Interviews & Gesprächezurück

(GZ-18-2015)
Interview mit Dr. Jörg Ochs
 
Dr. Jörg Ochs:
 
Stadtwerke München - Weichenstellungen für die digitale Zukunft

Die SWM sind das kommunale Versorgungs- und Dienstleistungsunternehmen der Landeshauptstadt München und ihrer Region. Mit zukunftsweisenden Infrastrukturmaßnahmen wie beispielsweise dem Glasfaser-Netzausbau tragen sie einen wichtigen Teil zur kommunalen Daseinsvorsorge und somit zur Wirtschaftskraft und zur Lebensqualität in München und der Region bei.

120 Mitarbeiter sind bei den Stadtwerken München im Bereich Telekommunikation mit den Segmenten normale Telefonie, Sprach- und Datennetze, IT-Sicherheit und Sondertelefonie beschäftigt. Der Umsatz liegt bei jährlich ca. 30 Mio. Euro. Die Stadtwerke München sind der größte öffentliche Tetra-Netz-Betreiber in Deutschland und decken dort ca. 4.000 Quadratkilometer mit digitalem Bündel-Funk ab.

Telekommunikation hat bei SWM lange Tradition

Dr. Jörg Ochs ist Leiter der Telekommunikation bei den SWM. Nach Ochs‘ Darstellung hat die Telekommunikation bei den SWM eine lange Tradition: So wurde bereits 1900 im Bericht der Städtischen Elektrizitätswerke München für das Geschäftsjahr 1901 aufgeführt: „Die Länge der verlegten Telefonkabel beträgt 15.720 Meter.“ In späteren Geschäftsberichten (1908/1909) wird ausgeführt, dass die Telefonkabel mit den 5-kV-Drehstromkabeln verlegt wurden.

Auch zu dem im Jahr 1907 in Betrieb genommenen ersten Uppenbornkraftwerk bei Moosburg bestand von München aus mit „zwei schwachen Bronzedrähten“ auf der 53 km langen 50-kV-Freileitung (erste Leitung mit dieser hohen Spannung in Deutschland) eine Betriebstelefonverbindung. Ebenso war das 1913 in Betrieb genommene Leitzachkraftwerk über ein 39 km langes Fernsprechkabel (2x2x1,5 mm²), das parallel zu den beiden 25-kV-Kabeln verlegt wurde, mit der Landeshauptstadt verbunden.

Anbindung städtischer Dienststellen

In den 1950er Jahren wurden Fernmeldekabel zur Verbindung der Umspannwerke gelegt und in den 60er Jahren begann man mit der Erschließung der Trafostationen in Verbindung mit Nieder- und Hochspannungskabellegungen sowie der Vernetzung der Polizeireviere und Aufschaltung des Polizeifunks bis 1972. Die 70er Jahre waren geprägt von der Vernetzung der Sportstätten zur Olympiade 1972 sowie der Anbindung städtischer Dienststellen an die Telefonzentrale. In den 80er Jahren wurde die Fernmeldekabelstrecke vom Forstenrieder Park nach Oberau sowie die Verbindung Rossmarkt – Ostbahnhof gebaut; 1988 fand die erste Lichtwellenleitung von der Zentralnetzleitstelle Unterföhring nach Karlsfeld große Beachtung.

In den 1990er Jahren wurde die erste Siemens Hi-Com Anlage auf den Markt gebracht; zudem stand der Ausbau der LWL-Verbindungen im Rahmen des Netzinformationssystems (NIS) auf der Agenda. 1996 wurde M-net, ein regionaler Telekommunikationsanbieter in Bayern, dessen Hauptgesellschafter die Stadtwerke München sind, gegründet. 2008 umfasste das LWL-Netz bereits ca. 12.000 km Kabel- und 130.000 km Faserlänge, das Kupfernetz hatte eine Drahtlänge von ca. 300.000 km.

Ausbau des Glasfasernetzes

Die Datenmengen, die im Internet übertragen werden, wachsen weiter rasant. Die Kapazität der bestehenden Kupferleitungen, mit denen die DSL-Verbindungen betrieben werden, ist aber schon jetzt nahezu ausgeschöpft. Gemeinsam mit M-net treiben die SWM daher den Ausbau des Glasfasernetzes in München voran und investieren dafür insgesamt 250 Millionen Euro, ca. 165 Millionen Euro allein die SWM.

