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(GZ-6-2019)
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► Zukunftsforum „Globalisierung gerecht gestalten“ in Berlin:

 

Für faire Lieferketten

 

„Wir dürfen nicht weiter zulassen, dass unser Wohlstand mit der Armut der anderen erkauft ist. Weltweit arbeiten etwa 450 Millionen Menschen in globalen Wertschöpfungsketten. Ihre Rechte dürfen im Kampf um Profite und billige Rohstoffe nicht auf der Strecke bleiben“, unterstrich Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller beim 5. Zukunftsforum „Globalisierung gerecht gestalten“ in Berlin. „Menschenwürdige Arbeit weltweit durchsetzen – das ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts“, hob Müller hervor.

Bundesminister Dr. Gerd Müller. Bild: Michael Gottschalk/Photothek.net
Bundesminister Dr. Gerd Müller. Bild: Michael Gottschalk/Photothek.net

Wie der Minister erläuterte, „werden viele unserer täglichen Produkte in Entwicklungsländern unter ausbeuterischen Bedingungen hergestellt: In unseren Handys und Autos steckt Kobalt und Coltan. Zwangsarbeit und Umweltzerstörungen sind in den vielen illegalen Minen im Kongo an der Tagesordnung. Für unsere T-Shirts werden in Textilfabriken oft Hungerlöhne von 15 Cent pro Stunde bezahlt. In unserer Schokolade oder der Tasse Kaffee steckt noch immer Kinderarbeit. Leider keine Ausnahme: Über 70 Millionen Kinder arbeiten unter ausbeuterischen, gefährlichen Bedingungen.“

Standards zum Kinderschutz

Politik, Unternehmen und Konsumenten müssten ihren Beitrag für weltweit gültige Sozial- und Umweltstandards leisten, so Müller. Die internationale Gemeinschaft sei hier schon weit gekommen: Die UN-Kinderrechtskonvention gebiete ein Recht des Kindes auf Schutz vor Ausbeutung und die ILO Kernarbeitsnormen definierten auch Standards zum Schutz der Kinder – 182 Staaten hätten diese bereits ratifiziert.

In der Agenda 2030 haben sich Müller zufolge die UN-Mitgliedstaaten 2015 zur Abschaffung von Kinder- und Zwangsarbeit verpflichtet: „Fast alle Produktionsländer haben diesen Standards zugestimmt. Sie müssen sie jetzt umsetzen. Das heißt: Menschenrechte schützen, Gewerkschaften zulassen, Arbeitsbedingungen kontrollieren. Wir unterstützen die Regierungen hierbei nach Kräften, solche Strukturen aufzubauen, indem wir zum Beispiel Mindestlöhne verankern und Inspektoren ausbilden.“

Unternehmen müssten sicherstellen, dass in Lieferketten Menschenrechte eingehalten werden, betonte Müller. Viele gingen bereits freiwillig voran, beim Thema „Textil“ engagiere sich die Hälfte der Branche. Die andere Hälfte entziehe sich freilich mit dem Argument, die Bedingungen in den Produktionsstätten nicht kontrollieren zu können. „Das lasse ich nicht mehr gelten. Selbst kleine Start-ups schaffen das – gerade im Zeitalter der Digitalisierung“, machte der Minister deutlich.

Menschenrechte einhalten

Er wies darauf hin, dass spätestens seit 2011 die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte gelten. Mit dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte würden diese klaren Mindestanforderungen für alle Unternehmen in Deutschland umgesetzt. Unternehmen müssten zeigen, wie sie ihren Sorgfaltspflichten in der gesamten Lieferkette nachkommen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit überprüfe dies derzeit.

Vereinbarungen im Koalitionsvertrag

Müller: „Wir sind uns in der Bundesregierung einig, dass der Schutz der Menschenrechte in den Lieferketten gewährleistet werden muss. Wenn wir Ende des Jahres zum Ergebnis kommen, dass die freiwilligen Ansätze nicht ausreichen, werden wir die großen Unternehmen gesetzlich in die Pflicht nehmen. Am besten auf europäischer Ebene – wenn erforderlich, aber auch national. So haben wir es im Koalitionsvertrag festgelegt.“

Benötigt würden künftig sowohl Mindeststandards für alle als auch freiwillige Vorreiter-Initiativen, die darüber hinausgehen. Freiwillige Bündnisse von Wirtschaft, Handel, Gewerkschaft und NGOs zeigten bereits jetzt, dass Verbesserungen möglich sind. Als Beispiel führte Müller das Forum Nachhaltiger Kakao und das Bündnis für nachhaltige Textilien an: Im vergangenen Jahr wurden so 160 giftige Chemikalien aus dem Produktionsprozess verbannt. Jetzt setzt sich das Bündnis für existenzsichernde Löhne ein.

Fairer Einkauf

„Durch fairen Einkauf kann jeder von uns sofort helfen, Kinder und Arbeiter in Produktionsländern zu schützen“, hob der Minister hervor. „Deswegen wünsche ich mir, dass noch mehr Kunden fragen: Wurden meine Lebensmittel, wurde meine Kleidung fair produziert? Wer zum Beispiel faire Bananen für 1,20 statt für 89 Cent das Kilo kauft, verhindert Kinderarbeit. Wer fairen Kaffee kauft, der sorgt dafür, dass 2,50 Euro beim Bauern ankommen. Bei herkömmlichem Kaffee sind es gerade 50 Cent. Zu Ostern werden wieder 100 Millionen Schoko-Osterhasen verkauft. Bei einem herkömmlichen Hasen kommen lediglich wenige Cent vor Ort an. Wer künftig ein T-Shirt kauft, der kann bald auf den Grünen Knopf achten. Kinderarbeit und Dumpinglöhnen ist so ein Riegel vorgeschoben. Auch bei Sportartikeln kann man zu fairen Produkten greifen.“

Wie Bundesminister Heil erklärte, „können wir nur mit vereinten Kräften die Welt sozialer machen und dafür sorgen, dass Kinderarbeit, Menschenhandel und Zwangsarbeit eingedämmt werden. Auch Unternehmen haben eine Verantwortung und diese müssen sie auch wahrnehmen, egal wo sie produzieren lassen. Es geht darum, die Rahmenbedingungen für globales Wirtschaften klar zu definieren. Ich setze mich dabei vor allem für eine einheitliche Regelung in Europa ein. Wir dürfen nicht zulassen, dass in Europa ein Flickenteppich aus unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen entsteht.

Deshalb steht das Thema bei mir ganz oben auf der Agenda für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020.“ Im Anschluss diskutierten Müller und Heil mit Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt, und Patrick Zahn, Vorsitzender der Geschäftsführung KiK Textilien, über unternehmerische Verantwortung in globalen Lieferketten. Eine Rede der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Bärbel Kofler, bildete den Abschluss des Forums.

DK

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