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(GZ-8-2019)
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► ORH-Jahresbericht 2019:

 

Aufruf zu strikter Ausgabendisziplin

 

Auch für das Haushaltsjahr 2017 bestätigt der Bayerische Oberste Rechnungshof der Staatsregierung eine insgesamt geordnete Haushalts- und Wirtschaftsführung. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: In der mittelfristigen Finanzplanung 2017 bis 2021 war noch ein Schuldenabbau von jeweils 1 Milliarde Euro für 2019 und 2020 eingeplant. Der neue Haushaltsentwurf sieht für 2019 dagegen nur eine Schuldentilgung von 250 Millionen Euro und für 2020 eine von 750 Millionen Euro vor. Auch die Begrenzung der Ausgabensteigerung bleibt laut ORH hinter dem zurück, was für die Haushalte seit 2015 unverändert Maßstab ist.

ORH-Präsident Christoph Hillenbrand erinnerte bei der Vorstellung des Jahresberichts 2019 „an die unverändert aktuellen Ziele einer nachhaltigen Finanzpolitik, wie sie die Staatsregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie formuliert hat“.

Zwar habe die Staatsregierung seit 2012 mit einer um 5,6 Milliarden Euro verringerten Verschuldung schon einiges erreicht; allerdings sei der nun geplante Schuldenabbau deutlich geringer, als noch in der mittelfristigen Finanzplanung 2017 bis 2021 vorgesehen.

Damit werde der finanzielle Spielraum, den die Staatsregierung aufgrund der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen gewinnt, nicht für den Schuldenabbau genutzt – so wie es die Staatsregierung wiederholt erklärt und beabsichtigt hatte. Hillenbrand: „Damit erfordert das gesetzlich verankerte Ziel ‚Schuldenabbau 2030‘ jede Ambition.“

Die Staatsregierung plant beim Haushaltsentwurf für 2019/2020 laut Hillenbrand mit Ausgaben, die – ohne Länderfinanzausgleich – 2019 um 6,1 % und 2020 dann um weitere 3,0 % steigen.

Der ORH erkennt den positiven Ansatz, höhere Ausgaben für Investitionen vorzusehen. Der weitaus größte Teil der Mehrausgaben dient aber neuen konsumtiven und zudem dauerhaft verpflichtenden Ausgaben. Insgesamt empfiehlt der Rechnungshof weiter eine strikte Ausgabendisziplin, wie sie die Staatsregierung beschlossen hat. Er erinnert an die 2014 erklärte Absicht, die Ausgabensteigerung auf 3 % pro Jahr zu begrenzen.

22 Prüfungsergebnisse

Mit dem aktuellen Jahresbericht hat der ORH unter anderem 22 Prüfungsergebnisse vorgelegt. Mit diesen wird sich der Landtag im Einzelnen beschäftigen und dazu ggf. beschließen, welche Maßnahmen die Staatsregierung einleiten soll.

Zahlreiche Mängel hat der Rechnungshof bei der Verwaltung der Grundstücke festgestellt, die der Freistaat geerbt hat. Unterm Strich zahle der Steuerzahler die Zeche, wenn der Staat bei einem Verkauf von Nachlassimmobilien weniger einnimmt, weil er nichts unternommen hat, um deren Wert zu erhalten, kritisiert der ORH.

Zu wenig Geld für Straßen

Ein weiteres Beispiel in der Mängelliste: Bayern nimmt für die Erhaltung seiner Staatsstraßen und Brücken zu wenig Geld in die Hand. Allein bei den Staatsstraßen ist ein Nachholbedarf von über 2,1 Milliarden Euro aufgelaufen.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau von Staatsstraßen werden häufig Leitungen neu verlegt oder geändert. In vielen Fällen habe es die Bauverwaltung versäumt, die Unternehmen an den Kosten der Baumaßnahmen zu beteiligen.

Häufig machte sie Kosten sogar dann nicht geltend, wenn dies vertraglich vereinbart war. Der ORH weist darauf hin, dass rechtzeitig vor Baubeginn die erforderlichen Verträge abzuschließen bzw. Bescheide zu erlassen sowie die Kostenanteile der Unternehmen vollständig und zeitnah einzufordern sind. Dies sollte das Bauministerium aufsichtlich durchsetzen.

Ärger beim SPNV

Stichwort Schienennahverkehr: Für die Nutzung der Schienentrassen und Bahnhöfe zahlt Bayern an die Infrastrukturbetreiber jährlich rund 700 Millionen Euro aus Regionalisierungsmitteln, die dem Freistaat zustehen. 2016 zerrten allerdings täglich rund 450 Störungen im Schienenpersonennahverkehr an den Nerven der Fahrgäste.

Deswegen erinnert der Rechnungshof deutlich daran, dass der Schienennahverkehrsplan trotz gesetzlicher Verpflichtung seit 14 Jahren nicht fortgeschrieben wurde. Schließlich sei dabei auch eine Analyse festgestellter Schwachstellen und Vorschläge für deren Beseitigung vorzunehmen.

Bereits 2009 hat der ORH eine Neustrukturierung der Körperschaftsteuerstellen gefordert. Er empfiehlt erneut, die Körperschaftsteuerstellen stärker zu bündeln. Durch gezielten Einsatz von Risikomanagementsystemen sowie verbesserte organisatorische und IT-technische Rahmenbedingungen ließe sich der Personalbedarf deutlich reduzieren. Der Einsatz dieses Personals etwa bei der Betriebsprüfung ließe ein erhebliches steuerliches Mehrergebnis erwarten.

