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(GZ-12-2019)
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► EU-Datenschutzgrundverordnung:

 

Keine Panik vor der DSGVO

 

Seit einem Jahr gilt die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und die anfängliche Verunsicherung hat sich gelegt. Doch trotz positiver Bilanz, gibt es noch Schwachstellen. Beispielsweise gehen Kommunen zu sorglos mit der Video-Überwachung um.

Im Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht klingelten die Telefone vor einem Jahr unentwegt. „Wir hatten da teilweise panikartige Anfragen“, sagte Bayerns Datenschutzbeauftragter Thomas Petri. Unter anderem sei vermutet worden, dass die Weitergabe von Visitenkarten gegen Datenschutzregeln verstoße. Grund dafür war die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die Ende Mai 2018 in Kraft trat.

Anlaufschwierigkeiten sind überwunden

Mit der Reform des europäischen Datenschutzes hat heute jeder das Recht zu erfahren, welche Daten Unternehmen über ihn gespeichert haben. Das umfassende Regelwerk sorgte aber auch für Verwirrung und Verunsicherung. Die Anlaufschwierigkeiten hält Petri inzwischen für überwunden, denn viele damals geäußerte Befürchtungen hätten sich in Luft aufgelöst. Eine positive Bilanz zog auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber (SPD). „Mit der DSGVO gilt erstmals ein in der gesamten EU unmittelbar anwendbares Datenschutzrecht“, sagte er bei der Vorstellung des Jahresberichtes seiner Behörde.

Post verliert Datensticks

Auch Bayerns Behörden hätten die DSGVO „inzwischen im Griff“. Die Meldepflichten bei Datenschutzverletzungen würden so gewissenhaft befolgt, dass er einen Überblick über Arbeitsabläufe und Fehlerquellen bekommen habe, erklärte Petri. Probleme gebe es vor allem beim elektronischen Versand sensibler Unterlagen. Petri nannte Fehladressierungen und den Verzicht auf eine Verschlüsselung. Betroffen sei zum Beispiel die Übermittlung von Gesundheitsdaten. Aber auch beim traditionellen Postversand müsse mehr auf den Datenschutz geachtet werden. Immer wieder erhalte er Meldungen, dass USB-Datensticks aus Briefumschlägen verschwänden, weil diese von den Sortiermaschinen aufgerissen würden. Eine einfache Lösung: wattierte Umschläge verwenden.

Kommunen zu sorglos

Auf Anfrage des SPD-Abgeordneten Florian Ritter bestätigte Petri einen datenschutzrechtlich oft zu sorglosen Umgang mit der Video-Überwachung durch Kommunen. Oft würden zu viele und falsch justierte Kameras aufgestellt, manche würden einfach unbeobachtet laufen gelassen. Damit könne man jedoch nicht zur Prävention von Straftaten beitragen. Die Video-Überwachung öffentlicher Räume sei nur zulässig, wenn sie mit einem funktionellen Sicherheitskonzept hinterlegt sei. Toni Schuberl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bestätigte Petri, dass die im Datenschutzgesetz verbrieften Auskunftsrechte der Bürger nicht mit Informationsfreiheit gleichzusetzen seien. Die Auskunftserteilung durch Behörden bedürfe eines berechtigten Interesses des Fragenden, während Informationsfreiheit bedeute, dass Unterlagen jederzeit und für jeden einsehbar seien.

Bürger bleiben skeptisch

Dass die Skepsis in der deutschen Bevölkerung immer noch vorhanden ist, zeigen Daten des Meinungsforschungsinstituts „YouGov“ vom Februar dieses Jahres. Über die Hälfte der Befragten war demnach der Meinung, dass die DSGVO keinen Einfluss auf die Sicherheit ihrer Daten im Internet habe. Nur 13 Prozent waren der Auffassung, dass die neuen Richtlinien die Sicherheit der eigenen Daten im Internet verbessert habe.

Bußgelder

Die Datenschutzbeauftragten der Länder haben seit Ende Mai vergangenen Jahres in 81 Fällen Bußgelder wegen Verstöße gegen die DSGVO verhängt. Die Bußgelder addierten sich bislang auf 485.490 Euro, woraus sich eine Durchschnittshöhe von knapp 6.000 Euro ergibt. Laut Bericht meldete Bayern keine Bußgeldverstöße, Spitzenreiter Baden-Württemberg habe ein Bußgeld in Höhe von 80.000 Euro verhängt, nachdem Gesundheitsdaten im Internet landeten.

Abschaffung der „Mitzieh-Klausel“

Das neue umstrittene Polizeiaufgabengesetz in Bayern hat zu keiner signifikanten Steigerung von Beschwerden geführt. Petri führte stattdessen auf, dass Polizeidienststellen noch immer zu häufig Daten von Verdächtigen speicherten, gegen die der Tatverdacht längst ausgeräumt und das Verfahren eingestellt sei. Ungelöst ist dagegen das Problem der „Mitzieh-Klausel“. Sie besagt, dass bei der Speicherung eines neuen Eintrags in den Polizeiakten, der Bestand alter Vermerke verlängert wird, allerdings ungeachtet der für sie geltenden Speicherfrist. So kann eine „Jugendsünde“ bis ins Erwachsenenalter im Polizeicomputer und im Führungszeugnis haften bleiben.

Zum Beispiel wird jemand, der als Jugendlicher wegen des Besitzes von 0,1 Gramm Cannabis aktenkundig geworden ist, noch Jahre später als Drogenkonsument geführt. Die Klausel ist ursprünglich für Serientäter eingeführt worden. Für Bürger, die sich einmal einen Fehltritt geleistet hätten, sollte sie nach Petris Ansicht aufgehoben werden.

Anja Schuchardt

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