Wirtschaftlicher Bau und Betrieb des Netzes

Bislang haben M-net und SWM bereits rund 32.000 Gebäude, sprich ca. 350.000 Haushalte, zum größten Teil innerhalb des Mittleren Rings mit Glasfaseranschlüssen ausgestattet - das ist die Hälfte des gesamten Münchner Wohnungsbestands. Das Glasfasernetz mit einer Grabenlänge von ca. 850 Kilometern und einer Faserlänge von 300 Mio. Metern wird vorrangig in Stadtgebieten mit einer relativ hohen Bevölkerungsdichte, mit Nähe zum bestehenden Glasfasernetz und in Neubaugebieten schrittweise und nachhaltig weiter ausgebaut. So ist gewährleistet, dass Bau und Betrieb des Netzes wirtschaftlich erfolgen.

Spitzenreiter

München gehört damit zu den Spitzenreitern dieser Technologie in Europa. SWM und M-net schaffen eine Infrastruktur, die auch in vielen Jahren noch ausreichen wird, um datenintensive Anwendungen zu nutzen. Ein bedeutender Vorteil für den Wirtschaftsstandort München: Eine schnelle und sichere Datenübertragung kann für Unternehmen geschäftsentscheidend sein.

Vereinfachte Prozesse

Große Bandbreiten werden beispielsweise fürs Cloud-Computing benötigt, also für web-basierte Netzwerke, für Videokonferenzen und für Online-Backups. Auch das „Internet der Dinge“, bei dem Geräte miteinander vernetzt werden, spielt eine immer größere Rolle. Prozesse werden auf diese Weise vereinfacht und Unternehmen bleiben konkurrenzfähig. Mit dem Glasfasernetz stellen die SWM schon jetzt die Weichen für die digitale Zukunft.

IT-Rathaus München

2013 wurde im Münchner Technologiepark M-Campus der Grundstein für das IT-Rathaus München (ITRM) gelegt. Jörg Ochs zufolge entsteht dort im Auftrag der Stadtverwaltung unter anderem ein neues Rechen- und Druckzentrum. Das ITRM wird eine Gesamtfläche von etwa 37.200 Quadratmetern haben. Hier soll im Laufe des Jahres die Informations- und Telekommunikationstechnik der Stadtverwaltung räumlich gebündelt werden. Nach der Fertigstellung geht das Rechenzentrum in das Eigentum der bayerischen Landeshauptstadt über.

Projekt M-WLAN

Gemeinsam mit den Partnern M-net und muenchen.de haben die SWM im Auftrag der Landeshauptstadt München zudem das Projekt M-WLAN gestartet. Vom frei zugänglichen WLAN-Angebot zum Nulltarif am Marienplatz, Sendlinger Tor, Odeonsplatz und am Stachus profitieren Einheimische und Besucher gleichermaßen. Rund 20 weitere Standorte im Stadtgebiet sind bereits konkret in Planung, darüber hinaus werden zusätzliche Standorte untersucht.

„Von den Energieversorgern wird seitens der Gemeinden immer öfter freies öffentliches WLAN als neue Dienstleistung gefordert“, machte Ochs deutlich. Zum einen stellt es für die Bürger ein interessantes Angebot dar, zum anderen können Verwaltungsprozesse optimiert werden, etwa durch die Bestrebungen von Gemeinden, zunehmend auf Online-Formulare umzustellen.

Zahlreiche Nachfragen

Entsprechend gebe es z. B. von Seiten städtischer Referate oder Kliniken zahlreiche Nachfragen. Knackpunkt sei allerdings die Finanzierung. Vor diesem Hintergrund gelte es, intelligente Geschäftsmodelle zu finden. Im Übrigen, so Ochs, habe auch der rechtliche Aspekt – siehe Haftungsfrage – lange Zeit ein Problem dargestellt. Viele Kommunen hätten sich davor gescheut, WLAN aufzubauen. Die neue Breitbandinitiative der Staatsregierung weise nunmehr darauf hin, dass Betreiber von offenen WLANs nicht länger dafür geradestehen müssen, wenn Gäste das freie Netz für Straftaten missbrauchen.

IT-Sicherheit

„Grundsätzlich investieren die Stadtwerke München sehr viel in die IT-Sicherheit“, hob Ochs abschließend hervor. Allein in seiner Abteilung kümmerten sich mehr als zehn Mitarbeiter rund um die Uhr nur um das Thema Sicherheit. Im Betrieb seien Virenscanner, zudem 16 Firewalls und Präventionssysteme, die auch Anomalien im Netzwerk erkennen und determinieren. Zudem würden jährliche Penetrationstests durchgeführt, „das heißt wir heuern in unterschiedlichen Verfahren Hacker an und lassen unser Netz mittels Black-Box- und White-Box-Tests überprüfen“.

Während die beauftragten Sicherheitsunternehmen bei einem Black-Box-Test mit öffentlich bekannten Informationen versuchen, in das Kommunikationsnetz der Stadtwerke München einzudringen, werden beim White-Box-Test zusätzliche vertrauliche Informationen bekannt gegeben. 

DK

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