Kommunalverbändezurück

(GZ-22-2017)
gz kpv

► KPV-Bundesvertreterversammlung in Braunschweig:

 

Starke Kommunen – Starkes Deutschland  

 

GZ 22 2017 KPV

Der neue KPV-Bundesvorsitzende zusammen mit dem bayerischen Landesvorsitzenden: Christian Haase und Stefan Rößle (v. l.). RED 

Rund 500 kommunale Mandatsträger trafen sich in Braunschweig zur Bundesvertreterversammlung der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU (KPV), die im Rahmen des Kongresskommunal stattfand. Im Zentrum der Beratungen standen Forderungen an die neue Bundesregierung für die anstehenden Koalitionsverhandlungen mit dem Titel „Starke Kommunen – Starkes Deutschland”. Daneben lag der Fokus auf der Neuwahl des Bundesvorstandes.

Mit 96,5 Prozent der Stimmen wurde Christian Haase, Vorsitzender der AG Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zum neuen Bundesvorsitzenden der KPV Deutschlands bestimmt. Er tritt damit die Nachfolge von Ingbert Liebing an, der im Sommer zum Staatssekretär und Bevollmächtigten des Landes Schleswig-Holstein beim Bund ernannt wurde. Einziger bayerischer Stellvertreter des Bundesvorsitzenden ist erneut Landrat Dr. Ulrich Reuter (Aschaff enburg).

Haase erwartet kommunalfreundliche Bundesregierung

Nach der Wahl erklärte Haase, der bisher schon Beisitzer im KPV-Bundesvorstand war: „Mein Herz schlägt kommunal. Als ehemaliger Bürgermeister ist es eine große Ehre für mich, die Kommunalen auf Bundesebene zu vertreten. Ich erwarte, dass auch unter der neuen Bundesregierung die kommunalfreundliche Politik fortgeführt wird. Die Kommunalen brauchen auf der Bundesebene eine starke Stimme – dies gilt für die Regierungsarbeit und erst recht für die Koalitionsverhandlungen.“ Lokalpolitisch aktiv wurde der neue KPV-Bundesvorsitzende als Beigeordneter der Stadt Beverungen. Von 2004 bis 2013 bekleidete Haase dort das Amt des Bürgermeisters.

Breite Vernetzung und Verwurzelung vor Ort

Insgesamt zehn Beschlüsse fassten die Delegierten der Bundesvertreterversammlung. Neben dem Leitantrag wurde über neun weitere Anträge entschieden. „Je mehr vermeintlich, gemeinschaftliche‘ Aufgaben von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam wahrgenommen werden, desto weniger braucht es ehrenamtliche Kommunalpolitik. Wenn die Union als Volkspartei aber weiterhin Bestand haben will, braucht sie eine breite Vernetzung und Verwurzelung vor Ort. Über die Rathäuser werden Wahlen gewonnen – oder wir zerschlagen unser funktionierendes politi sches System“, heißt es im Leitantrag.

Starke kommunale Selbstverwaltung

Eine starke kommunale Selbstverwaltung sei ein unverzichtbarer Bestandteil der politischen und verfassungsrechtlichen Ordnung unseres Staates. Das Instrument der Subsidiaritätsprüfung müsse durch eine Verankerung im Kanzleramt deutlich verbessert werden. Deshalb fordern die Delegierten, dass der Staatsminister für Bund-Länder-Koordinierung im Bundeskanzleramt ausdrücklich auch für die Kommunen zuständig wird, um die Belange von Gemeinden, Städten und Landkreisen gleichermaßen zu berücksichtigen.

Schuldenbremse und kommunaler Anteil an der Umsatzsteuer

Die Einhaltung der ab dem Jahr 2020 auch für die Bundesländer geltenden Schuldenbremse wird als richtiger Schritt in eine generationengerechte Finanzverantwortung der öffentlichen Hand bezeichnet, der aber nicht dazu führen dürfe, dass dies zu Lasten der Kommunen geschieht. Die Länder dürften nicht ihre Verpflichtung aus dem Fiskalpakt durch eine Belastung der Kommunen erfüllen. „Deshalb fordern wir, dass die strukturelle Verschuldung der Kommunen und insbesondere die Kassenkredite in die Schuldenbremse der Länder einbezogen werden.“

Plädiert wird zudem für einen erhöhten, auch an den Sozialausgaben orientierten kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer zur Verwirklichung echter kommunaler Selbstverwaltung sowie die Anpassung der Verteilungskriterien auf die Kommunen. Eine weitere Verfassungsänderung zur direkten Förderung finanzschwacher Kommunen durch den Bund wird abgelehnt, weil damit falsche Anreize bei Ländern und Kommunen gesetzt würden.

