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(GZ-12-2016)
Kommunale Praxis
Fachkongress „Glaskar - Glasfaser!” in Essenbach:
 
Starke Netze für Bayerns Kommunen
 
glasklar glasfaser

Auf große Resonanz stieß der  Auftakt der Veranstaltungsreihe „Glasklar - Glasfaser!“ in Essenbach.

Beim Fachkongress „Glasklar – Glasfaser!“ finden die verantwortlichen Repräsentanten von Bayerns Gemeinden, Städten, Landkreisen und Bezirken exakt auf ihren Bedarf zugeschnittene Lösungsangebote zum Thema Glasfaser. Die Veranstaltung mit knapp 200 Besuchern fand im niederbayerischen Essenbach (Landkreis Landshut) statt.

Die Verantwortlichen von gabo Systemtechnik, M-net Telekommunikations GmbH und Lemka trugen für die zahlreichen Gäste interessante Themen rund um das Thema Glasfaser zusammen. Als Medienpartner übernahm die Bayerische GemeindeZeitung die Beratung und Organisation für „Glasklar – Glasfaser!“.

Nach der Begrüßung durch den 2. Bürgermeister des Marktes Essenbach, Josef Spierer und den Geschäftsführer der M-net Telekommunikations GmbH Michael Fränkle, informierte Essenbachs früherer Bürgermeister Fritz Wittmann über das digitale Erfolgsmodell seiner Kommune. Wie Wittmann, der Essenbach bis 2014 regierte und in dessen Amtszeit das Projekt initiiert und im Wesentlichen umgesetzt wurde, betonte, entschied sich Essenbach im Jahr 2011 für einen eigenfinanzierten FTTH-Ausbau.

Während die von der Kommune eigens gegründete Kommunalgesellschaft die Verlegung des passiven Glasfasernetzes organisierte, stellt der Telefon- und Internetanbieter M-net die aktiven technischen Komponenten und die Telekommunikationsdienste zur Verfügung. Heute bietet das Unternehmen in Essenbach Telefon- und Inter-netanschlüsse mit 25, 50 oder 100 Mbit/s sowie den Empfang eines hochwertigen Kabel-TV-Signals mit über 144 nationalen und internationalen (HD-)TV-Sendern an. Beide Parteien handeln im gegenseitigen Interesse, dadurch wird das Risiko jedes einzelnen Partners minimiert. Im Gegenzug partizipieren aber auch beide vom Erfolg. Der Return on Investment ist Wittmann zufolge auf ca. 30 Jahre angelegt.

Die Projektpartner leisteten mit der Realisierung des Glasfaserprojekts in Essenbach Pionierarbeit. Denn dort reichen die zukunftsfähigen Glasfaserkabel bis in die einzelnen Häuser. Diese FTTB-Ausbauvariante wurde bis zur Realisierung des Projekts in Essenbach fast ausschließlich im städtischen Raum angewandt.

Der offizielle Projektabschluss des Glasfaserausbaus wurde eineinhalb Jahre nach dem Startschuss gefeiert. Das Projekt kostete am Ende 13,5 Millionen Euro, womit das Budget unterschritten wurde. Wie Wittmann hervorhob, habe beim Ausbau stets der Versorgungsgedanke im Vordergrund gestanden. Glasfaser sei mittlerweile ein harter Standortfaktor. Er plädierte dafür, den Kommunen mehr Handlungsfreiheit einzuräumen und die aktuellen Fördermodelle zu überdenken. Die Kommunalvertreter rief Wittmann dazu auf, „mehr Mut zur Eigeninitiative“ zu entwickeln.

Glasfaser bis ins Haus

Dass Glasfaser bis ins Haus für jede Kommune möglich ist, zeigten Martin Leybold, Geschäftsführer der Lemka GmbH sowie die Bürgermeister Bruno Schmidt und Stefan Frühbeißer unter anderem anhand der Beispiele Reichenschwand und Pottenstein auf. Das Planungsbüro Lemka hatte im Auftrag beider Kommunen den Breitbandausbau organisiert.

Als einzige Kommune in Bayern erhält die Stadt Pottenstein einen Förderbescheid aus dem Bundesförderprogramm zum Breitbandausbau – insgesamt 3,35 Millionen Euro plus 890.000 Euro aus dem bayerischen Zuschusstopf. Mit dieser Verknüpfung ist Pottenstein nun in der komfortablen Lage, ein Betreibermodell einrichten zu können. Wie Frühbeißer erläuterte, ist die clevere Förderkombination möglicherweise nicht für jede Kommune geeignet; für Pottenstein sei sie jedoch die beste Lösung.

