Interviews & Gesprächezurück

(GZ-5-2016)
Interview mit RMD-Vorstand Dr. Albrecht Schleich
 
► Dr. Albrecht Schleich, Rhein-Main-Donau AG:
 
Klarer Mehrwert für den Kunden

Donau-Kraftwerke im Schnell-Check: Die Donau ist ein Fluss mit europaweiter Bedeutung und den meisten, zum Teil bedrohten Fischarten Deutschlands. Wie es um den Stand der Umsetzung von Durchgängigkeitslösungen für aquatische Lebensformen allgemein an den von der Donau-Wasserkraft AG betriebenen Donau-Kraftwerken bestellt ist bzw. welche Planungen dort anstehen, darüber informierte RMD-Vorstand Dr. Albrecht Schleich im Interview mit der Bayerischen GemeindeZeitung.

GZ: Herr Dr. Schleich, die Donau-Wasserkraft AG (DWK), an der die Rhein-Main-Donau AG zu 99,25 Prozent beteiligt ist, investiert hohe Beträge in Maßnahmen zur ökologischen Durchgängigkeit der Donau. Welches Projekt ist aktuell in Arbeit?

Dr. Schleich: Ende Oktober 2015 haben am Bahnstrom-Kraftwerk Bertoldsheim im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen die Arbeiten zum Bau einer kombinierten technisch-natürlichen Fischaufstiegsanlage begonnen. Diese Maßnahme erfordert Investitionen von rund 2,5 Millionen Euro. Geld, das gut angelegt ist, ist es uns doch ein zentrales Anliegen, Ökologie und Ökonomie bei der Nutzung der Wasserkraft in Einklang zu bringen. Mit dem Bau der Anlage in Bertoldsheim kommen wir diesem Ziel wieder ein Stück näher. Dankbar sind wir für den konstruktiven Dialog zwischen der Fischerei, der RMD als Eigentümer und der Uniper Kraftwerke als Betreiber der DWK-Anlagen, ohne den ein solches Projekt nicht zu stemmen wäre.

GZ: Wie ist die Anlage ausgelegt?

Dr. Schleich: Die Fischaufstiegsanlage am Donaukraftwerk Bertoldsheim umfasst eine Gesamtstrecke von 1.150 Meter, die am Nordufer der Donau um das Kraftwerk herumgeführt wird. Auf dieser Distanz werden in fünf unterschiedlich gestalteten Bauabschnitten insgesamt bis zu 7,20 Meter Höhenunterschied für Fische passierbar gemacht.

GZ: Wie wird das Problem gelöst, dass die Anlage trotz unterschiedlicher Stauhöhen am Stausee funktioniert und das Wasser aus der Donau nicht unkontrolliert abfließt?

Dr. Schleich: Die Verbindungsbauwerke zwischen Stauraum und Fischaufstiegsanlage werden so geplant und technisch mit Verschlüssen so ausgestattet, dass die Dotierung der Fischaufstiegsanlage mit Wasser entsprechend den Genehmigungsauflagen sichergestellt ist.

GZ: Welche Fischarten werden davon profitieren?

Dr. Schleich: Die Auslegungsgröße der Fischaufstiegsanlage orientiert sich am „Donau-Lachs“, dem Huchen. Grundsätzlich profitieren alle flussaufwärtswandernden Fischarten. Deswegen ist der Einstiegin das Umgehungsgewässer ca. 500 Meter unterhalb des Kraftwerks vorgesehen. Dieser wird durch ein rund 120 Meter langes Raugerinne mit 20 versetzten, naturnah gestalteten Becken mit einem bestehenden Entwässerungsgraben verbunden.

GZ: Wie gestalten sich die Ausstiegsvorkehrungen?

Dr. Schleich: Das Ausstiegsbauwerk liegt rund 150 Meter oberhalb des Kraftwerks und wird mit einem 210 Meter langen Raugerinne mit 39 versetzten Becken an den Entwässerungsgraben angebunden. Das aufwändige Ausstiegsbauwerk wird als wirkungsvoller „Vertical Slot“-Fischpass, das heißt als ein Schlitzpass aus 20 Schlitzwänden und 19 versetzt angeordneten Betonbecken errichtet, so dass die wandernden Fische den Höhenunterschied von bis zu 1,80 Meter (je nach Wasserstand im Stauraum) gefahrlos und bequem überwinden können. Trotz der unterschiedlichen Wasserstände in der Stauhaltung wird voll automatisch sichergestellt, dass die Fischaufstiegsanlage immer mit einer Wassermenge von durchschnittlich 500 Liter pro Sekunde versorgt wird. Diese Wassermenge ist notwendig, damit die Fische problemlos den Aufstieg durchwandern können.

GZ: Wie werden die Fische stromabwärts von den Turbinen ferngehalten?

