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(GZ-14-2019)
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► Finanzminister Füracker im Münchner Presseclub:

 

„Steuer zahlen muss Spaß machen!“

 

Nach dem Regierungschef ist Finanzminister Albert Füracker als Herr der Kassen zwar der mächtigste Politiker im Freistaat, doch er scheut den lauten Auftritt. Dabei kann sich das Ergebnis seiner Arbeit sehen lassen: Knapp 125 Milliarden schwer ist sein erster Doppelhaushalt mit dem auch teure Wahlversprechen der Koalitionsparteien finanziert werden können. Im Presseclub diskutierte Füracker mit dem Vorsitzenden Peter Schmalz unter anderem über die Reform der Grundsteuer, das Versagen der EU, die Zukunft der Landesbank und den Vorwurf an die Kommunen mit der Ausweisung von Gewerbeflächen nur Geld machen zu wollen.

„Als Finanzminister bin ich immer in einem Spannungsfeld: die einen klagen, wir investieren zu wenig, die anderen kritisieren, wir geben zu viel Geld aus.“ Trotz der Kritik an der Haushaltsführung des Freistaats, sieht Finanzminister Albert Füracker sein Land für die Zukunft gut gerüstet. „Wir haben beim Doppelhaushalt 2019/20 klare Schwerpunkte gesetzt: Familienpolitik, Pflege und Forschung und Entwicklung. So schaffen wir mit dem Haushalt 4.300 neue Stellen, davon 2.200 an den Schulen und 1.000 bei der Polizei.“ Insgesamt sieht der Doppelhaushalt 2019/20 Gesamtausgaben in Höhe von 124,7 Milliarden Euro vor. Das entspricht einem durchschnittlichen Zuwachs von 4,5 Prozent pro Jahr.

Ein Grund für das neue Rekordhoch sei, dass die Koalition eine Fülle von Wahlversprechen aus dem Landtagswahlkampf 2018 mit finanzieren müsse, rechtfertigte sich Füracker. Beispielsweise schlagen die neuen Sozialleistungen wie das Familien- und das Pflegegeld, das Baukindergeld und die Ausweitung der Beitragsfreiheit für den Kita-Besuch mit rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu Buche.

Größter Einzelposten des Haushalts sind dabei die Finanzzuweisungen des Freistaats an seine Kommunen. Sie steigen 2019 auf 9,6 und 2020 auf knapp 10 Milliarden Euro. „Noch nie hat der Freistaat seinen Kommunen so viel Geld gegeben wie jetzt“, sagte Füracker. Der Anteil der Kommunen steigt am Gesamtsteueraufkommen 2020 dank des Wegfalls der Gewerbesteuerumlage im Rahmen des Länderfinanzausgleichs von 12,75 auf 15 Prozent – eine einstige Forderung der Freien Wähler.

Füracker plant Einfach-Grundsteuermodell

Die geplante Kompromissregelung zur Reform der Grundsteuer der Großen Koalition begrüßte Füracker. Wie die Steuer künftig genau berechnet wird, ist zwar noch nicht bekannt. Aber die Länder sollen neue Rechte bei der Berechnung bekommen, denn die Einigung beinhaltet eine Öffnungsklausel für die Länder.

Die Grundsteuer fließt den Kommunen zu, die so jährlich rund 14 Milliarden Euro einnehmen. Befürchtet wird, dass Öffnungsklauseln zu einem bundesweiten Flickenteppich bei der Grundsteuer führen könnten. Eine solche Klausel erlaubt den Ländern aber, von den eigentlich vereinbarten Regelungen zur Berechnung der Grundsteuer individuell abzuweichen. Die Abweichungen sollen aber keinen Einfluss auf den Finanzausgleich unter den Ländern haben. Für Bayern werde ein „unbürokratisches Einfach-Grundsteuermodell“ gelten, kündigte Füracker an. Das heißt: die Steuer soll anhand der Grundstücksfläche berechnet werden.

Der Wert des Grundstücks wird keine Rolle spielen. Dadurch wird es unerheblich, ob es sich um ein Grundstück in teureren Stadtgebieten oder auf dem Land handelt. „Das Modell des Bundesfinanzministers zur Reform der Grundsteuer ist viel zu kompliziert und unglaublich bürokratisch, weil die Bodenrichtwerte grundlegendes Element sein sollen. Alleine in Bayern würden wir zur Umsetzung der neuen Grundsteuer etwa 2.500 Steuerbeamte zusätzlich benötigen, da sechs Millionen Objekte neu bewertet werden müssten. Das Gesetz hätte zudem alle sieben Jahre eine Steuererhöhung bedeutet“, kritisierte Füracker.

Noch vor der Sommerpause soll der Gesetzentwurf in den Bundestag kommen, um noch in diesem Jahr in Kraft treten zu können. „Ich bekomme bereits Anfragen der anderen Finanzminister der Länder. Sie planen unser Modell zu übernehmen. Wir wollen, dass die Grundsteuer auf möglichst wenigen Kriterien beruht, damit sie sowohl für die Bürger und Unternehmer als auch für die Verwaltung einfach administrierbar ist.

Sie soll deshalb ausschließlich nach physikalischen Größen, wie Grundstücksgröße und Wohn- bzw. Nutzfläche, ermittelt werden. Diese Größen sind nicht streit-
anfällig und vermeiden in Zeiten steigender Immobilienpreise eine Steuererhöhung durch die Hintertür“, erklärte der Minister.