Erfahrungsgemäß sind Geschäftsführer Leybold zufolge Netze im Eigentum der Kommune durchaus realisierbar; eine Erweiterung des Netzes bei Baumaßnahmen sei jederzeit möglich. Ziel sei es, durch Ausnutzung von Synergien 100 % FTTH in den nächsten Jahren zu erreichen. „Baut die Kommune selbst, kommt sie schneller zu FTTH“, unterstrich Leybold.

Er wies darauf hin, dass die Ausnutzung der Breitband-Fördermodelle des Landes Bayern und des Bundes den zukunftsfähigen FTTB/H Ausbau bereits heute ermöglicht. Bei bereits vergebenem FTTC Ausbau sollte mittels eines Masterplans der FTTB/H-Ausbau vorbereitet werden. Nicht ausgebaute Bereiche seien mit dem Bundesförderprogramm FTTB/C auszubauen, zudem riet Leybold zur Clusterbildung durch interkommunale Zusammenarbeit, da diese die Chance auf Förderung erhöhe. Ob Betreibermodell oder Deckungslückenmodell werde individuell festgelegt. Die entscheidenden Wirtschaftlichkeitsfaktoren können vorab risikofrei ermittelt werden.

Bis zu 50.000 Euro stellt der Bund zur wirtschaftlichen und technischen Analyse zur Verfügung. Leybolds Tipp: „Nicht warten! Beantragen Sie noch heute die 50.000 Euro in Berlin und holen Sie den Bescheid in wenigen Wochen persönlich ab.“ Dass der Erfolg des Breitbandausbaus sich an vielen Faktoren bemisst, die einander unterschiedlich beeinflussen, machte Dr. Henrik Bremer, BHVSM Bremer Heller Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, deutlich.

Rechtsform klären

Bereits zu Beginn des Projekts sollte Bremer zufolge die Rechtsform geklärt werden. Auch sollte unbedingt die Le-gitimation des handelnden Organs sichergestellt werden (z.B. Aufgabenübertragung auf einen Zweckverband). Grundlegend für den Erfolg eines Projekts sei dessen steuerliche Einordnung. Fehleinschätzungen zu Beginn könnten unter Umständen zu später kaum korrigierbaren Folgen führen und die Wirtschaftlichkeit des gesamten Projekts belasten.

Der Ausbau des Breitbandnetzes setzt laut Bremer eine sorgfältige Planung voraus. Darüber hinaus sollten im Rahmen des Ausbaus aber insbesondere auch Aspekte der Finanzierung bedacht werden, um den hohen Kostenaufwand abfangen zu können. Die öffentliche Hand könne auf verschiedene Förderprogramme auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene zurückgreifen. Hierzu zählten neben der direkten Förderung (z.B. „Bundesförderprogramm“) auch Zinsvergünstigungsprogramme der Investitionsbanken.

Über „Betreibermodell und Netzverkauf – Bundesförderprogramm, kofinanziert durch den Freistaat Bayern“ informierte Rechtsanwalt Dr. Alexander Ruhrmann (Ruhrmann Rechtsanwälte). Mit Blick darauf, dass ein Auftraggeber ein kommunales passives Netz errichtet und es auf Pachtbasis einem Betreiber überlässt, wies Ruhrmann darauf hin, „dass am Ende der Pachtzeit die Ausschreibung einer längeren Laufzeit des Vertrages von zum Beispiel 15 bis 20 Jahren möglich und aufgrund der hohen Summen üblich ist“.

Verlängerungsoptionen über diesen Zeitrahmen hinaus könnten sowohl zu Gunsten der Kommune, als auch zu Gunsten der Betreiber vereinbart werden, sofern die Leistungsbeschreibung der Ausschreibung die Laufzeit nicht zwingend fix vorgibt (Mindestanforderungen). Die Kommune kann das passive Netz auch weiterhin dauerhaft dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen, soweit keine vergleichbaren Netze Dritter vorhanden sind. Daraus folgt, dass die Kommune an den Betreiber auf dessen Anfrage bzw. Verlangen das Netz weiterverpachten kann, gegebenenfalls sogar muss (z.B. Nachtrag zum Pachtvertrag mit Laufzeitverlängerung).

Die Kommune kann sich um den Verkauf des Netzes an den Pächter unter Sicherstellung des Open-Access i.S.d. NGA-RR bemühen (Andienung). Bei Einigung über den Kaufpreis hat der Kauf vor erneuter Ausschreibung Vorrang. Scheitern die Verlängerung des Pachtvertrages oder der Verkauf an Pächter, muss die Kommune den Netzbetrieb erneut ausschreiben. Ein Weiterbetrieb durch die Kommune selbst ist ausgeschlossen.

Förderprogramme auf FTTB/H ausrichten

Wie Alfred Rauscher, Geschäftsführer R-KOM und BREKO-Präsidiumsmitglied, hervorhob, sind Glasfasernetze Grundlage und Voraussetzung des digitalen Wandels. Er riet dazu, Förderprogramme auf zukunftsfähige Glasfasernetze (FTTB/H) auszurichten, um den Weg zur Gigabit-Gesellschaft zu ebnen.

