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(GZ-21-2019)
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► Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler in Bayern:

 

Paradebeispiele für öffentliche Verschwendung

 

Horrende Kosten für eine provisorische Abschiebehaftanstalt, eine Brücke für Haselmäuse, die von den Tierchen möglicherweise gemieden wird und ein fragwürdiger Pilotversuch in München mit Kunststoff-Sitzmöbeln: Bei der Vorlage des Schwarzbuchs 2019 in München beklagte der Bund der Steuerzahler in Bayern erneut zahlreiche Fälle von Steuergeldverschwendung im Freistaat.

Bayerns Steuerzahlerpräsident Rolf von Hohenhau und Vizepräsidentin Maria Ritch werfen der öffentlichen Hand vor, Projekte oft anfangs zu billig zu planen und die Bauzeiten nicht im Griff zu haben. Was länger dauert, koste in aller Regel mehr, so die Verbandschefs. Insgesamt listet der Bund der Steuerzahler in Bayern wieder Verschwendung in dreistelliger Millionenhöhe auf.

Ein Dauerbrenner in den Schwarzbüchern des Bundes der Steuerzahler ist das Projekt „Zweistöckige Straßenbahnunterführung am Augsburger Hauptbahnhof“. Bereits in der Planungsphase sind die Kosten von Jahr zu Jahr gestiegen. Dies setzt sich auch während der Bauausführung fort. Als der Straßenbahntunnel 2009 erstmals in dem Buch auftauchte, wurde eine Kostensteigerung von 70 auf 95 Millionen Euro angeprangert. Inzwischen gehen die Verantwortlichen von Ausgaben in Höhe von etwa einer viertel Milliarde Euro aus. Der Bund der Steuerzahler befürchtet, dass am Ende mehr als 300 Mio. Euro im Tunnel verschwunden sein werden.

Teures Jahrhundertprojekt

Kräftig nachschlagen müssen Bund und Freistaat auch beim weltweit bedeutenden Deutschen Museum in München. Die Kosten für die Generalsanierung des Technikmuseums stiegen seit 2011 von 400 Millionen Euro auf voraussichtlich 595 Millionen Euro. Zwar räumt der Landesverband des Steuerzahlerbundes ein, dass es sich um ein „Jahrhundertprojekt“ handle, bei dem immer Unvorhergesehenes passieren könne. Jedoch werfe eine derartig hohe Kostensteigerung Fragen zum Risikomanagement auf. „Bleibt nur zu hoffen, dass das gesamte Museumshaus wie geplant zu seinem 100. Geburtstag im Jahr 2025 wiedereröffnet werden kann – vollständig saniert mit neuen Ausstellungen und im Sinne der Steuerzahler ohne weitere Kostensteigerungen“, meint der BdS.

Weiterhin aus dem Ruder laufen die Kosten für den Erweiterungsbau des NS-Dokumentationszentrums auf dem Obersalzberg. Statt ursprünglich geschätzten 14,6 Mio. Euro wird die Erweiterung der Dokumentationsstelle nunmehr rund 30 Mio. Euro erfordern. Das ist mehr als doppelt so viel wie angenommen. Grund für die Verteuerung seien unter anderem die Lüftungstechnik, der Brandschutz und die komplizierte Lage im Gebirge.

Bei der Sanierung und Erweiterung ihrer Inselhalle sind auch der Stadt Lindau die Kosten davongelaufen. Die Ausgaben für das anspruchsvolle Projekt stiegen von rund 35 Mio. Euro auf ca. 45,4 Mio. Euro.

Kritik übt der Bund der Steuerzahler zudem an dem geplanten Umzug des Staatsarchivs von Würzburg nach Kitzingen. Zwar sei es ein hehres Ziel, durch
solche Behördenverlagerungen ländliche und strukturschwache Gebiete zu fördern, heißt es im Schwarzbuch. Doch aus Sicht der Steuerzahler stelle sich die Frage, „ob die erhofften positiven Effekte noch im Verhältnis zu den Kosten von weit mehr als 50 Millionen Euro stehen, wenn gerade einmal ca. 20 Arbeitsplätze durch die Ansiedlung des Staatsarchivs in Kitzingen neu geschaffen werden sollen“.

Ein weiterer Fall: Um eine Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern zügig durchzuführen, hat die Bayerische Staatsregierung eine Abschiebungshafteinrichtung am Flughafen München temporär angemietet. Die monatliche Warmmiete beträgt 425.000 Euro. „Am Ende dürfen wieder einmal die Steuerzahler für die Kosten von insgesamt rund 6,8 Mio. Euro für die Unterbringung von ausreisepflichtigen Asylbewerbern im Zeitraum von 16. August 2018 bis 31. Dezember 2019 in der Abschiebungshafteinrichtung am Münchner Flughafen geradestehen“, kritisiert der BdS und fragt: „Warum wurde nicht gleich nach einer günstigeren Lösung gesucht?“

Für fragwürdig hält der Bund der Steuerzahler in Bayern auch einen Pilotversuch in München, wo heuer zeitweise an zwei Orten 29 Autostellplätze beispielsweise mit Kunststoff-Sitzmöbeln zu Aufenthaltsräumen für Fußgänger umgewandelt wurden. Für das Projekt „Summer Streets“ habe die Landeshauptstadt immerhin 160.000 Euro ausgegeben.

Vorsicht bei Grundstückskäufen!

Blick in den Landkreis Ebersberg: Dieser erwarb ein 26 Jahre altes Sparkassengebäude für rund 12 Mio. Euro, um dort Teile des Landratsamtes unterbringen zu können. Doch die Sanierung des Gebäudes wird deutlich teurer als ursprünglich erwartet.

Die prognostizierten Umbaukosten stiegen von zunächst angedachten 3,3 Mio. Euro auf ca. 15 Mio. Euro. „Selbst wenn es dem Landkreis Ebersberg gelingen sollte, das alte Sparkassengebäude ohne Verlust ‚an den Mann zu bringen‘, fehlen derzeit immer noch die dringend benötigten Büroflächen für die Mitarbeiter der Landkreisverwaltung, so der BdS. „Hoffentlich hat der Landkreis Ebersberg aus dem Kauf seine Lehre gezogen und lässt künftig vor Grundstückskäufen mehr Vorsicht walten!“

Beispiel Nagerbrücke: Um den künftigen Lebensraum von Haselmäusen zu sichern, wurde für rund 93.000 Euro eine Querungshilfe über die neue Ortsumgehung von Vilshofen a. d. Donau geschaffen. Bislang ist allerdings unklar, ob das Geld für die 20 Meter lange und 7 Meter hohe Stahlkonstruktion sinnvoll angelegt ist. Das Staatliche Bauamt in Passau hat deswegen angekündigt, dass die Nutzung der Nagerbrücke nun durch ein Monitoring erforscht werden soll.

DK

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