Da eine Einigung der 16 Bundesländer auf eine Neuordnung der Bemessungsgrundlagen bislang nicht erfolgt sei, fordern die Kommunalpolitiker, dass der Bund die Initiative ergreift und einen mehrheitsfähigen Gesetzentwurf vorlegt, der den Kommunen eine auskömmliche und gestaltungsfähige Einnahmequelle langfristig sichert. Darüber hinaus treten die Delegierten für eine weitere Entlastung der Kommunen von den Kosten der Langzeitarbeitslosigkeit und eine stärkere Übernahme der Kosten der Unterkunft durch den Bund ein.

Die aktuelle Zinspolitik der EZB schafft aus Sicht der Bundes-KPV für Kommunen eine doppelte Problemlage. Negativzinsen dürften nicht als Anreiz zur Verschuldung wirken und kommunale Kassenbestände nicht durch Strafzinsen dezimiert werden. Deshalb solle die Bundesfinanzagentur Angebote schaffen, die Einlagen und Anleihen der Kommunen zu bündeln, und damit zur Vermeidung von Zins und Negativzins beitragen. Mit der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes unter Mitwirkung des Bundesrates könne eine neue Ausgabendynamik u. a. auch in der Kinder- und Jugendhilfe ausgelöst werden. Deshalb wird eine Garantie aller Bundesländer für die vollständige Übernahme der zusätzlichen Kosten durch diese im Sinne einer strengen Konnexität gefordert.

Integration ist eine Langzeitaufgabe, die in den Kommunen geleistet wird. Deshalb setzt sich die Bundes-KPV dafür ein, „dass die Mittel bei den Kommunen ankommen müssen, über 2018 hinaus aufgabengerecht verstetigt und insbesondere die flüchtlingsbedingten Mehrkosten bei der Unterkunft unbefristet übernommen werden“.

Bleibeperspektiven in den Herkunftsländern entwickeln

Migrationsursachen werden auch langfristig nicht aufgelöst werden können. Aber Fluchtursachen können gemildert und Anreize geschaffen werden, in den Herkunftsländern eine bessere Lebensperspektive zu entwickeln. „Flüchtlingsströme müssen faktisch gedrosselt werden. Das System von Schengen setzt sichere EU-Außengrenzen voraus. Deshalb fordern wir eine weitere Verstärkung der Maßnahmen zur Sicherung der EU-Außengrenzen, die Kontingentierung der Aufnahme von Flüchtlingen aus humanitären Gründen in die EU und die Verhinderung von illegaler Migration“, heißt es weiter.

Falsche Signale vermeiden

Für subsidiär Schutzberechtigte sollte es keinen Familiennachzug mehr geben, um falsche Signale nach außen zu vermeiden. Zudem müsse zwingend an der Anforderung des Aufenthaltsgesetzes festgehalten werden, dass ein Familiennachzug nur möglich ist, wenn ausreichender Wohnraum nachgewiesen werden kann. Asylverfahren sollten für alle neu Ankommenden in Entscheidungs- und Rückführungszentren gebündelt werden. Die Asylbewerber verblieben dort bis zur schnellstmöglichen Entscheidung ihres Antrages. Im Falle einer Ablehnung würden sie aus diesen Einrichtungen unverzüglich zurückgeführt.

Insgesamt setzen sich die Kommunalpolitiker für ein Einwanderungsgesetz ein, „das die Regeln für die Einreise und den Aufenthalt in unserem Land zusammenfasst und die Grundlage für die  Auswahl und Prüfung der geeigneten Personengruppen sowie die Feststellung der individuellen Integrationserfolge sein muss“.

Im Bankensektor wiederum dürfe keine Vergemeinschaftung der Risiken stattfinden. Deshalb sollen die Anforderungen an die kleineren, überwiegend örtlich tätigen Institute mit vorwiegend einfachem, klassischem Einlagen- und Kreditgeschäft bei der Kreditvergabe, dem Risikomanagement und der Eigenkapitalunterlegung angepasst und künftig nach Institutsgröße und Risiko differenziert werden. Ein System europäischer Einlagensicherung sollte aus Sicht der Kommunalpolitiker mindestens solange nicht weiterverfolgt werden, wie nicht alle Mitgliedstaaten die Regeln der Bankenunion vollständig umgesetzt haben.

Intelligente Verknüpfungen

Neben dem flächendeckenden Glasfaserausbau in Deutschland „unter dem Vorrang der öffentlichen Hand im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge ohne Rosinenpicken und Behinderungen durch Mitbewerber“ setzt sich die Bundes-KPV für gleichzeitig intelligente Netze und Verknüpfungen beim Verkehrswegebau ein. Die Länder sollten sich gegenüber dem Bund wieder verpflichten, Mittel aus dem Bundeshaushalt in Höhe von jährlich 1,3 Mrd. Euro zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in den Gemeinden zu verwenden. Der Bund wiederum sollte die dynamisierten Zuschüsse für den öffentlichen Nahverkehr (Regionalisierungsmittel) fortsetzen.

Die Gesundheitsversorgung in Stadt und Land müsse weiter erhalten und bedarfsgerecht ausgebaut werden. Auch sei dafür Sorge zu tragen, dass auch bei kleineren Fallzahlen die medizinische Versorgung aufrechterhalten wird. Außerdem wird für einen demografischen Faktor für die Festsetzung der Fallpauschalen plädiert.

Bildungsstaatsvertrag

Neben einer Beschleunigung und Erleichterung der Erzieherausbildung sowie einer ausreichenden finanziellen Unterstützung der Kommunen beim Ausbau der Kinderbetreuungsangebote tritt die Bundesdelegiertenversammlung dafür ein, dass alle Kommunen unter der Regie des Bundes zusätzlich finanziell so angemessen von den Ländern ausgestattet werden, dass der Weg zum digitalen Klassenzimmer und zur digitalen Bildung flächendeckend erfolgreich gegangen werden kann. Punktuelle Bundesförderprogramme könnten hier Innovationen anstoßen, müssten aber mit einem „Bildungsstaatsvertrag“ des Bundes mit den Ländern und Kommunen untermauert werden.

Auch gelte es, die Digitalisierung der Verwaltung weiterzuentwickeln. Ziel müsse es sein, dass Bürgerinnen und Bürger jeden Kontakt mit der öffentlichen Hand online erledigen können. „Deshalb fordern wir hierfür die Voraussetzungen zu schaffen, wie etwa durch ein einheitliches zentrales Melderegister und ein einheitliches Onlineportal bzw. ein Onlineportalverbund mit sicheren Registrierungsverfahren insbesondere unter Verwendung des Personalausweises mit elektronischem Identitätsausweis“.

Planungskompetenz

In punkto Energiewende wird dafür plädiert, die bisherigen Instrumente der Anreizregulierung und Steuerung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu überprüfen. Die Gasinfrastruktur sei langfristig für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger notwendig und müsse erhalten werden. Versuchen, kommunale Infrastruktur zu entwerten, trete man entschieden entgegen. Ferner wird eine stärkere kommunale Planungskompetenz beim Ausbau der Windkraft gefordert. Dazu sei es notwendig, die Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich aufzuheben.

Bessere Förderung für den Wohnungsbau

Beim Wohnungsbau soll eine stärkere steuerliche Förderung (z.B. AfA) eingeführt werden, die um eine Förderung der Eigentumsbildung und selbstgenutztem Wohnraum ergänzt werden muss. Sinnvolle Ausnahmetatbestände von den zusätzlichen Standards und DIN-Normen, die in den vergangenen Jahren eingeführt wurden sollen die Herstellung bezahlbaren Wohnraums ermöglichen. Neben der Ausweitung des öffentlich finanzierten sozialen Wohnungsbaus werden die verstärkte Förderung durchmischter Wohnquartiere, eine höhere Beteiligung der Länder und des Bundes an den Kosten der Unterkunft und die spürbare Anpassung des Wohngeldes als sinnvolle Maßnahmen erachtet.

DK

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