Kommunalverbändezurück

(GZ-19-2019)
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► KPV-Bundesfachtagung in Berlin:

 

Familienpolitik neu denken

 

Unter dem Motto „Familienpolitik neu denken“ stellte die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) im Zuge der Grundsatzprogrammdiskussion auf einer Fachtagung in Berlin die heutige Familienpolitik auf den Prüfstand. „Das Thema Familienpolitik ist sehr wichtig, denn wir müssen die Rahmenbedingungen so setzen, dass die Wahlfreiheit gewährleistet ist und unsere Werte weitergegeben werden“, begrüßte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer die Delegierten.

Laut Karrenbauer „ist die Familie unser Fundament und hält unsere Gesellschaft zusammen“. Dafür müsse die CDU jedoch ihre Familienpolitik weiterentwickeln und auch zielgerichtete Angebote für Patchwork- und Regenbogenfamilien sowie Getrennt- und Alleinerziehende bereithalten.

Auch der KPV-Bundesvorsitzende und Vorsitzende der AG Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase MdB, verwies auf die gesellschaftlichen Realitäten: „Selbstverständlich stehen wir nach wie vor zur traditionellen Ehe. Sie ist die Lebensform Nummer 1. Aber deshalb müssen wir nicht engstirnig werden und andere Lebenswirklichkeiten ausblenden oder gar negativ beurteilen.“

Im Rahmen des Fachgesprächs diskutierten die Teilnehmer aus Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene die praktischen Auswirkungen des KPV-Papiers „Familienpolitik neu denken“.

Drei starke Ansätze

Die Anregungen und Impulse aus den drei Foren „Familien-Hilfe: Prävention statt staatlicher Intervention“, „Familien-Leben: Rahmenbedingungen verbessern“ sowie „Familien-Leistungen: Freiraum statt Umverteilung“ fließen in das Diskussionspapier ein.

So wird beispielsweise das Papier umbenannt in „Familienpolitik vernetzt denken“. Der neue Titel verdeutlicht, dass es sich bei dem Papier nicht um eine Abkehr bisheriger Grundsätze der Familienpolitik handelt. Außerdem kommt damit die notwendige Verzahnung von kommunaler, Landes- und Bundesebene zum Ausdruck.

In dem Diskussionspapier wird unter anderem die Stärkung der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung von Familien gefordert. Das Elterngeld sei ein großer Erfolg christlich-demokratisch geprägter Familienpolitik.

„Wir wollen prüfen, wie das Elterngeld ausgebaut und dabei insbesondere für Väter attraktiver gestaltet werden kann“, heißt es. Zudem soll ein Familiensplitting geprüft werden, das Einkommensanteile der im Haushalt dauerhaft lebenden Personen steuerlich besser freistellt. Der Staat müsse den Familien mehr finanzielle Mittel belassen.

Kinder und Eltern entlasten

Der Bund will Kinder und Eltern, die gegenüber Leistungsbeziehern nach SGB 56 XII unterhaltsverpflichtet sind, entlasten. Hierzu wird die Unterhaltsheranziehung von Eltern und Kindern mit einem jeweiligen Jahresbruttoeinkommen von bis zu einschließlich 100.000 Euro in der Sozialhilfe ausgeschlossen.

Auch in der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX soll durch einen Verzicht auf Elternbeiträge bei volljährigen Leistungsbeziehern diese Entlastung vollzogen werden. Da es sich um eine Belastung der Kommunen handelt, müsse der Bund den Kommunen in vollem Umfang im Sinne der Konnexität die notwendigen Mittel bereitstellen.

Gebündelte Leistungen

Da Eltern einen wichtigen und finanziell aufwändigen generativen Beitrag zum Fortbestand des Generationenvertrags in den Sozialversicherungssystemen leisteten, „wollen wir prüfen, ob eine Entlastung von Eltern bei den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in Frage kommt“. Statt mit der Gießkanne müssten familienpolitische Leistungen gebündelt und in einem einheitlichen Familiengeld für bedürftige in Deutschland lebende Familien zusammengeführt werden. Der Ausbau der Kinderbetreuung stellt die Wahlfreiheit für Familien sicher. Familienbetreuung, Krippe, Hort, Kindergarten, Kindertageseltern sind aus Sicht der Bundes-KPV gleichwertige Betreuungsangebote, die durch einen nachprüfbaren Bildungsauftrag ergänzt werden müssen.

