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(GZ-6-2016)
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► Jahresbericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs:
 
Bewährungsprobe für den Staatshaushalt
 

Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat in seinem diesjährigen Jahresbericht darauf hingewiesen, dass der anhaltende Zustrom von Asylbewerbern und Flüchtlingen im Staatshaushalt bereits tiefe Spuren hinterlässt. Bald schon werde sich zeigen, ob die Haushaltspolitik diese Bewährungsprobe besteht, machte ORH-Präsident Dr. Heinz Fischer-Heidlberger in München deutlich. In jedem Fall müsse die Staatsregierung klare Prioritäten setzen – ohne Einsparungen in anderen Bereichen werde es nicht gehen.

Wie in den vergangenen Jahren bestätigt der ORH der Staatsregierung auch für das Haushaltsjahr 2014 eine insgesamt geordnete Haushalts- und Wirtschaftsführung. Aus seiner laufenden Prüfungstätigkeit greift er aber dennoch im Jahresbericht 2016 wieder eine Reihe von Fällen auf, in denen der Staat mit dem Geld der Steuerzahler sorgsamer, wirtschaftlicher und sparsamer hätte umgehen sollen.

Defizite in der Steuerverwaltung

So beleuchten einige Beiträge schlaglichtartig diverse Defizite in der bayerischen Steuerverwaltung. Entweder fordern die bayerischen Finanzämter zum Ärger der Bürger rückwirkend Steuererklärungen für Renteneinkünfte ein oder sie sind andererseits zu nachlässig bei der Nachprüfung von Steuerverweigerern, die geschätzt werden müssen, moniert der ORH. Die Steuerfahnder fahndeten nur bei einem Bruchteil entsprechender Meldungen von Betriebsprüfern nach nicht gezahlten Steuern.

Auch Ärzte würden bei der Umsatzsteuer von den Finanzämtern nicht ausreichend geprüft. Dies betreffe vor allem die vielen Zusatzleistungen von Medizinern - von Schönheitsoperationen über Zahnbleichung oder Dentalschmuck. Auch werden die zu großen Arbeitsrückstände beim Finanzamt München, dem größten seiner Art in Deutschland, gerügt.

Diesmal beschäftigt sich der ORH auch speziell mit den staatlichen Zuwendungsprogrammen. Er kritisiert dabei die fehlende Transparenz. Die Anzahl der Förderprogramme und deren Dotierung seien weder aus dem Haushaltsplan noch aus den Berichten der Staatsregierung über Finanzhilfen des Freistaats unmittelbar ersichtlich. Vor allem bemängeln die obersten Kassenprüfer aber, dass bei drei Viertel aller Zuwendungsprogramme nicht kontrolliert wird, ob der mit der Zuwendung angestrebte Erfolg überhaupt eingetreten ist. In den Fällen, in denen eine Erfolgskontrolle stattfand, war diese mangels verbindlicher Anforderungen sehr uneinheitlich.

Alterssicherungsfonds

Nach den Zuweisungen und Zuschüssen sind die Personalkosten der zweitgrößte Ausgabenblock des Staatshaushalts. Der Jahresbericht enthält dazu Beiträge, bei denen es um die Abrechnung von Bezügen, die Personalbewirtschaftung, die Vorsorge für Pensionslasten und den zweckwidrigen Einsatz von Personal geht.

So hat der ORH bei den teilprivatisierten Bayerischen Staatsfors-ten in Regensburg eine Unterdeckung beim Alterssicherungsfonds für fast 800 Forstbeamte entdeckt, was bei den jährlichen Millionengewinnen aus dem Holzverkauf nicht notwendig sei. Zudem sind bei den Staatsgemäldesammlungen durch eine fehlerhafte tarifliche Eingruppierung Fehlzahlungen in Millionenhöhe entstanden. Bei 200 vom ORH geprüften Personalfällen gab es 277 Beanstandungen. Auch bietet die Forstverwaltung flächendeckend Motorsägekurse an. „Dies ist keine staatliche Aufgabe. Das Angebot sollte eingestellt und das Personal für seine ursprünglich vorgesehenen Aufgaben eingesetzt werden“, urteilen die Rechnungshofprüfer.

Versäumnisse bei Hochbaumaßnahmen

Darüber hinaus lasse das Nachtragsmanagement bei staatlichen Hochbaumaßnahmen zu wünschen übrig. Über die Hälfte der Nachtragssummen seien aufgrund einer mangelhaften Grundlagenermittlung oder einer mangelhaften Planung notwendig geworden. Fast ein Drittel der Nachtragssummen wurde erst beauftragt, nachdem mit der Ausführung bereits begonnen worden war. In den wenigsten Fällen waren die Preise nachvollziehbar geprüft (oder verhandelt) worden.

Die Bauämter, so der ORH, müssten mit ausreichend und entsprechend qualifiziertem Personal und einer effektiven IT ausgestattet werden. Bei einer optimierten Bearbeitung der Nachträge seien Einsparungen von jährlich über 16 Mio. Euro möglich.

Ferner werden unzureichende Planungen und Nachträge beim S-Bahn-Ergänzungsnetz Nürnberg moniert, die zu erheblichen Mehrkosten geführt hätten. Die Mehrkosten trage im Wesentlichen die öffentliche Hand, die das Verkehrsprojekt fördert. Laut ORH muss der Freistaat Bayern sicherstellen, dass die Planungen der DB hinreichend konkret sind und die Bauvorhaben wirtschaftlich umgesetzt werden. Dies sei insbesondere bei der Vertragsgestaltung mit der DB zu berücksichtigen.

