Kommunalverbändezurück

(GZ-14-2019)
gz bayerischer bezirkstag

► Jahrestagung des Bayerischen Bezirketags in Augsburg:

 

Für weltoffenen Heimatbegriff

 

Je globaler die Welt wird, desto mehr gewinnt Heimat an Bedeutung. Der Bayerische Bezirketag diskutierte im Rahmen seiner Vollversammlung in Augsburg den Wert der Heimat in Zeiten von Flucht und Vertreibung. Außerdem ging es unter dem Motto „Die endliche Heimat“ um aktuelle Themen wie Artensterben und Flächenfraß.

Von links: Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags und Bezirkstagspräsident der Oberpfalz, Marina Neubauer, Bezirkstagsmitglied von Oberbayern, Staatsminister Dr. Florian Herrmann, MdL, und Dr. Olaf Heinrich, Bezirkstagspräsident von Niederbayern. Bild: Staatskanzlei
Von links: Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags und Bezirkstagspräsident der Oberpfalz, Marina Neubauer, Bezirkstagsmitglied von Oberbayern, Staatsminister Dr. Florian Herrmann, MdL, und Dr. Olaf Heinrich, Bezirkstagspräsident von Niederbayern. Bild: Staatskanzlei

Da der Heimatbegriff nach wie vor oft missbraucht wird, beschloss die Verbandsversammlung ein Positionspapier, das laut Bezirketagspräsident Franz Löffler die Funktion eines Leitbildes hat. „Es soll Grundlage sein für weitere politische Diskussionen des Heimatbegriffs und künftig bei Grundsatzfragen unserer regionalen Kulturarbeit und Heimatpflege herangezogen werden.“

Solidarität und Kultur des Zusammenlebens

Mit der Resolution grenze man sich von allen ab, für die Heimat ein Synonym für Nationalismus und Egoismus ist. Für den Bezirketag stehe Heimat vielmehr für „Gemeinschaftssinn, Solidarität und eine Kultur des Zusammenlebens, die von Weltoffenheit, Toleranz und gegenseitigem Respekt geprägt ist, unterstrich Löffler.

Das Positionspapier stelle auch klar, dass niemand ausgegrenzt werden dürfe, beispielsweise wegen seiner Religion, Hautfarbe, Herkunft oder Behinderung. „Heimat ist eine gemeinsame Verpflichtung zur Integration und Inklusion, beides sind Themen einer zukunftsgewandten Heimatpflege“, erläuterte der Präsident. Darüber hinaus werde auf die massiven Gefährdungen hingewiesen, die die Heimat als Natur- und Landschaftsraum durch Zersiedelung, Flächenverbrauch oder die Zerstörung der natürlichen Ressourcen bedrohen. „Heimat obliegt einer gemeinsamen Verantwortung, die zum nachhaltigen Planen, Wirtschaften und Bauen, zum Erhalt der Artenvielfalt und zum Schutz des Klimas verpflichtet“, resümierte Löffler.

Unterstützung aus der Staatskanzlei

In seiner Festrede würdigte der Bayerische Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien, Dr. Florian Herrmann, MdL, die Arbeit und Verdienste der dritten kommunalen Ebene. Menschen direkt in den Regionen Heimat zu geben, gelinge den Bezirken auf vorbildliche Weise. Dabei sei Heimat kein ausgrenzender, sondern ein integrierender Begriff. Menschen Heimat zu geben, sei auch Aufgabe der Politik. Letztlich stelle sich aber jeder Mensch etwas Anderes unter dem Begriff der Heimat vor, so Herrmann.

Mit Blick auf die Pflegeberufereform sagte der Staatsminister den Bezirken seine Unterstützung zu. Gut ausgebildete Fachkräfte seien die wichtigste Grundlage, weshalb es auch klar sein müsse, dass gute Pflege Geld kostet. Hier gebe es ein Einvernehmen zwischen der Staatsregierung und den Bezirken.

Knobloch: Bayern ist liebgewonnene Heimat

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, bedankte sich bei den Regierenden in Bund, Ländern und Kommunen, die alles täten, um jüdisches Leben zu schützen. Sie sei nach 1945 aus Überzeugung im „Land der Täter“ geblieben und habe das nie bereut. München und Bayern sei ihre liebgewonnene Heimat, und sie sei stolz darauf, dass es ein so intaktes jüdisches Leben wieder gebe, das aus der Mitte der Gesellschaft tatkräftig unterstützt werde. Der Auftrag laute, Heimat immer wieder positiv zu besetzen.

Während der ehemalige Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, Professor Dr. Heribert Prantl, zu den sozialen Aspekten von „Heimat in bewegten Zeiten“ referierte, befasste sich Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, mit dem Thema „Architektur schafft Heimat“. Über „die zweite Heimat“ berichteten Krankenpflegehelfer Francis Ahaneku und Ernst Schroeder, vom Bund der Vertriebenen.