Dabei müssten die Bundesländer größere Verantwortung für die Bildungsangebote und Qualität übernehmen. Ein neuer Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter dürfe nur begründet werden, wenn Bund und Länder dauerhaft die zusätzlichen Kosten für den Aufbau und den Betrieb übernehmen. Ein Rechtsanspruch dürfe erst gelten, wenn die Voraussetzungen durch den Bund, Länder und Kommunen geschaffen wurden.

Rechtsanspruch nur wenn Leistungen erbracht werden Eltern erwarteten, dass ihre Kinder nicht nur aufbewahrt, sondern optimal betreut und gefördert werden. Dies müsse mit den schulischen Inhalten abgestimmt und qualitativ hochwertig sein. Dafür würden erst die räumlichen Voraussetzungen und entsprechendes zusätzliches Betreuungs- und Lehrpersonal benötigt.

Trotz einer hervorragenden

Beschäftigungssituation in Deutschland können über eine Million Langzeitarbeitslose nicht vermittelt werden. „Wir lassen diese Menschen und ihre Familien nicht im Stich. Wir müssen aber mehr dafür tun, dass Kinder in Familien aufwachsen, in denen sie die Erwerbsarbeit der Eltern erleben. Kommunale Beschäftigungsgesellschaften können die zunächst arbeitsmarktfernen Leistungsempfänger auffangen.“ Wer Leistungsempfänger ist, könne andere hilfebedürftige Menschen unterstützen, sich bei der Pflege des öffentlichen Raums nützlich machen oder eine andere Aufgabe im Interesse der Gemeinschaft übernehmen. Ziel müsse es sein, durch Stabilisierung und Qualifizierung eine Beschäftigung auf Mindestlohnniveau zu erreichen.

Arbeitgeber und die Tarifpartner sind laut Bundes-KPV in der Pflicht, in ihren Betrieben die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherzustellen. Dazu zählten Angebote von Home-Office, der schnellere Aufbau von Co-Working-Spaces auch in ländlichen Regionen, betriebliche Betreuungsangebote, familiengerechte Arbeitszeitregelungen und Entlohnungssysteme, die Familienangehörige jedenfalls nicht benachteiligen. Der öffentliche Dienst müsse dabei Vorbild als familienfreundlicher Arbeitgeber sein.

Darüber hinaus sei vor dem Hintergrund aktueller Fälle von Kindesmissbrauch zu prüfen, ob in diesem Bereich das Strafrecht verschärft und ggf. ausgeweitet und der Informationsaustausch zwischen unterschiedlichen Behörden verbessert werden muss. Einer größeren Aufmerksamkeit bedürften Kinder und Jugendliche, die in einem rechts- oder linksextremistischen oder islamistischen Umfeld aufwachsen oder sich radikalisieren. „Wir wollen prüfen, wie wir die betroffenen Kinder und Jugendlichen besser erreichen und ggf. früher staatlich eingreifen können.“

Die Sprachentwicklung von Anfang an ist von zentraler Bedeutung für die Wahrnehmung von Bildungschancen und gesellschaftlicher Teilhabe. Sprachstandsfeststellungen sind verpflichtend und müssten im Rahmen der Schulpflicht ausgeweitet und konsequenter angewendet werden, so die Bundes-KPV.

„Wir wollen bessere Fortbildungsmaßnahmen hinsichtlich des Erwerbs der deutschen Sprache, an denen Kinder und Jugendliche bei Bedarf teilnehmen müssen und prüfen, in wie weit die Eltern dabei besser einbezogen werden können. Wir dürfen Kinder und Jugendliche aus eher bildungsfernen oder migrationsgeprägten Familien nicht zurücklassen.“

Pflicht und Verpflichtung

„Wir wollen Familien mit sozial schwierigem Hintergrund und solche, die sich in Deutschland ungenügend integrieren, besser in die Pflicht nehmen“, heißt es weiter. Geprüft werden soll, ob im Bedarfsfalle auch eine „Kindergartenpflicht“ ausgesprochen und das Angebot von speziellen Fördergruppen, Förderklassen und Ausbildungsgängen ausgeweitet werden kann.

DK

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