Auch beim Koordinierungs- und Verwaltungsaufwand für Ganztagsangebote an Schulen sehen die Rechnungshofprüfer Verbesserungsmöglichkeiten. So sollte das Kultusministerium klarer regeln, wie die Schulen auf sich verändernde Gruppenstärken reagieren sollen. Der ORH hatte festgestellt, dass mehr offene Ganztags- oder Mittagsbetreuungsgruppen eingerichtet waren, als nach der Zahl der tatsächlich teilnehmenden Schüler zulässig gewesen wären. Das lag z. B. an einer hohen Fluktuation der Schüler oder schlicht daran, dass die tatsächliche Anwesenheitszeit der Schüler nicht den Mindestbetreuungszeiten entsprach. Darüber hinaus sollte die Anwesenheit der Schüler auch besser dokumentiert werden.

Ferner sollte das Kultusministerium klar festlegen, wer gegenüber der Regierung für die abgerechneten Schülerzahlen die Verantwortung trägt. Weniger aufwendig wäre es auch, würde sich das Kultusministerium um einen bayernweit einheitlicheren Vollzug der Regelungen zu den Ganztagsangeboten kümmern. Insbesondere sollte es festlegen, unter welchen Voraussetzungen das Budget gekürzt werden muss.

Mängel in der Haushalts- und Wirtschaftsführung wurden beim Staatstheater am Gärtnerplatz diagnostiziert. Laut ORH muss das Kunstministerium dort seine Aufgabe zur Steuerung, Planung und Bewirtschaftung der Haushaltsmittel besser wahrnehmen.

Von 2010 bis 2014 stiegen die Mittel, die das Gärtnerplatztheater ausgeben konnte, um fast 17 %. Gleichzeitig entstanden Jahr für Jahr hohe Ausgabereste - 2014 in Höhe von 5 Mio. Euro. Trotzdem hat das Kunstministerium dem Gärtnerplatztheater sogar noch zusätzlich sog. Verstärkungsmittel für Gastspielreisen bewilligt.

Gärtnerplatztheater: Mängel bei der Haushaltsführung

Der ORH kann das nicht nachvollziehen. Aus seiner Sicht hätte das Kunstministerium die Haushaltsansätze anpassen, d.h. absenken müssen. Die Ausgabereste hätten nicht einfach in das Budget fließen dürfen, sondern entweder für konkrete Projekte verplant oder eingezogen werden müssen. „Eine gute Steuerung der Mittelbewirtschaftung sieht anders aus; so sind Haushaltsmittel in Millionenhöhe grundlos gebunden worden.“

Inzwischen haben das Kunst- und das Finanzministerium reagiert und die Haushaltsansätze angepasst. 2015 und 2016 sollen nun die Ausgabereste zur Bedarfsdeckung verwendet werden. Der ORH fordert künftig sicherzustellen, dass die Planung der Haushaltsmittel auf realistischer Basis erfolgt und die Haushaltsvorschriften eingehalten werden.

„Der Flüchtlingszustrom ist zurzeit die größte Hypothek für den bayerischen Haushalt. Der Freistaat schultert die Mehrkosten von über drei Milliarden Euro in diesem Jahr als einziges Land aus eigener Kraft ohne neue Schulden. Die finanzielle Beteiligung des Bundes liegt bei gerade mal 17 % in 2016. Das kann so nicht weitergehen. Die Flüchtlingszahlen müssen runter, und die Kosten für Asyl auch“, forderte Bayerns Finanzminister Dr. Markus Söder anlässlich der Vorstellung des ORH-Jahresberichts.

Wie Söder weiter ausführte, „hat uns der Bayerische Oberste Rechnungshof wieder eine geordnete Haushalts- und Wirtschaftsführung bestätigt. Seine Mahnungen und Anregungen werden von uns aufgegriffen. Er ist unser Partner beim ausgeglichenen Haushalt und unterstützt uns beim Schuldenabbau. Bayern ist und bleibt das Land mit den solidesten Staatsfinanzen.“ Bayern habe eine beachtliche Investitionsquote von 10,6 Prozent, eine Zinsausgabenquote von nur 1,8 % und die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung im bundesweiten Vergleich.

Der ORH erkenne die Fortschritte beim Schuldenabbau an, unterstrich der Minister und ergänzte: „In den Jahren 2012 bis 2015 wurden im Allgemeinen Haushalt bereits rund 3 Milliarden Euro Altschulden getilgt. Im Nachtragshaushalt 2016 ist erstmals eine Tilgung im Stabilisierungsfonds BayernLB vorgesehen. Damit kommt der Freistaat auch einer Forderung des ORH nach. Angesichts der enormen Haushaltsbelastungen durch den Flüchtlingsstrom wird die Herausforderung der kommenden Haushaltsjahre in erster Linie darin bestehen, den Haushalt ohne Neuverschuldung weiter sicherzustellen.“

Mehr Finanzbeamte

Was die Personalsituation an den bayerischen Finanzämtern betrifft, ist diese nach Söders Worten in den vergangenen Jahren deutlich verbessert worden. Seit 2011 wurden für die Steuerverwaltung rund 1.500 zusätzliche Stellen geschaffen. Aktuell befindet sich die Rekordzahl von über 2.100 Anwärtern in Ausbildung. Damit könne nicht nur jeder ausscheidende Steuerbeamte ersetzt werden, vielmehr werde die Personalbesetzung insgesamt erhöht. Auch der Bereich der Prüfungsdienste sei in Bayern hervorragend aufgestellt. Allein im Bereich der Verfolgung von Steuerstraftaten sind in Bayern insgesamt 622 Beamte tätig.

DK

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