Regionale Ausbaustrategien ermöglichten zukunftssichere Investitionen, erklärte Rauscher. Förderprogramme sollten so ausgestaltet werden, dass alle Unternehmen gleichermaßen davon profitieren können. „Regionale Netzbetreiber sind die richtigen Partner von Städten und Kommunen. BREKO-Netzbetreiber werden sich an den Ausschreibungen beteiligen und die Schließung ‚weißer Flecken‘ vorantreiben!“ BUGLAS vertritt über 90 % aller Unternehmen in Deutschland, die FTTB/H-Netze ausbauen, stellte Wolfgang Heer, Geschäftsführer BUGLAS, fest. Für alle, die einen flächendeckenden Glasfaserausbau vor-antreiben wollen (z. B. Telekommunikations- und Diensteanbieter, Ausrüster oder Infrastrukturbesitzer), sei der BUGLAS die bundesweite Allianz, die alle Kompetenzen im Glasfaserausbau bündelt und damit die digitale Zukunft in Deutschland garantiert.

Hohe Bandbreiten sind lebensnotwendig

Nach Heers Worten besteht an FTTB/H als mit Abstand zukunftsfähigster Technologie  kein Zweifel. Hohe Bandbreiten seien „so lebensnotwendig wie fließend Wasser“. Aktuell diskutierte Technologien wie (Super-)Vectoring und G.fast stellten keine Alternativen zum Glasfaserausbau dar, sondern bedingten ihn und setzten auf ihm auf. Als „für den FTTB/H-Ausbau prädestiniert“ bezeichnete der Geschäftsführer Stadtwerke und kommunale Unternehmen. Heer ermunterte die Kongressteilnehmer, die Glasfaser möglichst direkt ins Haus zu verlegen, nicht nur CAPEX (Kapitalkosten), sondern auch OPEX (Betriebskosten) zu betrachten und den Mut zu zukunftsweisenden Entscheidungen aufzubringen.

Intelligente Mikrorohrsysteme für den Netzausbau präsentierte Roland Lederer, Geschäftsführer gabocom. Vor mehr als 40 Jahren hat sich gabocom auf Rohrsysteme für Telekommunikations-Gesellschaften und Netzbetreiber spezialisiert. Heute ist das niederbayerische Unternehmen der führende Hersteller des speed•pipe® Systems, sprich eines Mikrorohrsystems für die Installation von Glasfaserkabeln.
speed•pipe® sind Mikrorohre in höchster Qualität, eingebettet in ein komplettes System. Das System erlaubt einen völlig flexiblen, „low-cost” Roll-out des Glasfasernetzwerks bei allen Ausbausituationen (von FTTN bis zu FTTH und auch im mobilen Kommunikationsnetz).

Die innovative Produktpalette von gabocom umfasst Lederer zufolge drei multikompatible Systemlösungen, die genau auf die Anforderungen verschiedenster Rohrsysteme abgestimmt werden können – von der Verlegung neuer Glasfasernetze bis hin zur Reparatur belegter Kabelkanäle.

Mit Hilfe des speed•pipe® Systems ist es möglich, Kabel für die Telekommunikation schnell und kostengünstig über große Längen einzublasen. Die verschiedenen Rohrvarianten können sowohl für Rohr-in-Rohr als auch für die direkte Erdverlegung eingesetzt werden. Daher sind sie perfekt für den Ausbau der letzten Meile geeignet. Seit der Markteinführung im Jahr 2002 ist dieses Mikrorohrsystem Europas erste Wahl, wenn es um kundengerechte FTTx Lösungen geht. Das patentierte Halbrohr System wurde vor allem für die schnelle gas- und wasserdichte Reparatur beschädigter Kabelrohre entwickelt. Darüber hinaus ist es bestens geeignet, um beispielsweise einzelne speed•pipe® anwenderfreundlich vom System abzuzweigen.

Mit den allgemeinen Formteilen lassen sich neue und bestehende Rohrnetze je nach Anwendungsfall sand- oder gas- und wasserdicht verschließen. Die anwenderfreundliche Handhabung ermöglicht eine zeit- und kostensparende Montage.

Eine Diskussionsrunde mit Pottensteins Bürgermeister Stefan Frühbeißer, Martin Leybold (Lemka GmbH), Ulf Bauer (Breitbandbüro des Bundes), Alfred Rauscher (BREKO) und Peter Reisinger (M-net) eröffnete abschließend die Möglichkeit, Details zum Tagungsthema zu erörtern. Moderiert wurde der informative Meinungsaustausch von Marc Hankmann.

DK

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