Dr. Schleich: Je nach Größe der Fische bieten die Rechenanlagen vor den Turbinen Schutz, aber sicher muss noch intensiv Forschung und Entwicklung betrieben werden, um die Fischwanderung flussabwärts zu optimieren.

GZ: Gibt es verlässliche oder geschätzte Zahlen, wie viele Fische durch die Turbinen getötet werden?

Dr. Schleich: Die Schätzungen hängen davon ab, um welche Fische und Turbinentypen es sich handelt. Um den Fischbestand sicherzustellen, werden an den Wasserkraftwerken entsprechende Strukturmaßnahmen ergriffen. Der Aal ist aufgrund seiner länglichen Gestalt besonders gefährdet. Deshalb hat die RMD am Main ein umfangreiches Aalschutzmanagement eingeführt, das laufend optimiert wird, um den Tieren die Wanderung zu Ihren Laichgründen in der Sargassosee zu ermöglichen.

GZ: Werden die Fischereivereine für die Verluste entschädigt?

Dr. Schleich: Ja, sie erhalten eine angemessene Entschädigung.

GZ: Welche rechtlichen Vorgaben stehen hinter der Maßnahme?

Dr. Schleich: Dahinter stehen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie EU-WRRL und das Deutsche Wasserhaushaltsgesetz WHG, die bestimmen, dass z. B. der Eigentümer der Wasserkraftwerke die entsprechenden ökologischen Maßnahmen umzusetzen und zu finanzieren hat.

GZ: Erhält die Donau-Wasserkraft AG eine Vergütung durch das EEG?

Dr. Schleich: Nein.

GZ: Welche Stellen wurden in die Planungen miteinbezogen und wann wird das Bauwerk fertiggestellt sein?

Schleich: Beteiligt waren das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen, das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt, die Fischereifachberatung für Oberbayern sowie der Fischereiverein Neuburg und die Standortgemeinde Rennertshofen. Mit der Fertigstellung rechnen wir in der zweiten Jahreshälfte 2016.

GZ: Wie stellt sich die Situation an den anderen DWK-Kraftwerken zwischen Bertoldsheim und Vohburg dar?

Dr. Schleich: Durch eine hochmoderne Fischaufstiegsanlage ist das Bahnstromkraftwerk Ingolstadt seit 2015 durchgängig. Die davon östlich liegende Kraftwerksanlage Vohburg wurde schon beim Bau in den 1990er Jahren ökologisch so optimiert, dass hier die Fischdurchgängigkeit sichergestellt wurde. Für das Kraftwerk Bergheim westlich von Ingolstadt gilt dies seit Oktober 2011, während am Kraftwerk Bittenbrunn, das zwischen Bertoldsheim und Bergheim liegt, der Bau der Fischaufstiegsanlage im Zuge der Umsetzung der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen in den Jahren 2018 und 2019 erfolgen soll.

GZ: Wie lange ist der Abschnitt, der nun durchgängig ist?

Dr. Schleich: An unseren Kraftwerken an der Donau gehen Stromerzeugung aus Wasserkraft, Gewässerökologie und Fischschutz Hand in Hand, so dass wir derzeit schon eine fischdurchgängige Strecke von fast 130 Flusskilometern zwischen dem südöstlich von Regensburg gelegenen Kraftwerk Geisling und dem Kraftwerk Bittenbrunn bei Neuburg erreicht haben. Vom Kraftwerk Geisling flussabwärts bis zur österreichischen Grenze mit dem Stauraum des Kraftwerks Jochenstein kommen weitere 150 fischdurchgängige Flusskilometer hinzu. Und an der oberen Donau werden nach der Inbetriebnahme der Fischumgehung Bertoldsheim weitere knapp 22 Flusskilometer bis zum Kraftwerk Donauwörth hinzukommen.

GZ: Wie sehen die weiteren Planungen aus?

Dr. Schleich: Für die zehn Donaukraftwerke an der bayerischen Donau von Donauwörth bis Oberelchingen bei Ulm laufen Planungen für die Herstellung der Durchgängigkeit. Vorstudien mit Variantenprüfungen sind in Vorbereitung beziehungsweise in Planung. Die Umsetzungsreihenfolge wird sich aus dem Planungs- und Genehmigungsaufwand sowie der fischereiökologischen Priorisierung ergeben. Gleiches gilt an den Lechkraftwerken der RMD, sprich am Unteren Lech zwischen Ellgau und Feldheim.

Ziel ist es letztendlich, die vollständige Durchgängigkeit für aquatische Lebensformen an der bayerischen Donau und am Lech zu erreichen. Dazu bedarf es aber noch erheblicher finanzieller Mittel im zweistelligen Millionen-Eurobereich.

GZ: Herr Dr. Schleich, vielen Dank für das Interview.

DK

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