Sorgen um die EU

Das Ringen in Brüssel um den Posten des neuen EU-Kommissionspräsidenten bewertete der Finanzminister als extrem enttäuschend. „Vor der Wahl herrschte in der Bevölkerung eine wahre Europabegeisterung. Jetzt mache ich mir Sorgen darüber, dass das Europa, das wir uns wünschen, derzeit demokratisch erschüttert wird. Was aktuell in Brüssel passiert, ist Wahnsinn.

Alle negativen Klischees sind durch das Gezerre bestätigt worden. Anstatt zu sagen: Die EVP war die stärkste Partei und Manfred Weber ihr Spitzenkandidat. Demokratietechnisch hätte das zum Erfolg führen müssen. Zudem verstärken die wochenlangen Diskussionen den Eindruck bei den Menschen, den Politikern gehe es nur um Ämter“, bedauerte Füracker. Wie Manfred Weber mit der Situation aktuell umgehe, bezeichnete sein CSU-Kollege als „honorig“.

Keine Super-Bank

Die Bayerische Landesbank hat den Steuerzahler viel Geld gekostet. Jetzt geht es ihr wieder gut. Es gab 2018 einen Gewinn vor Steuern von fast 900 Millionen Euro und erstmals wieder eine Dividende: 175 Millionen Euro bekommen die beiden Eigentümer, zu 75 Prozent der Freistaat Bayern, zu 25 Prozent Bayerns Sparkassen. Doch wie geht es jetzt weiter? Der deutsche Sparkassenpräsident Helmut Schleweis würde aus den noch fünf Landesbanken am liebsten ein einziges schlagkräftiges Zentralinstitut formen.

Der wichtigste Entscheider auf Seiten des Freistaats in dieser Sache ist Füracker, dessen Ressort für die Beteiligungen des Landes zuständig ist. Füracker steht der Super-Landesbank allerdings „mit größerer Skepsis gegenüber“, sagte er. Die Frage für ihn ist, ob sich das Geschäftsmodell dadurch verbessere, dass aus mehreren Landesbanken eine einzige wird. „Man wird nicht allein deswegen erfolgreich, weil man fusioniert“, sagte er. Es gehe darum, ein tragfähiges Modell angesichts der niedrigen Zinsen, zunehmender Digitalisierung, hoher regulatorischer Anforderungen und geopolitischer Risiken zu finden.

In Bayern werden bisher rund zwölf Prozent der Gesamtfläche für Siedlung und Verkehr genutzt. Das ist weniger als im Bundesdurchschnitt (13,8 Prozent) und weniger als in allen anderen westdeutschen Flächenländern. Nordrhein-Westfalen etwa ist mit 22,9 Prozent fast doppelt so stark verbaut. Trotzdem wird das Thema Flächenverbrauch im Freistaat viel leidenschaftlicher diskutiert als in anderen Bundesländern. Die Gewerbesteuer und die Konkurrenz um Unternehmensansiedlungen befeuern dabei den Flächenverbrauch enorm.

Wohnen braucht Fläche

Doch während in der aktuellen Debatte um den Flächenverbrauch fast immer Gewerbegebiete im Mittelpunkt stehen, wird eine andere Ursache kaum diskutiert: die Fläche, die wir bewohnen. Allein im Zeitraum 2014 bis 2016 ist in Bayern doppelt so viel Fläche für Wohnen wie für Gewerbe verbaut worden (Quelle: BR Data).

„Der Aufschrei nach mehr Unternehmensansiedlungen und qualifizierten Arbeitsplätzen im ländlichen Raum ist groß. Allein im vergangenen Jahr hat die Bevölkerung in Bayern um 80.000 Menschen zugenommen. Dass damit der Flächenverbrauch steigt, ist natürlich. Gemeinden vorzuwerfen, sie weisen Gewerbeflächen nur wegen höherer Einnahmen aus, halte ich für falsch“, sagte Füracker. Er plädierte hingegen dafür, dass noch mehr Firmen sich außerhalb der Städte ansiedeln würden.

„Wichtig dabei ist, dass wir Kommunen nicht nur Anreize geben Gewerbegebiete auszuweisen, sondern wir müssen auch erreichen, dass sich die Menschen in der Nähe ihrer Arbeitsplätze ansiedeln.“ Solange Gewerbegebiete nicht bebaut seien, werden sie seiner Meinung nach zudem bewirtschaftet, auch wenn sie ausgewiesen sind.

„Delle ist möglich“

Wie sieht der Finanzminister der Zukunft entgegen? „Nach zehn Jahren Prosperität ist sicher mal eine Delle möglich. Aber für mich entscheidend ist: Wir machen weiter keine neuen Schulden, bauen alte Schulden konsequent ab und halten ausreichende Reserven vor. Seit 2012 haben wir alte Schulden in Höhe von rund 5,6 Milliarden Euro zurückgeführt. Für Ende 2020 sind 5 bis 6 Milliarden Euro Rücklagen prognostiziert. Jetzt müssen wir im Nachtragshaushalt noch rund 50 Millionen Euro für den Artenschutz festlegen.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern hat sich unser Haushalt damit positiv entwickelt.“ Auf die Frage, wie er den Neid der Finanzminister der anderen Länder ertrage, antwortete Füracker, da sei kein Neid, aber er sei besorgt. „Wir reden über den Osten, die Kohleausstiegsländer und bei den Bayern heißt es:

Denen geht’s ja wunderbar, die können zahlen! Da brauchen wir gesundes bayerisches Selbstbewusstsein, um zu zeigen, dass nichts von allein komme.“ Und mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: „Ihr könnt euch sicher sein: Ich passe auf eure Gelder auf. Steuern zahlen muss im Freistaat Spaß machen!“

Anja Schuchardt

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