Abgerundet wurde die zweitägige Verbandsversammlung von einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Patient Heimat?“, an der Dr. Peter Fassl, Heimatpfleger des Bezirks Schwaben, Dr. Maximilian Seefelder, Heimatpfleger des Bezirks Niederbayern, Dr. Andrea Kluxen, Heimatpflegerin des Bezirks Mittelfranken, Peter Näder, Popularmusik-Beauftragter des Bezirks Unterfranken und Prof. Dr. Michael Schrödl, Zoologische Staatssammlung München, teilnahmen.

Bundesteilhabegesetz führt zu erheblichen Mehrkosten

Zum Auftakt der Jahresversammlung hatte Präsident Löffler eine Bilanz der zurückliegenden zwölf Monate gezogen. Ausdrücklich begrüßte er die Neuerungen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) und hier insbesondere den Grundsatz der individuellen Bedarfsdeckung. Allerdings machte Löffler klar, dass dies für die Bezirke schon heute erhebliche Mehrkosten verursache, die derzeit noch nicht abschließend zu überblicken seien.

Der Oberpfälzer Bezirkstagspräsident ging auch auf das neue Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) ein, das die Bezirke verpflichte, bis zum 1. Juli 2021 Krisendienste in ganz Bayern mit Leitstellen, mobilen Krisendiensten und einem Netzwerk der Regelversorgung aufzubauen. Dieses Angebot gebe es in keinem anderen Flächenstaat – Bayern sei hier in jeder Hinsicht Vorbild.

Löffler zufolge werden die Bezirke die Kosten für den Ausbau verbindlicher Netzwerke und insbesondere die aufsuchende Krisenversorgung durch mobile Einsatzteams selbst schultern. Der Freistaat übernehme seinerseits die Kosten für die sieben Leitstellen in Bayern mit derzeit geschätzt 7,7 Millionen Euro pro Jahr. Dazu allerdings liefen die Verhandlungen noch.

Einen Meilenstein stellten in diesem Zusammenhang die Qualitätsstandards für Leitstellen und mobile Krisendienste dar, die der Bayerischen Bezirketag bereits im Mai 2019 für verbindlich erklärt hat. Größte Herausforderung sei aber auch hier die Gewinnung der notwendigen zusätzlichen Fachkräfte, ohne dadurch bestehende andere Versorgungsbereiche personell auszudünnen.

Bezirke für Reform der Pflegeberufe

Bereits 2017 wurde die Reform der Pflegeberufe auf den Weg gebracht. Hier liegen nun die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen vor. Der Bayerische Bezirketag, so machte deren Präsident klar, begrüße die Reform ausdrücklich. Man habe sich stets für die generalistisch ausgerichtete berufliche Pflegeausbildung eingesetzt. Fachkräften sollen nach der grundständigen Erstausbildung künftig mehr Einsatzgebiete als bisher offen stehen. Allerdings dürfe es keine Kompromisse zwischen Qualitätsvorgaben des Freistaats Bayern, die von Kliniken, Heimen und Schulen einzuhalten sind, und einem zu engen Kostenrahmen geben. Denn diese gingen zu Lasten der künftigen Pflegefachkräfte. Der Bezirketag erwarte hier vom Freistaat ein klares Bekenntnis.

Was die Finanzausstattung der dritten kommunalen Ebene anbelangt, wies Löffler darauf hin, dass Hilfen für Menschen mit Behinderungen wie auch für Pflegebedürftige nicht von der jeweiligen Konjunkturlage abhängig sein dürften. Angesichts weiter wachsender finanzieller Anforderungen im Sozialbereich müssten auch die Mittelzuweisungen des Freistaats an die Bezirke im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs verstetigt und angepasst werden.

Redlichkeit in der langfristigen Finanzierung

Als Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Bezirketag forderte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich im Hinblick auf die stetig steigenden Ausgaben der Eingliederungshilfe „Redlichkeit bezüglich dessen, was langfristig finanzierbar ist“. Zwar sei seit einem Jahrzehnt die Wirtschaft kontinuierlich gewachsen, dies sei aber kein Automatismus. „Deswegen muss bei jedem neuen Vorhaben geprüft und offen diskutiert werden, ob wir die Entscheidung auch gegenüber der nächsten Generation verantworten können“, so Heinrich.

Der niederbayerische Bezirkstagspräsident rief weiterhin zu „Kreativität und Offenheit innerhalb der Strukturen der Bezirke“ auf. So solle nicht nur über eine weitere Dezentralisierung von medizinischen Angeboten nachgedacht werden; dies sei auch bei den Verwaltungsstrukturen denkbar.

„In den nächsten Jahren werden wir mehr und mehr Menschen haben, die von zu Hause aus arbeiten können und wollen. Die Dezentralisierung von Verwaltungsbereichen kann einen Beitrag zur Entlastung der stark wachsenden Städte leisten und den Wunsch der Mitarbeiter nach heimatnahen Arbeitsplätzen erfüllen“, betonte Heinrich.

DK

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