Kommunalverbändezurück

(GZ-19-2019)
gz deutscher landkreistag

► Deutscher Landkreistag:

 

Zukunftsorientierung statt Vergangenheitsbewältigung

 

Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Landrat Reinhard Sager, hat sich für ein sofortiges Exportverbot von Plastikmüll vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern ausgesprochen. In vielen Ländern sei eine angemessene Entsorgung nicht sichergestellt. „Plastik, das einmal ins Meer gelangt ist, kann nie mehr vollständig geborgen werden. Das wäre ein dringend notwendiger Beitrag Deutschlands zum weltweiten Umweltschutz“, stellte Sager fest.

Der europäische Anteil an der Meeresvermüllung mache zwar lediglich knapp 2 % aus. Allerdings exportiere auch Deutschland in Länder mit fehlenden Müllentsorgungs- und Recyclingstrukturen. „Dadurch gehen uns zudem Kunststoffe verloren, auf die wir als rohstoffarmes Land angewiesen sind.“

Exportiert ist nicht recycelt

Die jüngsten Vereinbarungen des Baseler Übereinkommens zum Export von Plastikmüll sehen vor, dass ab 2021 unsortierter und durchmischter Plastikmüll als gefährlicher Abfall gilt und damit den Mitgliedstaaten der EU ein Export ab diesem Zeitpunkt verboten ist. „Diesen Exportstopp müssen wir sofort umsetzen und sollten nicht zuwarten. Allein nach Malaysia hat Deutschland im vergangenen Jahr mehr als 100.000 Tonnen Plastikmüll verschifft. Hinzu kommen Exporte nach Indonesien, Thailand und Vietnam.“ In den Statistiken gelte dieser exportierte Müll als recycelt.

Darüber hinaus müssten gerade dort Plastikabfälle vermieden werden, wo langlebige und haltbare Kunststoffprodukte entweder nur einmal zum Einsatz gelangten oder nicht erforderlich seien, fuhr der Präsident fort. „Deshalb ist die Stärkung von Mehrwegsystemen etwa durch klarere Kennzeichnungen auf Verkaufsverpackungen im Verpackungsgesetz festzuschreiben. Lücken beim Einwegpfand müssen überdies geschlossen und das Pfand auf alle Kunststoffeinwegflaschen ausgeweitet werden.“

Entsorgung aus einer Hand

Die Landkreise hätten außerdem gute Erfahrungen mit Wertstofftonnen gemacht, in denen Verpackungen und z. B. Pfannen oder Plastikspielzeug gemeinsam entsorgt werden könnten. „Auf diese Weise könnten hunderttausende Tonnen Wertstoffe zusätzlich für das Recycling erfasst werden. Die Verantwortung für das Einsammeln dieser Wertstoffe sollte wieder generell den Landkreisen und kreisfreien Städten übertragen werden, um für die Bürgerinnen und Bürger eine Abfallentsorgung aus einer Hand sicherzustellen.“
Die EU habe ein Verbot von Einwegartikeln wie Strohhalme, Geschirr und Wattestäbchen ab 2021 beschlossen.

Diese Maßnahme kann Sager zufolge nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Keineswegs darf nach Auffassung des DLT der Eindruck vermittelt werden, allein der Verzicht auf derartige begrenzte Produkte könne nachhaltig Plastikmüll begrenzen. Dennoch sei die Einwegplastik-Richtlinie zügig in nationales Recht umzusetzen als ein Baustein einer Gesamtstrategie.

Dazu zählten auch Maßnahmen, die vorzugsweise durch Selbstverpflichtungen der betroffenen Wirtschaftsakteure zu erreichen sind, wie beispielsweise die Verringerung von Plastiktüten oder die Vermeidung überflüssiger Verpackungen.
Vieviel Verpackung ist nötig?

