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(GZ-14-2019)
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► Bundeskabinett:

 

Plan für gleichwertige Lebensverhältnisse

Reaktionen von Deutschem Städtetag und Deutschem Landkreistag

 

Ein Plan für Deutschland: Um in allen Regionen gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen, hat das Bundeskabinett ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen. Bundesinnenminister Seehofer, Bundesfamilienministerin Giffey und Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner stellten in Berlin ihre Schlussfolgerungen zur Arbeit der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ vor.

Strukturschwachen Regionen soll künftig gezielter geholfen werden. Es gelte, sich auf die Regionen zu konzentrieren, die unter Abwanderung und Überalterung zu leiden hätten, denn das Problem der ungleichen Lebensverhältnisse sei keines nur zwischen Ost und West, betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer. Die Arbeit der Kommission sei die Basis für entscheidende Weichenstellungen in Deutschland.

12-Punkte-Plan

Dazu hat das Kabinett folgende zwölf Punkte beschlossen:

1. Mit einem neuen gesamtdeutschen Fördersystem strukturschwache Regionen gezielt fördern,
2. Arbeitsplätze in strukturschwache Regionen bringen,
3. Breitband und Mobilfunk flächendeckend ausbauen, 4.Mobilität und Verkehrsinfrastruktur in der Fläche verbessern,
5.Dörfer und ländliche Räume stärken,
6. Städtebauförderung und sozialen Wohnungsbau voranbringen,
7. Eine faire Lösung für kommunale Altschulden finden,
8. Engagement und Ehrenamt stärken,
9. Qualität und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung sichern,
10. Barrierefreiheit in der Fläche verwirklichen,
11. Miteinander der Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen fördern,
12. Gleichwertige Lebensverhältnisse als Richtschnur setzen.

Aus Sicht von Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages, „wird das Konzept der Bundesregierung für gleichwertige Lebensverhältnisse sicher keine Wunder bewirken. Was jetzt auf dem Tisch liegt, kann aber strukturschwachen Kommunen helfen.“

Gesamtdeutsches Fördersystem

Dass ein gesamtdeutsches Fördersystem für Ost und West, Nord und Süd, für Städte und ländliche Regionen kommen soll, sei richtig. „Hierfür werden Bundesprogramme zusammengefasst und die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur weiterentwickelt. Durch die Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur sollen sich Unternehmen leichter ansiedeln und die Wettbewerbsfähigkeit strukturschwacher Regionen gestärkt werden. So sollen beispielsweise der Tourismus gefördert, in innovative Gewerbehöfe und interkommunale Gewerbegebiete investiert sowie Industriebrachen revitalisiert und die Forschung unterstützt werden. Allerdings wird bisher keinerlei Aussage getroffen, was der Bund hier finanziell zusätzlich leisten will. Das Fördersystem wird nur dann neue Wirkung entfalten, wenn die Gelder dafür deutlich aufgestockt werden. Nötig ist das besonders für die wirtschaftsnahe kommunale Infrastruktur.“

Problem der Altschulden

Ein Hoffnungsschimmer zeichne sich beim Thema kommunale Altschulden ab. Das Problem der Altschulden sei für die betroffenen Städte sehr gravierend, weil es ihren Handlungsspielraum für die Bürgerinnen und Bürger enorm einschränkt. Die kommunalen Kassenkredite belaufen sich auf 48 Milliarden Euro. Deshalb sei es gut, wenn sich der Bund prinzipiell bereit erklärt, an einer Lösung dieses Problems finanziell mitzuwirken.

