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(GZ-14-2019)
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► Wirtschaftsausschuss im Bayerischen Landtag:

 

Keine Stromflauten im Freistaat

 

Mehr Gaskraftwerke und der Ausbau Erneuerbarer Energien – das sind die wichtigsten Maßnahmen der bayerischen Energiepolitik. So soll der Strom nicht teuer und auch nicht knapp werden, wenn der Freistaat ab 2022 ohne Atomstrom auskommen muss. Um die Windkraft in Bayern voran zu bringen, setzt Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf die Zusammenarbeit mit den Kommunen. Die Opposition forderte im Wirtschaftsausschuss konkretere Ziel- und Zeitpläne vom Minister.

Weniger Stromleitungen, mehr Photovoltaik und ein eigenes Wasserstoffzentrum für Bayern: so sieht Energieminister Hubert Aiwanger die Marschroute zur künftigen Energiepolitik Bayerns. Die Stromversorgung in Bayern sehe er auch nach dem endgültigen Atomausstieg 2022 nicht in Gefahr, wie er im Wirtschaftsausschuss erklärte.

„Wir wissen es sehr zu schätzen, dass Hubert Aiwanger auf Bundesebene in kürzester Zeit einen Kompromiss zum Bau der umstrittenen Stromleitungen erzielen konnte. Das ist für Bayern ein großer Erfolg und entlastet besonders die Bürger in Nordbayern“, sagte Manfred Eibl, der wirtschaftspolitische Sprecher der Freie Wähler Landtagsfraktion. Auch die Sonnenenergie auf benachteiligten landwirtschaftlichen Flächen baue der Freistaat nun auf höherem Niveau aus.

„Und mit dem Photovoltaik-Stromspeicherprogramm werden Besitzer von Dachphotovoltaik sehr bald den Sonnenschein bis in die Nacht hinein verlängern können“, hob Eibl hervor.

Flaggschiff Sonnenenergie

„Die Photovoltaik als Flaggschiff der Erneuerbaren Energien“ spielt in Bayern aus Sicht der Staatsregierung eine zentrale Rolle, weshalb sie Anfang Juni 2019 eine neue Freiflächenverordnung erließ. Diese sieht vor, die bisherige Höchstgrenze bei Genehmigungen von maximal 30 Freiflächenanlagen pro Jahr auf Acker- und Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten Bayerns auf 70 genehmigungsfähige Anlagen pro Kalenderjahr zu erhöhen. Auch das „10.000 Häuser-Programm“ wird weiterentwickelt: Weitere 25 Millionen Euro seien für ein PV-Speicherprogramm zur Förderung von Batteriespeichern in Verbindung mit PV-Dachanlagen und Lade-
stationen für Elektrofahrzeuge vorgesehen.

Kommunen gefragt

Für weitgehend ausgeschöpft hält Aiwanger das Wasserkraftpotenzial in Bayern. Trotz neuer Techniken wie die so genannten Schachtkraftwerke werde es kaum mehr neue Anlagen geben. Man versuche aber, über die Vorgaben zur Restwassermenge in Flüssen unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte die Nutzung bestehender Anlagen zu optimieren. Bei der Windkraft hofft Aiwanger trotz Festhaltens an der 10H-Abstandsregelung auf den Bau zusätzlicher Anlagen. Man müsse gemeinsam mit den Kommunen darüber beraten, „wie wir die Windkraft in Bayern wieder gängig bringen“, sagte Aiwanger.

Dass gegenwärtig nur ein Windrad pro Jahr gebaut werde, sei zu wenig. „Da müssen ein oder zwei Nullen dran.“ Besser fördern will der Minister die Geothermie sowie die energetische Wasserstoffnutzung. Die Energieeffizienz soll vor allem im Rahmen der Gebäudesanierung vorangebracht werden.

Kabeltechnologie für Südostlink

In der Frage der bei betroffenen Bürgern umstrittenen neuen Stromtrassen zum Transport von Windstrom aus dem Norden nach Bayern habe die Staatsregierung in Verhandlungen mit dem Bund wesentliche Verbesserungen erzielt, berichtete Aiwanger.

Nach den Absprachen, die noch von der Bundesnetzagentur genehmigt werden müssen, brauche die durch Oberfranken geplante überirdische Entlastungsleitung P44 nicht gebaut werden. Die nach Unterfranken führende P43 solle nun unter der Erde verlaufen und beim besonders umstrittenen „Südostlink“ durch Ostbayern nach Landshut
die innovative 525-kV-Kabeltechnologie zum Einsatz kommen. Dies sorge für mehr Kapazität ohne zusätzlichen Flächenverbrauch, machte Aiwanger deutlich.

„Feuerwehren“ für Stromlücken

Aiwanger verwies zudem auf Verhandlungen für die Verwirklichung eines Pumpspeicherkraftwerks in Riedl (Landkreis Passau). Als wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit nannte er Vereinbarungen mit dem Bund. So soll es künftig zum Beispiel einen „Kapazitätsbonus“ für die süddeutschen Länder geben. Damit werde der Bedarf an Reservegaskraftwerken festgestellt, die im Fall einer Flaute bei den erneuerbaren Energien oder zur Abdeckung von Spitzenlasten zugeschaltet werden könnten.

Diese stehen quasi „als Feuerwehren bereit“, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst. Aus Gründen der Grundlastsicherheit – denn schon ein Ausfall im Millisekundenbereich kann dazu führen, dass Industrieanlagen heruntergefahren werden müssen – gebe es seitens der Wirtschaft in Bayern eine große Nachfrage nach Gaskraftwerken. Zudem sei die Förderung des Baus von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung bis 2030 verlängert worden. Noch offen sei dagegen die künftige Förderung von Biogasanlagen, die gerade in Bayern eine besondere Bedeutung hätten.

Der Windkraft mehr Schwung geben

Martin Stümpfig (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, es gebe kein zusammenhängendes Konzept in der Energiepolitik. Ihm fehlten angesichts einer zu erwartenden Stromlücke von 40 Terawattstunden pro Jahr genaue Ziel- und Zeitpläne. Er forderte deutlich mehr Schubkraft beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und will insbesondere der Windkraft in Bayern „mehr Schwung geben“.

Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit als oberste Priorität

Annette Karl (SPD) mahnte, der Strompreis dürfte nicht ins Unermessliche steigen. Zu einer „Verneunfachung des Strompreises“ komme es, wenn Wasserstoff als Energiespeicher genutzt werde – darauf wies Gerd Mannes (AfD) hin. Albert Duin (FDP) warnte vor einer „Vertreibung der Industrie aus Deutschland“, falls der Strompreis noch teurer werde. Nach Einschätzung von Klaus Holetschek (CSU) lässt das Konzept der Staatsregierung bereits klar erkennen, wie es in der Energiepolitik Bayerns weitergehe. Es fehle lediglich noch ein genauer Zeitplan. Oberste Priorität müssten Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit haben, um einer Deindustrialisierung Bayerns vorzubeugen.

Anja Schuchardt 

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