Kommunalverbändezurück

(GZ-10-2017)
gz bayerischer staedtetag
► Bayerischer Städtetag:
 
Plädoyer für stabile Strukturen
 

Für Befremden hat beim Bayerischen Städtetag ein Schreiben von Sozialministerin Emilia Müller gesorgt, in dem die Kommunen aufgefordert werden, für eine zeitnahe Bereitstellung von Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge zu sorgen. Wie der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, bei einer Pressekonferenz in München erklärte, „entbehrt dies jeder Grundlage, denn laut Verfassung müssen Staat und Kommunen zusammen wirken“.

Die meisten Kommunen leisteten ihren Beitrag, um anerkannte Asylbewerber in die Gemeinschaft zu integrieren und Wohnraum zu sichern. Statt pauschal die Mehrzahl der Städte und Gemeinden, die hier Vorbildliches leisten, zu kritisieren, sollte sichergestellt werden, dass eine gleichmäßige Verteilung der geflüchteten Menschen erfolgt, um Überlastungen einzelner Kommunen zu vermeiden, unterstrich der Städtetagschef.

Kommunen tun alles, was in ihrer Kraft steht

Bislang hätten Freistaat und Kommunen Hand in Hand große Herausforderungen bei der Unterbringung von Schutzsuchenden meistern können. Der Versuch staatlicher Stellen, die Wohnraumversorgung allein auf die Kommunen abzuwälzen, ist Maly zufolge nicht sachgerecht: „Es darf nicht sein, dass anerkannte Asylbewerber zum Auszug aus Asylunterkünften gedrängt werden, ohne dass eine Wohnung vorhanden ist. Letztlich würde der Staat anerkannte Schutzsuchende aus der gesicherten Obhut in die Ungewissheit entlassen und vor die Türen der Rathäuser schieben.“

Die Unterbringung dürfe nicht allein auf die Kommunen abgewälzt werden, fuhr der Verbandsvorsitzende fort. Bei anerkannten Asylbewerbern und ihren nachziehenden Familienangehörigen lägen weder die Konstellationen noch die Voraussetzungen der klassischen Obdachlosigkeit vor. Städte und Gemeinden täten alles, was in ihrer Kraft steht, um anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber in Wohnungen unterzubringen. Doch die Planung und der Bau von bezahlbaren Wohnungen für einheimische und zugezogene Menschen benötigten Zeit.

Gemeinsamer Masterplan

Maly: „Bei der Bereitstellung von Wohnraum müssen alle mitwirken. Ohne die kommunalen Leistungen hätten Bund und Land die Herausforderungen der vergangenen Jahre nicht bewältigt. Nötig ist ein gemeinsamer Masterplan zur Integration. Der Freistaat muss zeigen, wie er sich in die Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen einbringt – dies betrifft nicht zuletzt die finanzielle Beteiligung an den Integrationskosten. Trotz der Leistungen des Freistaats bleiben hohe Belastungen in den kommunalen Haushalten stehen. Der Bayerische Städtetag wird weiterhin hartnäckig die kalte Kommunalisierung von Integrationskosten kritisieren.“

Integrationsprojekte

Integration geschieht in einer Fülle an kommunalen Projekten und Initiativen der Bürgergesellschaft. Beispielsweise kann Integration im Grünen ansetzen. Eine neue Broschüre des Bayerischen Städtetags mit dem Titel  „Integration im Stadtgrün“ zeigt einige Beispiele aus den städtischen Biotopen und Soziotopen. Laut Ulrich Maly reicht das Spektrum der Projekte dabei von interkulturellen Gärten, innerstädtischen Treffpunkten und Aktionen im Stadtgrün bis zur interkulturellen Freiraumplanung.

Die in der Publikation vorgestellten Projekte verstehen sich als Anregung für Kommunen – in Ballungsräumen ebenso wie in ländlichen Gebieten. Die Broschüre gibt einen Überblick, wie Städte Projekte anstoßen und unterstützen können. Häufig reichten Initiative, Vermittlung, ideelle und fachliche Unterstützung sowie eine kluge Nutzung von Fördermöglichkeiten aus.