Schon jetzt sehe das Verpackungsgesetz vor, dass Kunststoffe ab 2022 zu 90 Prozent zu verwerten seien, erklärte der DLT-Präsident. „Wir sollten anstreben, diese Quote möglichst schon früher zu erreichen.“ Auch sollten Verpackungen mehr und mehr recyclinggerecht hergestellt werden. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher fragen sich oftmals zu Recht, ob manche Produkte derart üppige Umverpackungen benötigen.“

Weiterhin ein Dorn im Auge ist dem Deutschen Landkreistag die in Aussicht gestellte Übernahme von Altschulden einzelner Gemeinden. Wie Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans-Günter Henneke betonte, sei es erklärtes Ziel des Bundes, etwas zur Beförderung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu tun. Dafür werde zusätzliches Geld notwendig sein. „Daher habe ich wenig Verständnis dafür, wenn sich der Bund mit der Frage kommunaler Altschulden und damit einem Problem weniger Städte in wenigen Bundesländern befasst, das von diesen – und nur diesen – gelöst werden muss.“

Kommunale Altschulden

Diskutiert wird eine hälftige Beteiligung des Bundes an einem 50 Mrd. Euro-Entschuldungsprogramm. „Und auf der anderen Seite hapert es an deutlich geringeren Beträgen für eine bessere Förderpolitik, den Breitband- und Mobilfunkausbau oder die Verkehrswende. Die Tilgung kommunaler Altschulden durch den Bund wäre deshalb eine gigantische Fehlpriorisierung. Zukunftsorientierung statt Vergangenheitsbewältigung muss die Devise sein“, machte Henneke deutlich.

In Nordrhein-Westfalen etwa habe das Land den Kommunen lange Zeit zu wenig Finanzmittel zukommen lassen. Da es dabei den Kreisen verboten war, Kassenkredite aufzunehmen, habe sich die kurzfristige Verschuldung bei den kreisangehörigen Gemeinden angesammelt. Dieses Versäumnis sollte nach Hennekes Ansicht nicht der Bund als Retter in der Not bereinigen. Länder wie Niedersachsen, Hessen, Brandenburg oder Schleswig-Holstein hätten beispielhaft vorgemacht, wie Entschuldung gelingen kann.

Gerechte Steuerverteilung

Die Ambitionen auf Bundesebene seien auch deshalb ernüchternd, „weil auf der anderen Seite die nun wirklich offenkundige Verantwortung des Bundes im Bereich der kommunalen Steuerausstattung nicht gesehen wird. Sie ist dem Bund bei der Umsatzsteuerverteilung geradezu auf die Stirn geschrieben. Er und nur er kann dafür sorgen, dass bei den Kommunen mehr Umsatzsteuer ankommt und diese auch gerechter – und zwar nach Einwohnern – verteilt wird. Das wäre ein realer Beitrag zu gleichwertigen Lebensverhältnissen“, so der Hauptgeschäftsführer.

„In Bayern kennen wir einerseits eine starke Rechtsaufsicht durch den Staat, aber auch eine finanzielle Ausstattung der Kommunen, die in einem vernünftigen Verhältnis zu den auszuführenden Aufgaben steht. Nach der Verfassung sind die Länder in der Verantwortung kommunaler Kassenkredite. Das Thema Altschulden und überhöhte Kassenkredite muss von den jeweiligen Ländern selbst bereinigt werden. Wenn der Bund kommunale Kassenkredite einzelner Städte übernimmt, fehlt dieses Geld an anderer Stelle und es entsteht ein Ungleichgewicht in der Finanzierung der Länder und Kommunen“, hob der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Christian Bernreiter, hervor.

Das Geld, das der Bundes finanzminister „starken Kommunen wie den unseren“ damit nehmen würde, benötigten bundesweit alle Landkreise für Zukunftsaufgaben wie die Mobilität, die Digitalisierung oder den Mobilfunk. Eine einseitige punktuelle Unterstützung einzelner Städte verstoße gegen die Grundsätze des Grundgesetzes. „Wir haben bisher schon immer gesagt, dass man das Geld nur einmal ausgeben kann.

Die Kommission für ‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘ hat erkannt, dass in die Fläche investiert werden muss. Wenn der Bund die Kommunen unterstützen will, muss er unter anderem die Digitalisierung des ländlichen Raums schneller umsetzen und in die Infrastruktur investieren“, stellte Bernreiter fest.

DK

GemeindeZeitung

Kommunalverbände

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung