Steueraufkommen generiert – kommunale Steuern und Abgaben gar nicht mitgerechnet. Wie gesagt waren das die Zahlen von 2010; seither haben sich die Zahlen für Übernachtungen und Tagesgäste und damit auch die Wertschöpfung für unsere Region um rund 13 % erhöht.

Was heißt das für uns Kommunalpolitiker? Es lohnt sich durchaus, die Potenziale des Tourismus zu nutzen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Gerade durch den Querschnitts-charakter der Tourismusbranche profitieren viele verschiedene Wirtschaftszweige. Zudem sind die Anforderungsprofile vielfältig (vom Reinigungspersonal bis zum Manager) und das Beschäftigungsspektrum ist entsprechend breit (z. B. Vollzeit, Teilzeit, Aushilfen, mithelfende Familienangehörige).

Darüber hinaus bedeutet eine aktive, zielgerichtete und kontinuierliche Weiterentwicklung im Tourismus für jede Kommune eine Aufwertung des gesamten Lebensstandortes. Tourismusgemeinden sind meist besser ausgestattet mit Rad- und Wanderwegen, mit (Kur-) Parks, Ruhebänken und Abenteuerspielplätzen, mit Schwimm- und Erlebnisbädern, Museen, Ausstellungen, Kinos und anderen Unterhaltungseinrichtungen als andere Orte.

Wer als Kommune also in diese Richtung weiter sinnvoll Gelder einsetzt, hält in punkto Freizeitwert und Lebensqualität wertvolle Trümpfe in der Hand, um im Wettbewerb um Einwohner, Mitarbeiter und Unternehmen zu bestehen. Investitionen in den Tourismus verbessern also nicht nur die Infrastrukturausstattung, sondern schaffen handfeste Zukunftsperspektiven – gerade im ländlichen Raum und vor dem Hintergrund des demographischen Wandels.

Als KPV setzen wir uns seit Jahren dafür ein, dass unsere Kommunen auch von staatlicher Seite die notwendigen finanziellen Freiräume erhalten, um die Chancen des Tourismus wirklich nutzen zu können. Ohne Zweifel, die wunderschönen Landschaften im Freistaat und die faszinierenden Kulturdenkmäler verkörpern alleine schon einen gewissen Standortvorteil. Doch sie bilden im harten Wettbewerb der Destinationen lediglich eine solide Grundlage für ein attraktives touristisches Angebot, das jeweils vor Ort entsprechend ausgebaut werden muss.

Ihr Stefan Rößle, Landrat im Landkreis Donau-Ries, KPV-Landesvorsitzender

GemeindeZeitung

Kolumnen & Kommentare

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung