Kommunalverbändezurück

(GZ-15/16-2018) 
gz bayerischer staedtetag

► Bayerischer Städtetag in Coburg:

 

Orientierungshilfe in bewegten Zeiten

 

Positionen zur Landtagswahl 2018

Rund 330 Delegierte sowie Gäste aus der Europapolitik, Bundes- und Landespolitik nahmen an der diesjährigen Vollversammlung des Bayerischen Städtetags in Coburg teil. Unter dem Motto „Starke Städte – starkes Land“ legte der Vorsitzende des Kommunalverbands, Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl, Ministerpräsident Dr. Markus Söder für die Landtagswahl im Oktober 2018 ein Positionspapier mit wichtigen Forderungen zu zentralen Feldern bayerischer Kommunalpolitik vor.

GZ 15 16 2018 Gribl Soeder

Dr. Kurt Gribl.  Dr. Markus Söder. RED

Wie Bernd Buckenhofer, Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, betonte, „gelten diese Positionen nicht nur kurzfristig mit Blick auf die Landtagswahl. Das Positionspapier formuliert die Themen des Bayerischen Städtetags und gibt Orientierung für unsere Arbeit der nächsten Jahre. Mehrere Leitmotive durchziehen die Forderungen für die Städte und Gemeinden – demografischer Wandel, Integration, Mobilität, digitale Transformation und Daseinsvorsorge. Das ist mehr als nur ein Forderungskatalog zu Wohnen, Energie, Schule, Soziales und Gesundheit, das ist ein kommunalpolitisches Kompendium.“

Hohe Lebensqualität sichern

In einem engen Beziehungsgeflecht wirkten Europa, Bund und Freistaat mit den Kommunen zusammen, damit die Menschen sich in ihrer Stadt und ihrer Gemeinde auf eine hohe Lebensqualität und gesicherte Lebensgrundlagen verlassen können. Buckenhofer: „Die Menschen erleben den Staat zuerst in ihrer Kommune. Hier zeigen sich gesellschaftliche Strömungen zuerst, hier bündeln sich soziale Probleme, wirken sich die Folgen von wirtschaftlichen Entwicklungen am sichtbarsten aus. Je leistungsfähiger die Kommunen wirken können, desto besser fühlen sich die Menschen aufgehoben. Vitale Städte sind Kraftfelder und Innovationsmotoren für ein starkes Bayern. Starke bayerische Städte sind ein Garant für einen starken Freistaat.“

Gewandelte Bedürfnisse berücksichtigen

Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer zufolge „erwarten die Menschen in unseren Städten und Gemeinden, dass kommunale Leistungen die gewandelten Lebensbedürfnisse im Alltag berücksichtigen. Kommunen müssen in die Lage versetzt sein, ihr Leistungsangebot an die Herausforderungen der Zeit anzupassen, damit sie ihre Integrationskraft für alte und junge Menschen, gesunde und kranke Menschen, alteingesessene und zugewanderte Menschen, arme und wohlhabende Menschen entfalten können.“

„Es sind die Seen, die Berge und die Königsschlösser, die dem Bilderbuch-Bayern ein schönes Gesicht leihen. Und es sind die Städte, die Bayern eine starke Statur geben. Vitale Städte sind Kraftfelder und Innovationsmotoren für Bayern. Von diesen Kristallisationspunkten übertragen sich über viele Knotenpunkte kreative Kräfte, um ein starkes Land weiter zu entwickeln und den Menschen eine Heimat zu geben“, unterstrich der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl.

Motoren der Entwicklung 

Zentrale Orte seien die Motoren der Entwicklung Bayerns. Dies gelte auch für Regionen, die vom demografischen Wandel betroffen sind. Versorgungseinrichtungen in zentralen Orten seien Garanten, um gleichwertige Lebensbedingungen zu erreichen. Die zentralen Orte müssten als dynamische Kraftzentren Bayerns gestärkt werden, die für ein stabiles Land sorgen. Bayerns Struktur habe sich über die Jahrhunderte ausgeprägt – mit starken Städten, die Bayerns Stärke ausmachen. Gribl: „Die Vielgestaltigkeit der Regionen Bayerns bildet sich in den Städten und Gemeinden ab. Auf diese Stärken muss der Freistaat weiter bauen, dann lassen sich die Herausforderungen der Zukunft meistern.“

Starke zentrale Orte sind aus Gribls Sicht das Erfolgsrezept einer nachhaltigen Landespolitik. Starke Städte gewährleisteten, dass sich unter den Vorzeichen von Globalisierung, Digitalisierung, demografischem Wandel, Migration und Energiewende dieses über Jahrhunderte gewachsene Kulturland weiter entwickelt.

Wie Gribl zudem ausführte, benötigt gute Infrastruktur eine sichere Finanzierung, etwa für Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Straße, Schiene und Datenautobahn: „Die soziale, schulische, gesundheitliche und technische Infrastruktur muss in allen Städten und Gemeinden abgesichert werden, nicht zuletzt bei der Versorgung mit Breitband und Mobilfunk. Nur wenn Städte und Gemeinden – in Ballungszentren ebenso wie in ländlichen Räumen, in Boomregionen wie in schrumpfenden Regionen – gut finanziell ausgestattet sind, können die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen und können ihr Leistungsangebot an die jeweiligen Herausforderungen der Zeit anpassen.“

Enges Zusammenwirken mit der Landespolitik

Um Probleme zu lösen, hätten sich kommunale Daseinsvorsorge und kommunale Selbstverwaltung bewährt. Nach den Worten des Städtetagschefs „ist darauf zu achten, dass die Kommunen weiterhin gut aufgestellt bleiben, um künftige Probleme zu lösen. Hierfür benötigen die Kommunen das enge Zusammenwirken mit der Landespolitik.“

Als aktuelle Kernthemen der Kommunalpolitik sind Demografie und Wohnen, digitale Transformation, Integration, Mobilität und Energie eng miteinander verflochten. So sind eine flächendeckende technische Infrastruktur und eine moderne Breitbandversorgung Grundvoraussetzungen der digitalen Transformation. Für autonomes Fahren oder für den Austausch riesiger Datenmengen braucht es schnelles Internet. Gribl: „Alles hängt mit Allem zusammen. Jeder einzelne dieser Stränge verwebt sich zu einem großen Strang. Alle Akteure müssen diese vielen Stränge zusammenführen. Dies geschieht im Beziehungsgeflecht der Kommunen zusammen mit Europa, Bund und Freistaat.

Mit Blick auf ein weiteres zentrales Feld bayerischer Kommunalpolitik, dem Wohnungsbau, wies der 1. stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Fürths Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung, darauf hin, dass Bund, Freistaat und Kommunen gemeinsam mit öffentlicher und privater Wohnungswirtschaft ihre Kräfte bündeln müssen, um Wohnungsnot zu lindern. Städte und Gemeinden wendeten beträchtliche Mittel auf, um die Versorgung mit bezahlbaren Wohnungen sicherzustellen. Diese Aufgabe könnten Städte und Gemeinden allein nicht stemmen. „Für die Schaffung von Wohnungen brauchen Kommunen, kommunale Wohnungsunternehmen und soziale Wohnungsbaugesellschaften mehr Finanzmittel“, forderte Jung.

Steuerungsmöglichkeiten der Kommunen

Darüber hinaus sprach sich Jung dafür aus, die Steuerungsmöglichkeiten der Kommunen zur Mobilisierung von Flächen zu erhöhen. Förderprogramme stünden inzwischen zur Verfügung, aber den Städten gingen die Flächen aus. Für den Bau von Wohnungen, für Verkehrswege und Infrastruktur mit Schulen, Kitas und Geschäften zur Nahversorgung müssten Flächen mobilisiert werden. Kommunen benötigten mehr Flächen, damit sie Wohnungsbau vorantreiben können. Nach Jungs Ansicht müssten Kommunen im Vorfeld formeller städtebaulicher Maßnahmen zum Beispiel ein Vorkaufsrecht für Grundstücke auf eigenem Gebiet haben, um rechtzeitig Baugrund, Tauschoder Ausgleichsflächen erwerben zu können.

Bei der Integration viel erreicht 

Beim Thema Integration wiederum „gerät aus dem Blick, was trotz vieler Probleme alles in den letzten Jahren geleistet worden ist“, fuhr der Städtetagsvize fort. Gerade die Kommunen hätten sich angestrengt. Jung zufolge muss die Steuerungs- und Koordinierungsfunktion der Kommunen gestärkt werden. Die Kommunen müssten bei ihren Integrationsaufgaben stärker unterstützt werden. Benötigt werde ein Masterplan Integration. Auch müsse der Spracherwerb in allen Altersstufen gefordert und gefördert werden.

„Bayern wächst – die Folge sind wachsende Pendlerströme, mehr Wirtschaftsverkehr und Freizeitverkehr. Die Mobilitätsbedürfnisse wandeln sich mit dem Berufsleben und dem Wirtschaftsleben“, hob der 2. stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Dingolfings Bürgermeister Josef Pellkofer, hervor. Eine florierende Wirtschaft benötige verlässliche Verkehrswege, Unternehmen bräuchten ein dichtes Verkehrsnetz. Just-in-Time-Produktion bedeute mehr Güterverkehr auf großen LKWs, Dienstleistungen verursachten mehr Autoverkehr, Online-Handel bringe mehr Kurierdienste mit Kleintransportern.