Freistaat muss für Gymnasialreform bezahlen

Mit Blick auf das Bayerische Bildungspaket und hier insbesondere die Gymnasialreform meinte der Städtetagschef: „Nun wissen die Kommunen, worauf sie sich einstellen müssen. Auf viele Städte werden für den Bau und Ausbau von Gymnasien höhere Kos-ten zukommen. Der Bayerische Städtetag begrüßt, dass die Staatsregierung das Konnexitätsprinzip anwendet: Der Freistaat muss den Kommunen zusätzliche Investitionskosten einer Gymnasialreform ersetzen. Wenn der Freistaat das neunstufige Gymnasium einführt, muss er für die Mehrkosten bei der Umstellung aufkommen. Dies hat uns der Ministerpräsident zugesagt.“

Benötigt würden nunmehr stabile Strukturen in der Schullandschaft. Hierzu müssten die Kommunen im Gesetz, das die Gymnasialreform regelt, jetzt eine klare Basis für ihre Planungen erhalten: „Ein G9 bedeutet einen höheren Raumbedarf für Schüler und Lehrkräfte. Ein Schülerjahrgang mehr bedeutet, dass Gymnasien mehr Klassenzimmer, mehr Fachräume und mehr Kapazitäten in Sporthallen benötigen. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Bayerischen Bildungspaket im Bayerischen Landtag, das im Sommer ansteht, muss nun die Kostenerstattung geregelt werden. Das Anhörungsverfahren für den Gesetzentwurf muss letztlich eine Regelung bringen, die einen vollen Ausgleich der entstehenden Kosten sicherstellt“, bekräftigte Maly.

Kostenausgleich

Der volle Kostenausgleich umfasse als größten Posten den Bau und Ausbau von Schulen, der möglichst bis zum ersten G9-Abiturjahrgang im Schuljahr 2025/26 erfolgen sollte. Im Anhörungsverfahren muss nach Malys Auffassung geprüft werden, ob die grobe Kostenschätzung von 500 Millionen Euro für Schulbaumaßnahmen auskömmlich ist und die komplizierten Parameter zur Berechnung der Schülerzahlen und Raumkapazitäten auf der Basis der Jahreszahlen 2011 des letzten G9-Abiturjahrgangs tragfähig sind.

Fraglich sei auch, ob die ersten Modellrechnungen und Projektionen plausibel sind: Maly zufolge werden im Gesetzentwurf zum Beispiel Konnexitätskosten für den Sachaufwand für Einrichtungen, Ausstattung, Bewirtschaftung und Unterhalt der Schulgebäude nur für die kreisfreien Städte Augsburg, Bayreuth, Erlangen, Fürth, Kempten, München, Nürnberg, Regensburg, Rosenheim, Straubing, Würzburg sowie die Landkreise Berchtesgadener Land, Dachau, Deggendorf, Ebersberg, Erding, Erlangen-Höchstadt, Fürstenfeldbruck, Fürth, München, Regen, Starnberg und Würzburg anerkannt. Betroffen wären also nur 23 von 96 kreisfreien Städten und Landkreisen - für alle anderen kreisfreien Städte und Landkreise sieht der Gesetzentwurf keinen Konnexitätsersatz für den Sachaufwand vor. Darüber hinaus sind etwa die Mehrkosten für das Lehrpersonal an kommunalen Gymnasien zu berücksichtigen. Und: Die Betriebskosten für Schulgebäude und die Kosten für die Schülerbeförderung schlagen zu Buche.

Der Verbandsvorsitzende verwies auf weitere Kostenfaktoren: „Das Bildungspaket kann seinen Zweck nur dann dauerhaft erfüllen, wenn darin auch die Finanzsituation des kommunalen Schulwesens und die Investitionskosten für Inklusionsmaßnahmen berücksichtigt werden. Ein weiterer gewichtiger Teil des Bildungspakets ist die Digitalisierung im Schulbereich. Gerade ein Bundesland, das sich wie Bayern als High-Tech-Standort versteht, muss sich zu seiner Mitverantwortung bei der Finanzierung einer leistungsfähigen digitalen Schulinfrastruktur bekennen. Kommunen können die digitale Herausforderung nicht allein stemmen.“

Kofinanzierung von Bund und Land

Eine Möglichkeit zur besseren Finanzierung der digitalen Ausstattung an Schulen könnte sich in einer Kofinanzierung des Landes mit dem Bundesprogramm ergeben, das Bildungsministerin Wanka angekündigt habe, so Ulrich Maly. Dabei sollen auf fünf Jahre verteilt die Länder insgesamt fünf Milliarden Euro zur Digitalisierung der Schulen erhalten. Allerdings lägen bislang keine Details für das Bundesprogramm vor.

DK

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