Kommunalverbändezurück

(GZ-22-2018)
gz bayerischer staedtetag

► Bayerischer Städtetag:

 

Positionen zum Koalitionsvertrag

 

„Positive Absichten und Ziele“ attestiert der Bayerische Städtetag dem Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern. Allerdings bleibt nach Ansicht von Verbandschef Dr. Kurt Gribl vieles noch unkonkret und steht unter dem Vorbehalt der Finanzierung.

Dr. Kurt Griebl.
Dr. Kurt Gribl

Wie der Augsburger Oberbürgermeister bei einer Pressekonferenz in München mitteilte, bauten die Kommunen darauf, dass sich die neue Staatsregierung als fairer Partner von Städten und Gemeinden erweist. Stadt und Land seien nicht als Gegensatz, sondern als Partner zur Verwirklichung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu behandeln. Starke Städte stärkten das ganze Land und starke zentrale Orte in ländlichen Regionen stünden für einen starken Freistaat Bayern.

Mit Blick auf die weitere Förderung des sozialen Wohnungsbaus mahnte der Städtetagsvorsitzende neben dem Einsatz der Bundesmittel eine dauerhafte und verlässliche Mittelbereitstellung an. Die bayerische Wohnungsbauförderung muss aus seiner Sicht praxisgerechter werden, etwa zur Stärkung gemeindlicher Belegungsrechte und zur Einbeziehung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften. Hierzu treffe der Koalitionsvertrag kaum Aussagen. Einen positiven Ansatz bietet laut Gribl das Versprechen, das Investitionsniveau zu verstetigen, denn die Wohnungswirtschaft benötigt Investitionssicherheit für mehrere Jahre. Für Mieter könne die im Koalitionsvertrag angekündigte Verlängerung der Bindungsfrist für Sozialwohnungen helfen.

Konzept und Fördermittel angemahnt

Zudem habe der Freistaat Städten und Gemeinden mehr Spielräume zu einer strategischen Flächenbevorratung einzuräumen, fuhr Gribl fort. Dazu müssten die Vorkaufsrechte der Gemeinden gestärkt und der Genehmigungsvorbehalt für gemeindliche Grundstücksgeschäfte nach dem Agrarstrukturgesetz abgeschafft werden.

Viele Fragen lasse der Koalitionsvertrag auch bei der Finanzierung der IT-Ausstattung an Schulen offen. Nach Auffassung des Bayerischen Städtetags fehlt ein Konzept, welche Investitionen nötig sind. Außerdem fehlten Fördermittel für Investitionen, den laufenden Betrieb und die Systembetreuung. Damit alle Kinder in allen Schulen Bayerns gleiche Chancen erhalten, brauche es einheitliche Standards für das digitale Klassenzimmer und ein pädagogisches Gesamtkonzept. Mit modernen Geräten alleine sei es nicht getan: „Technik hat eine dienende Funktion für Pädagogik. Laptops, Tablets und interaktive Whiteboards müssen im Unterricht sinnvoll zum Einsatz kommen. Der Koalitionsvertrag enthält Ansatzpunkte für zielführende Gespräche“, so der Verbandschef.

Beitragsfreiheit nicht zu Lasten der Kommunen

Was den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung anbelangt, so setzt dieser laut Bayerischem Städtetag Fachkräfte, Finanzmittel und Flächen für den Neubau und Ausbau voraus. Notwendig seien Verbesserungen der Betriebskostenförderung und eine Beschleunigung der Ausbildung von Erziehern, da Kindergärten, Kitas und Horte unter Personalmangel leiden. Wie Gribl darlegte, „klingt die Annäherung an eine beitragsfreie Kinderbetreuung im Koalitionsvertrag für Eltern nach einer Verheißung, wirft aber für die Praxis noch viele Fragen auf. Wenn die Beitragsfreiheit kommt, darf dies nicht zu Lasten der Städte und Gemeinden gehen.“

Über das bisherige Maß hinaus fortzusetzen ist nach Meinung des Städtetagsvorsitzenden die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur und des ÖPNV. Dazu zählten die Zweckbindung der vom Bund bereitgestellten bisherigen Entflechtungsmittel sowie der Ausbau der Betriebskostenförderung durch ÖPNV-Zuweisungen. Eine verbesserte ÖPNV-Finanzierung sei auch ein wichtiger Bestandteil der Unterstützung der Kommunen zur Luftreinhaltung. Gribl zufolge sind die Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag gut. Allerdings sei etwa das Versprechen eines 365-Euro-Tickets für Großstädte bislang nicht finanziell hinterlegt; die erwähnten Mittel zur ÖPNV-Förderung würden hierfür bei weitem nicht genügen.