Pellkofer zufolge liegt die Zukunft im effizienten Mix an Verkehrsmitteln. „Die Erfordernisse an Umwelt- und Lärmschutz, die Bedürfnisse von Pendlern und Wirtschaft müssen auf einen Nenner gebracht werden.“

An den Fortschritten im Nahverkehr müsse weiter gearbeitet werden: „Es braucht einen dichteren Takt bei Bahn und Buslinien in Verkehrsverbünden, engere Verknüpfungen zwischen Fern- und Nahverkehr. Verkehrsverbünde müssen enger zusammenwachsen.“ Auch sei die Gemeindeverkehrsfinanzierung zu verbessern. Der öffentliche Nahverkehr müsse mit Hilfe einer dauerhaften Fortführung der ÖPNV-Zuweisungen auf hohem Niveau gestärkt werden. Alternative Antriebstechniken seien zu intensivieren.

Nach Pellkofers Worten „kann Digitalisierung helfen bei multimodalen Verkehrsangeboten und vernetzter Mobilität, etwa für CarSharing oder effizientere Transportketten bei Güterverkehr und Kurierdiensten. Digitalisierung kann Umsteigen im Nahverkehr verbessern oder die einheitliche Abrechnung des Fahrscheins ermöglichen. Bei der Erarbeitung regionaler Mobilitätskonzepte müssen Bund und Freistaat mit ins Boot.“

Grundvoraussetzung für digitale Lösungen sei eine flächendeckende technische Infrastruktur und eine moderne Breitbandversorgung. Für autonomes Fahren oder für den Austausch riesiger Datenmengen brauche es schnelles leitungsgebundenes und mobiles Internet.

Söder: Schulterschluss mit den Städten suchen

Ministerpräsident Markus Söder unterstrich seinerseits, den Schulterschuss mit den Städten suchen zu wollen. Um mehr Betreuungsmöglichkeiten für Schüler nach dem Unterricht zu schaffen, plant er eine Arbeitsgruppe mit den Kommunen. Anfang Mai hatte das bayerische Kabinett entschieden, 10.000 neue Hortplätze zu schaffen. Die Große Koalition in Berlin plant zudem einen Rechtsanspruch für die Ganztagsbetreuung von Schülern.

Pakt für Wohnungsbau

Ein weiterer dringender Wunsch Söders: ein Pakt für Wohnungsbau. Hierzu kündigte er massive Investitionen in den Wohnungsbau an. Bis 2025 sollen 500.000 neue Wohnungen im Freistaat entstehen. Hier leisteten auch die Kommunen ihren Anteil, zumal der Wohnungsbau laut Verfassung eine kommunale Aufgabe ist. Des Weiteren stellte der Ministerpräsident die Einführung einer bayerischen Eigenheimzulage von 10.000 Euro als einmaligen Festbetrag sowie ein bayerisches Baukindergeld Plus in Höhe von 1.500 Euro pro Kind und Jahr in Aussicht.

Positiv bewertete der Ministerpräsident die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, wonach das von Naturschützern beantragte und von den Grünen forcierte Volksbegehren „Betonflut eindämmen – damit Bayern Heimat bleibt“ aus formalen Gründen unzulässig ist. Das Grundanliegen, Flächen zu schonen, stelle ein gemeinschaftliches Anliegen dar. Aber der Ansatz der Grünen sei der falsche Weg, erklärte Söder. Verbote funktionierten nicht. Die Staatsregierung setze vielmehr darauf, finanzielle Anreize sowohl für die Aufwertung von Ortskernen als auch für die Entsiegelung nicht mehr benötigter Flächen zu geben. „Sie als demokratisch gewählte Bürgermeister entscheiden, wie ihre Stadt aussehen soll“, meinte Söder.

Den Rathauschefs aus ganz Bayern sagte Söder zu, weiter für eine ausreichende finanzielle Unterstützung der Kommunen zu sorgen. Wichtig sei es, „uns als Partner auf Augenhöhe zu verstehen“. Gerade die Stabilisierungshilfe für finanziell schlechter gestellte Kommunen habe sich bewährt und sei eine sehr gute Entscheidung der Staatsregierung gewesen. Das Geld habe vielen Städten bei der Entschuldung geholfen und die Eigenverantwortlichkeit des Stadtrats gestärkt. Die Unterstützungsleistung werde fortgesetzt.

Plädoyer für fairen sprachlichen Umgang

Abschließend plädierte Söder für einen faireren sprachlichen Umgang der politischen Akteure untereinander – auch dann wenn man inhaltlich nicht übereinstimme. „Die Standards in Sprache und Umgang, die wir jetzt setzen, werden uns viele Jahre begleiten“, mahnte der Ministerpräsident.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion (Moderation: Stephanie Heinzeller, Bayerischer Rundfunk) wurden einige politische Schlaglichter nochmals aufgegriffen, wobei das Thema Wohnungsbau klar dominierte. Es debattierten Markus Blume, Generalsekretär der CSU, Natascha Kohnen, Landesvorsitzende der BayernSPD, Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen im Bayerischen Landtag, und Hubert Aiwanger, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Bayerischen Landtag. 

DK

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