Allerdings lässt das Papier der Regierung mehrere Fragen offen, hob Jung hervor: „Der Bund knüpft mögliche Hilfe bei Zins- und Tilgungslasten der Kommunen an Bedingungen, vor allem an einen nationalen Konsens. Ob und wie ein solcher Konsens erreicht werden kann, muss daher intensiv besprochen werden. Dabei wird der Bund seine Überlegungen konkretisieren müssen: Denn welcher Beitrag in einem solchen nationalen Konsens auf Bund, Länder und Kommunen entfallen sollte und wie Art und Umfang der Bundeshilfen aussehen könnten, ist bisher nicht erkennbar. ein solcher Konsens erreicht werden kann, muss daher intensiv besprochen werden.“

Die Ursachen hoher kommunaler Kassenkredite müssten in der Tat angegangen werden. Dazu zähle auch die hohe Belastung der Kommunen mit Sozialausgaben. „Der Deutsche Städtetag ist sich daher mit allen Ländern einig, dass der Bund wirksam helfen kann, wenn er sich stärker an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose beteiligt. Diesen Vorschlag werden wir unabhängig von möglicher Hilfe des Bundes bei Zins- und Tilgungslasten der Kommunen in die Gespräche einbringen.“

„Das, was hier und heute auf dem Tisch liegt, ist leider nicht der große Wurf. Es handelt sich überwiegend um Programmsätze und Appelle“, hob .Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistags, hervor. Eine finanzielle Unterlegung, konkrete Zeitschienen und Umsetzungsschritte würden so gut wie nicht aufgezeigt. Dies sei zu wenig, gerade angesichts der Handlungsnotwendigkeiten, die der Bericht vollkommen zutreffend aufbereitet. In den nächsten Wochen und Monaten komme es daher umso mehr darauf an, eine Konkretisierung der Handlungsempfehlungen zu erreichen. Nötig sei ein Ruck für die ländlichen Räume. Hier sei die Bundesregierung massiv gefordert.

Folgende Punkte sind dem DLT besonders wichtig:

1. Wir brauchen eine belastbare Zusage des Bundes, dass wir den flächendeckenden Ausbau von Glasfaser und Mobilfunk bis spätestens 2025 umsetzen. Schon im Koalitionsvertrag waren dazu 12 Mrd. Euro veranschlagt. Diese Summe ist ein erster richtiger Schritt, der allerdings der Umsetzung bedarf.

2. Die Förderung von lebendigen Ortskernen sowie von kleinen Betrieben durch den Bund ist aufgrund des gravierenden Strukturwandels in der Landwirtschaft anders als bisher zu ermöglichen. Dazu sind die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen im Hinblick auf eine inhaltliche Erweiterung der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruk-
tur und Küstenschutz“ zu schaffen.

3. Landkreise, Städte und Gemeinden müssen wieder überall eigenständig finanziell handlungsfähig sein, um den Menschen in den ländlichen Räumen die Leistungen und Infrastrukturen bereitzustellen, die notwendig sind. Dies ist Bedingung dafür, dass die Menschen tatsächlich dort leben können, wo sie leben wollen. Der Königsweg besteht darin, den Kommunen mehr Mittel über die Umsatzsteuer – und zwar nach der Zahl der Einwohner statt wie bisher der Wirtschaftskraft – zukommen zu lassen.

4. Die Länder müssen dauerhaft garantieren, dass eine neue Verschuldung über Kassenkredite unterbleibt und damit die finanzielle Mindestausstattung jeder einzelnen Kommune durch alle Länder erfolgt. Der Bund betrachtet dies zu Recht als unverzichtbare Voraussetzung für eine zu prüfende einmalige Hilfestellung bei den durch die Länder und Kommunen abzutragenden Altschulden.

5. Schließlich erwarten wir jetzt eine verlässliche Aussage des Bundes zur Umsetzung der Neuansiedlung und Ausgründung von (Bundes-)Behörden und Forschungseinrichtungen. Hierzu gehört es klar zu benennen, wie viele Arbeitsplätze bis wann in welche Gebiete verlagert oder künftig aufgebaut werden sollen und welche Effekte damit für die Menschen vor Ort, die Unternehmensstruktur und die Kommunen erzielt werden können.

„Wir erwarten im weiteren Verlauf entscheidende Fortschritte, die den Menschen in der Fläche absehbar echte Mehrwerte bringen“, so der DLT-Präsident. Dazu zählten auch die entsprechenden finanziellen Mittel – beispielsweise für den Glasfaserausbau, die flächendeckende Mobilfunkversorgung oder Förderimpulse für die Wirtschaft. „Anderenfalls kostet das Abhängen ganzer Landstriche weit mehr als nur Geld.“

DK

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