Kompensation für entgangene Straßenausbaubeiträge

Eine weitere Forderung des Kommunalverbandes lautet: „Der Freistaat muss den Kommunen zur Abdeckung der durch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge entfallenden Einnahmemöglichkeiten eine ausreichende Kompensation schaffen.“ Dafür seien mehr staatliche Haushaltsmittel jährlich nötig. Zwar stellt der Koalitionsvertrag laut Gribl Mittel in Höhe von 100 Millionen Euro im Jahr 2019 und 150 Millionen Euro im Jahr 2020 in Aussicht, jedoch werden die Mittel in der Praxis nicht genügen.
Auch die Vereinbarung des Koalitionsvertrags zur Sanierung von kommunalen Schwimmbädern, die lediglich bei einer Förderung von 20 Millionen Euro pro Jahr liegt, werde dem bayernweiten Sanierungsbedarf für Hallenbäder und Freibäder in Höhe von 1,2 Milliarden Euro nicht gerecht, monierte der Verband. Der Sanierung von kommunalen Bädern müsse im Doppelhaushalt 2019/2020 eine höhere Priorität eingeräumt werden.

Unerwähnt blieben im Koalitionsvertrag Gribl zufolge die auf kommunaler Ebene anfallenden Integrationskosten, obgleich eine Beteiligung des Freistaates hier überfällig sei. Der Freistaat müsse die kommunalen Flüchtlings- und Integrationskosten anerkennen und ersetzen sowie die teilweise Kostenerstattung des Freistaats für junge Volljährige, ehemalige unbegleitete minderjährige Ausländer auf eine Vollkostenerstattung erhöhen. Trotz zugesagtem „Open-book-Verfahren“ und nachgewiesenen Flüchtlings- und Integrationskosten allein der kreisfreien Städte und Landkreise von 550 Millionen Euro stünden Anerkennung und Erstattung dieser Kosten durch den Freistaat nach wie vor aus.

Volle Kostenerstattung sicherstellen

Die Bundesmittel für Integration habe der Freistaat nicht einmal teilweise an die Kommunen weitergegeben und bei der Kostenerstattung der Jugendhilfekosten für ehemalige unbegleitete minderjährige, jetzt volljährige Ausländer beteilige sich der Freistaat lediglich mit deutlich zu geringen Pauschalen. Hier habe der Freistaat die bundesrechtlich im SGB VIII vorgesehene volle Kostenerstattung sicherzustellen.

Als weiteren Aspekt, der nicht im Koalitionsvertrag steht, nannte der Städtetagsvorsitzende die Gewerbesteuerumlage: Städte und Gemeinden sollen ab dem Jahr 2020 bei der Gewerbesteuerumlage deutlich entlastet werden, weil die im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erhöhte Gewerbesteuerumlage ausläuft. In Bayern belief sich die Umlage im Jahr 2017 auf rund 920 Millionen Euro. Der Bayerische Städtetag lehnt Initiativen einzelner Bundesländer für eine Fortführung der Solidarpaktumlage ab.

Wie Gribl erläuterte, müsse sich die Bayerische Staatsregierung auf Bundesebene dafür einsetzen, dass am Auslaufen der erhöhten Umlagen festgehalten wird. Die kommunale Ebene könne die Fortführung der erhöhten Gewerbesteuerumlage nicht hinnehmen, denn die Kämmerer rechneten bereits mit den größeren finanziellen Spielräumen. „Wenn nun dieses Thema im Koalitionsvertrag nicht erwähnt ist, werten wir das als positives Zeichen, dass der Freistaat Bayern am Auslaufen der Gewerbesteuerumlage nicht rütteln will.“

DK

GemeindeZeitung

Kommunalverbände

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung