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(GZ-12-2016)
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Großbaustelle Europa
 
KPV Podium

V. l.: Dr. Ulrich Reuter, Gabriele Bauer, Dr. Angelika Niebler, Stefan Rößle, Jörg Kunstmann und Georg Huber. Bild: DK

Ein schonungslos offener Bericht über die Großbaustelle Europa von Dr. Angelika Niebler, MdEP, Vorsitzende der CSU-Europagruppe, erhielt beim jüngsten Treffen des KPV-Landesvorstandes und Hauptausschusses in München große Zustimmung. Unter der Leitung von KPV-Landesvorsitzendem Landrat Stefan Rößle gab es reichlich Anlass zur Diskussion.

„Das Gesamtkonstrukt Europa zu akzeptieren, ist gerade schwierig“, betonte Niebler eingangs. Niemals zuvor sei die Situation im Europäischen Parlament derart kompliziert gewesen. Es sei nicht erkennbar, ob der europäische Gedanke von nationalen Bestrebungen zerfressen wird. Als erfreulich bezeichnete sie dagegen den Umstand, dass die CSU-Gruppe im EP mit mittlerweile nur noch fünf Politikern so gut aufgestellt sei wie noch nie. Manfred Weber, Monika Hohlmeier, Albert Deß und Markus Ferber machten einen hervorragenden Job.

Mit Blick auf das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP attestierte Angelika Niebler eine allgemeine „Ablehnungsfront“. Problematisch sei die fehlende Transparenz des Verfahrens, weshalb man „gegen eine Wand“ argumentiere. Bei allem Verständnis für die Schutzbedürftigkeit laufender Verhandlungsgespräche steckt die Europaabgeordnete in einem Dilemma: Wie soll sie in Bürgerversammlungen die Wähler über TTIP informieren und eventuelle Kritik entkräften, wenn sie über ihren Kenntnisstand nicht reden darf? Grundsätzlich wertete Nieb-ler es in Anbetracht weltwirtschaftlicher Entwicklungen auch als Chance für das Exportland Deutschland und die europäische Wirtschaft, mit den USA entsprechende Abkommen zu schließen.

Thema Migration

Was das Thema „Migration und Flüchtlinge“ anbelangt, plädierte die CSU-Europaabgeordnete dafür, in Europa an einem Strang zu ziehen und gemeinsam an einer Lösung der Migrationsfrage zu arbeiten. Nur so sei das Problem lösbar, auch kleinere Staaten müssten sich solidarisch zeigen. Solidarität sei keine Einbahnstraße, sondern ein gegenseitiges Unterstützen in schwierigen Zeiten. Alle Mitgliedstaaten stünden in der Pflicht. Im Migrationspoker, so die Politikerin, sei die Frage der Visafreiheit der Türkei nicht zuletzt eine Frage der inneren Sicherheit und kein außenpolitischer Kuhhandel.

Die EU habe eine humanitäre Verpflichtung, vor Krieg und Verfolgung flüchtenden Menschen Schutz zu bieten. Dies sei aber nur im Falle einer echten Kontrolle über die EU-Außengrenze möglich. Der vom Innenausschuss des Europäischen Parlaments weitestgehend gebilligte Vorschlag der EU-Kommission, die Europäische Grenzschutz-agentur Frontex nun weiter zu stärken und einen europäischen Grenz- und Küstenschutz aufzubauen, ist nach Nieblers Auffassung das richtige Signal und bringt einen echten Mehrwert für die Bewältigung der Flüchtlingskrise.

Grenzschutz

Frontex ist künftig berechtigt, unmittelbar tätig zu werden und europäische Grenzschutz- und Küstenwachen-Teams einzusetzen, wenn ein Mitgliedsstaat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, selbst die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen an der betreffenden Grenze zu treffen. Zudem sollen alle Personen, die in den Schengen-Raum ein- oder ausreisen, systematisch über Datenbanken kontrolliert werden.
Damit will man sicher gehen, dass ankommende Personen keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit darstellen.

Kein Staat kann den Kampf gegen den Terror alleine lösen. Europa muss sich Niebler zufolge endlich besser vernetzen und gemeinsam vorgehen, um nicht noch mehr unschuldige Menschenleben zu opfern. Für eine effektivere Terrorismusbekämpfung ist die Zusammenarbeit zwischen den Ermittlungsbehörden und Nachrichtendiensten in der EU zu verbessern. Nationale Egoismen bei der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten müssten endlich weichen. Ein institutionalisierter Informationsaustausch bringe mehr Sicherheit für alle.

Als Meilenstein für den europäischen Datenschutz wertete die Vorsitzende der CSU-Europagruppe das neue Datenschutzabkommen mit den USA. Dieses schütze einerseits die Grundrechte europäischer Bürger und stelle andererseits Rechtssicherheit für Unternehmen her, wenn es um den Transfer europäischer Daten in die USA geht.

Die USA haben der EU schriftlich zugesichert, dass der Zugriff öffentlicher Behörden auf europäische Daten zu Zwecken der Gesetzesvollstreckung und der nationalen Sicherheit strengen Beschränkungen und Sicherheitsmaßnahmen unterliegt. EU-Bürger, die ihre Rechte dennoch verletzt sehen, haben unterschiedliche Rechtsmittelverfahren zur Auswahl. Werden ihre Rechte beispielsweise durch die US-Sicherheitsbehörden verletzt, können sie sich an eine neu geschaffene Ombudsstelle wenden. Das Abkommen soll jährlich überprüft werden. Insbesondere die Frage des Zugriffs durch Sicherheitsbehörden wird dabei eine Rolle spielen.

Zur Glaubwürdigkeit und zum Vertrauen in die Wirtschafts- und Währungsunion gehört auch, dass Maßnahmen und Regeln auch konsequent umgesetzt werden. Hier sind laut Niebler in erster Linie die Mitgliedstaaten gefordert. Es gehe in erster Linie um Strukturreformen, um die Konsolidierung der Haushalte, den Schuldenabbau.

Für den falschen Schritt hält sie die viel diskutierte europaweite Vergemeinschaftung der nationalen Einlagensicherungssysteme. „Erst müssen wir die vorhandene Richtlinie umsetzen, die Mitgliedstaaten in die Pflicht nehmen, und dann kann man über weitere Schritte nachdenken“, bemerkte Angelika Niebler. Sie äußerte die Hoffnung, „eine Sperrminorität hinzukriegen“.

Einen Schlussstrich forderte Niebler bei der Nullzins - bzw. Negativzinspolitik der EZB. Die Europaabgeordnete hält die Entwicklung für äußerst bedenklich, gehe diese doch zulasten aller Sparer und damit der Menschen, die für ihren Lebensabend und für die nächste Generation vorsorgen wollten.

DK

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