Finanzämter erkennen und prüfen bedeutende Erbschaftsteuer-Fälle im Zusammenhang mit dem Vererben oder der Schenkung von Grundbesitz zu selten, bemängelt der Rechnungshof. Außerdem würden die dabei erforderlichen Grundstücksbewertungen unzureichend geprüft.

Gerade bei Grundstücken mit höheren Werten gab es laut ORH erhebliche Mängel bei der Sachbearbeitung, insbesondere eine ungenügende Sachverhaltsaufklärung. Dem Freistaat entgingen damit Steuergelder.

Dokumentation von Förderprogrammen

Ein weiterer Kritikpunkt: 2009 bis 2015 gab das Ministerium für die Abwicklung von Förderprogrammen durch Dritte (Projektträger) 29,5 Mio. Euro aus, ohne Untersuchungen unter Einbeziehung verwaltungsinterner Lösungen zu dokumentieren.

Der ORH empfiehlt, die Ausgaben für Projektträgerleistungen in den Erläuterungen im Haushaltsplan offenzulegen. Bei neuen oder fortgesetzten Förderprogrammen sei dokumentiert darzulegen, ob die Förderung innerhalb oder außerhalb der Verwaltung besser und wirtschaftlicher abgewickelt werden kann.

Stichwort Vollzug des Unterhaltsvorschussgesetzes: Bleibt ein Elternteil seinen Kindesunterhalt schuldig, springt letztlich der Staat ein. Dass die Jungendämter versuchen, den Unterhalt vom säumigen Elternteil zurückzubekommen, ist aus Sicht des Rechnungshofs nur recht und billig.

Dies werde freilich unwirtschaftlich, wenn der Rückgriff zum Teil Jahrzehnte dauert, etwa weil Jugendämter minimale Ratenzahlungen akzeptieren; besser wäre es, wenn sich das Personal, das wegen jüngst deutlich gestiegener Fallzahlen überaus gefordert ist, auf erfolgsversprechende Rückgriffsfälle fokussieren würde; empfiehlt der ORH.

Für die Förderung der Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum gibt es bisher kein Patentrezept, hat der Rechnungshof festgestellt. 95 % der damit bis Ende 2015 geförderten Ärzte hätten sich in Gebieten niedergelassen, in denen kein Arztmangel herrschte. Soll die Niederlassungsförderung eine höhere Wirkung zeigen, müsse dringend nachgesteuert werden.

Füracker: Solider Dreiklang

„Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2019 die Ordnungsmäßigkeit der Bayerischen Finanzen erneut bestätigt und kommt zu einem positiven Gesamtergebnis“, betonte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker.

„Unser Politikansatz ist und bleibt ein Dreiklang: solider Haushalt, zukunftsgerichtete Investitionen und gut angelegte Sozialpolitik. Hier ist der Bericht des ORH in Teilen leider sehr einseitig.“

Bayern schiebe die drängenden Fragen unserer Zeit nicht auf die lange Bank. „Wir stellen uns den demographischen Herausforderungen und lassen niemanden im Regen stehen. Lieber eine kluge und maßvolle Unterstützung jetzt, als in einigen Jahren vor den Scherben einer verfehlten Politik zu stehen“, so der Minister.

Familienmilliarde

Mit der Familienmilliarde unterstütze der Freistaat die Bürgerinnen und Bürger vom Kindergarten bis ins hohe Alter hinein und setze ein aktives Zeichen für Generationengerechtigkeit: Junge Familien könnten vom Familiengeld und günstigeren Kindergartenbeiträgen profitieren.

Auch wer der Pflege bedarf, werde nicht allein gelassen, sondern bekomme in Form des Bayerischen Pflegegeldes eine sichtbare Unterstützung für sich oder seine pflegenden Angehörigen. „Wir lassen nicht zu, dass man Leuten, die wirklich Unterstützung benötigen, auch noch diese Anerkennung nimmt. Ich kann nicht verstehen, dass der ORH verlangt, dieses Geld nur in Beton und Straßen zu investieren“, erklärte Füracker.

Investitionen steigen weiter

Parallel dazu werden die Investitionen – trotz der hohen Basis – auch in den kommenden Jahren weiter steigen. „Wir planen Rekordinvestitionen – in 2019 und 2020 nochmals eine Steigerung um jeweils 1 Mrd. Euro auf dann insgesamt rund 17 Mrd. Euro und damit eine Investitionsquote von 13,7 %. So gestalten wir die Zukunft. Investitionen von heute sind die Steuereinnahmen von morgen.“ Die konstant hohen Investitionen würden auch vom Rechnungshof wieder positiv bewertet.

„Richtig ist: Der Rechnungshof hat erneut bescheinigt, dass der Freistaat im Haushaltsvollzug 2017 bei den wichtigsten Eckdaten wieder Bestwerte aufweist – die Investitionsquote lag bei 10,4 %, die Zinsausgabenquote bei lediglich 1,3 %“, bemerkte der Minister.

„Wir haushalten solide, scheuen uns aber nicht, die wichtigen Herausforderungen auch anzugehen. Wir haben bewusste Zukunftsentscheidungen für zielgerichtete und nachhaltige Investitionen und gut angelegte Sozialleistungen getroffen. Dass bei einem stark wachsenden Bayern auch der Haushalt entsprechend wächst, ist eine logische Folge.“

DK

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