Kommunalverbändezurück

(GZ-1/2-2017)
gz bayerischer gemeindetag
Bayerischer Gemeindetag:
 
Hemmnisse und Lösungskonzepte


Bayerns Gemeinden und Städte sprechen sich für mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum aus. Laut Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl kann diese maßgeblich dazu beitragen, das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken. Zugleich diene die Videoüberwachung der Kriminalprävention sowie der erfolgreichen Strafverfolgung.

Die zeitweise chaotischen Zustände und Probleme bei der Aufklärung der Silvesterübergriffe in Köln hätten deutlich gemacht, wie wichtig Aufzeichnungen sind, um Täter ermitteln und ihre Straftaten verfolgen zu können, erläuterte Brandl. Auch im jüngsten Fall, der Attacke auf eine junge Frau auf einer Berliner U-Bahn-Treppe, habe der mutmaßliche Täter nur aufgrund von Videoaufzeichnungen gefasst werden können.

Gerade im Bereich der kameragestützten Überwachung des öffentlichen Raums böten die technologischen Innovationen vollkommen neue Chancen. Mittels intelligenter Systeme sei es zielgenau möglich, Verdächtige zu identifizieren sowie Straftaten zu verhindern und zu ahnden, ohne dass Komplettaufzeichnungen notwen-dig sind. Intelligente Videobeo-bachtung bedeute vor allem Prä-vention vor Anschlägen und besseren Schutz vor Straftaten. Die Mehrheit der Bürger wünsche sich eine Ausweitung an zentralen Plätzen; die gesetzlichen Regelungen des Freistaats Bayern ließen dies jedoch nur sehr einschränkend zu. „Derzeit wird in Bayern vieles, was möglich wäre, mit Hinweis auf den Datenschutz verhindert“, unterstrich der Gemeindetagspräsident.

Datenschutz abbauen

Brandl plädierte dafür, die strengen Datenschutzregelungen dringend abzubauen. Dem Schutz der Allgemeinheit sei Vorrang vor dem Schutz der informationellen Selbstbestimmungsfreiheit einzuräumen. „Wir müssen aufpassen, dass aus berechtigtem Datenschutz kein unbeabsichtigter Täterschutz wird.“ Zugleich müssten in diesem Rahmen die Speicherfristen für Videoaufzeichnungen ausgeweitet und vereinheitlicht werden, um belastbares Material zur Verfolgung der Täter besitzen und verwerten zu können. Eine 24 Stunden- oder 48 Stunden-Frist, nach der die mit der Videoüberwachung aufgezeichneten Bilder wieder gelöscht werden müssen, reiche nicht aus, um angemessen reagieren zu können. Die Löschfristen sollten mindestens zwei Monate betragen. Dies sei bislang nur in Sachsen möglich. Die Aufbewahrungsfrist betrage in Bayern drei Wochen.

Des Weiteren bezog der Bayerische Gemeindetag Stellung zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). In einem Urteil vom 21. Dezember hatte das Gericht betont, dass die Aufteilung von Zuständigkeiten innerhalb eines Mitgliedstaats der EU ausschließlich den Mitgliedstaaten selbst obliegt und die EU verpflichtet ist, die nationale Identität der Staaten zu achten, zu der auch die kommunale Selbstverwaltung gehört.

Selbstverwaltung

Brandl wertete dies als „eine wichtige und begrüßenswerte Entscheidung“. Der Europäische Gerichtshof bekräftige, dass die Gemeinden und Städte das Recht haben, selbst darüber zu entscheiden, wie sie ihre Aufgaben im Interesse der Bürgerinnen und Bürger organisieren und ob sie dafür auch zusammenarbeiten. Kommunale Selbstverwaltung und kommunale Daseinsvorsorge gehörten zu den Grundpfeilern des Gemeinwesens. Dies habe auch Brüssel zu respektieren. Die deutschen Gerichte müssten dieses Urteil nun in diesem Sinne mit Leben füllen. Brandl zufolge ist das vielzitierte „Kirchturmdenken“ vielerorts überholt, Gemeinden arbeiten verstärkt zusammen, um Leistungen gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern noch besser und effizienter erbringen zu können. „Rechtliche Hemmschuhe seitens der EU sind das Letzte, was wir hier gebrauchen können.“

Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs lag die Frage zugrunde, ob die Gründung eines Zweckverbands und die Aufgabenübertragung auf diesen in den Anwendungsbereich des Vergaberechts der Europäischen Union fallen. Der EuGH hat entschieden, dass die Kommunen frei entscheiden können, ob sie ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben in eigener Zuständigkeit erledigen oder diese Aufgaben gemeinsam mit anderen Kommunen im Rahmen eines Zweckverbands erfüllen wollen. Dem Oberlandesgericht Celle obliegt nunmehr die ab-schließende Bewertung und Entscheidung.

Für verfassungswidrig und praxisuntauglich hält der Bayerische Gemeindetag indes das Konzept der Grünen im Bayerischen Landtag zum Flächenverbrauch im Freistaat. Durch diese Art „Zertifikatehandel für Bebauungsflächen“, wie ihn die Grünen nun offenbar fordern, würde einerseits massiv in die verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit der Gemeinden eingegriffen, zum anderen würde das Ziel, nämlich Verringerung des Flächenverbrauchs, dadurch gerade nicht erreicht. Denn die Kommunen, die entsprechend finanziell stark sind, könnten sich hier einen Mehrverbrauch an Flächen leisten. Damit wäre der von den Grünen bekämpften Flächeninanspruchnahme gerade Tür und Tor geöffnet, so der Präsident.

Im Übrigen verstoße der Vorschlag der Grünen auch gegen das in der Verfassung verankerte Staatsziel, gleichwertige Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu schaffen, fuhr Brandl fort. Ziel des Landesentwicklungsprogramms sei es gerade nicht, Wachstum in Boom-Regionen wie dem Großraum München oder der Metropolregion Nürnberg zu erhalten, wie die Grünen nun fordern, sondern in allen Regionen attraktive Lebens- und Arbeitsräume zu schaffen. „Mit ihrem Vorschlag sind die Grünen damit vollkommen auf dem Holzweg“, mahnte der Verbandschef an.

Flächenverbrauch

Das von einer Gutachterin des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig erarbeitete Gutachten schlägt darüber hinaus eine Obergrenze für Flächenverbrauch in den Gemeinden und Städten vor. Nach Brandls Auffassung ist dieses Ansinnen verfassungswidrig. „Die verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit als Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltung der Gemeinden und Städte beinhaltete, dass jede Kommune über die Bebaubarkeit ihres Gemeindegebiets selbst entscheiden darf. Eine gesetzliche Begrenzung auf festgelegte Flächengrößen würde dieses verfassungsrechtlich garantierte Recht aushöhlen und bei vielen Gemeinden und Städten zu einem faktischen Stillstand kommunaler Planung führen. Das würden wir niemals akzeptieren.“

DK

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