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(GZ-23-2018)
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► KPV-Bundesversammlung und Kongress-kommunal in Koblenz:

 

Freiräume für passgenaue Lösungen!

 

Rund 500 Delegierte und Gäste diskutierten während der KPV-Bundesversammlung in Koblenz über Digitalisierung, Energie- und Finanzpolitik sowie gleichwertige Lebensverhältnisse, kommunale Entwicklungszusammenarbeit und Mobilität. Neben Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, MdB, nahmen u.a. die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner sowie NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, MdL, und Manfred Weber, MdEP, EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl 2019 und stellvertretender CSU-Vorsitzender, an der Versammlung teil, die auch im Zeichen des 70-jährigen Jubiläum der KPV stand.

 
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gemeinsam mit KPV-Bundesvorsitzenden Christian Haase, MdB (4.v.r.) sowie stv. Bundesvorsitzenden Landrat Dr. Ulrich Reuter (l.) und dem bayerischen KPV-Landesvorsitzenden Landrat Stefan Rößle (r.). Bild: Bernhardt Link
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gemeinsam mit KPV-Bundesvorsitzenden Christian Haase, MdB (4.v.r.) sowie stv. Bundesvorsitzenden Landrat Dr. Ulrich Reuter (l.) und dem bayerischen KPV-Landesvorsitzenden Landrat Stefan Rößle (r.). Bild: Bernhardt Link

Bereits im Vorfeld hatte CDU-Vorsitzende Angela Merkel ihre Glückwünsche überbracht: „Ich gratuliere der Kommunalpolitischen Vereinigung im Namen der gesamten CDU Deutschlands und persönlich zu ihrem 70. Geburtstag. Seit 1948 ist sie die starke Stimme der Kommunalpolitik in Deutschland. Ihre Mitglieder sorgen nicht nur dafür, dass unser Föderalismus verlässlich ist, sondern arbeiten vor allem mit viel Einsatz dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger in unseren Städten und Dörfern gut und gerne leben. Ich wünsche der KPV und ihren Mitgliedern alles Gute und Gottes Segen für die Zukunft.“

70 Jahre KPV

Zum 70-jährigen KPV-Jubiläum machten sich die Kommunalen in der CDU und CSU selbst ein Geburtstagsgeschenk und finanzieren aus Spenden den Bau einer Schule in Äthiopien. Die Koordination liegt bei der Stiftung Fly&Help.

Gleichwertige Lebensverhältnisse

Mit Blick auf die wichtige Arbeit der Regierungskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ hatte der Bundesvorsitzende der KPV und Kommunalpolitische Sprecher
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase, MdB, eingangs erklärt: „Die Einsetzung der Kommission war notwendig und ist ein wichtiges Puzzleteil im Gefüge. Aber jetzt muss auch geliefert werden. Im Jahr 2019 stehen neben den Europawahlen auch in zehn
Bundesländern Kommunalwahlen an. Damit diese ein Erfolg werden, muss die Bundesregierung jetzt Handlungsfähigkeit beweisen. Konkrete Ergebnisse sind gefragt!“

Im Anschluss fassten die Delegierten einen Beschluss zur Forderung nach Dezentralisierung. Sie verwiesen darauf, dass Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker auch finanziellen Gestaltungsfreiraum benötigen, um vor Ort passgenaue Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Jede Kommune in Deutschland müsse die gleichen Chancen erhalten, um für die Menschen die besten Möglichkeiten zu entwickeln. Gute Lebensverhältnisse für die Menschen zu schaffen, sei die originäre Aufgabe der Kommunen in ihrer Allzuständigkeit. Im Sinne der Subsidiarität hätten Bund und Länder die Aufgabe, die Kommunen zu ertüchtigen.

Reform der Grundsteuer

Beschlossen wurde auch das Papier „Reform der Grundsteuer jetzt!“. Darin fordert die KPV die Bundesregierung und alle Länder auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, damit die Grundsteuer auch künftig als mit kommunalem Hebesatz versehene Abgabe erhoben werden kann. Dabei ist durch Kombination von Faktoren über Größe, Nutzungsart und Lage sicherzustellen, dass die Erhebung in einem einfachen elektronischem Verfahren erfolgen werden kann und gewährleistet wird, dass das Erhebungsverfahren einfach zu handhaben ist und ohne großen Aufwand aktuell der Entwicklung anzupassen ist.

Dazu KPV-Bundesvorsitzender Haase: „Die Grundsteuer ist für die Kommunen unverzichtbar und mit einem Aufkommen von rund 13 Milliarden Euro insgesamt eine erhebliche Einnahmequelle. Eine einvernehmliche Einigung der 16 Bundesländer auf eine Neuordnung der Bemessungsgrundlagen ist bislang nicht erfolgt. Aber die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuer hat akuten Handlungsbedarf ausgelöst.

Die Grundsteuer ist eine unverzichtbare Einnahmequelle der Kommunen. Sie ist auch die einzige direkte Verbindung der Kommune zu ihren Einwohnern, weil die Grundsteuer über die Mietverträge als Nebenkosten praktisch 1:1 vom Eigentümer/Vermieter an die Mieter weitergegeben wird. Bei den Selbstnutzern ihres Eigentumes tritt diese Wirkung direkt ein. Deshalb hat diese Steuer neben der Fiskalfunktion eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion. Sie vermittelt den Einwohnern direkt die Verbindung zwischen Forderungen an die Gemeinschaft und Finanzierung deren Kosten.“

Weitere Entlastung der Kommunen

In einem weiteren Beschluss zur Umsatzsteuer heißt es: „Die KPV begrüßt, dass der Bund die Kommunen im Jahr 2019 weiter entlastet. Aufgrund der vollständigen Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) für anerkannte Asyl- und Schutzberechtigte erhöht sich der Bundesanteil. Um eine Bundesauftragsverwaltung zu vermeiden, sieht das Entlastungspaket (5 Mrd. Euro) vor, dass die KdU-Beteiligung des Bundes um 1 Mrd. Euro reduziert und der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer um 1 Mrd. Euro erhöht wird.

Daran darf nicht gerüttelt werden. Wir begrüßen eine bessere horizontale Verteilung beim gemeindlichen Umsatzsteueranteil. Dies ist ein sinnvoller dauerhafter unmittelbarer Transferweg zwischen Bund und Kommunen.“ Zudem lehnt die Bundes-KPV „eine Verlängerung oder gar eine Neueinführung einer erhöhten Gewerbesteuerumlage oder einer vergleichbaren Zahllast“ nachdrücklich ab. „Wir wenden uns auch gegen jedwede Aufrechnung zum Nachteil der Kommunen.“

Stärkung des Bundesfreiwilligendienstes

Darüber hinaus begrüßt die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands die Debatte um eine allgemeine Dienstpflicht, die Rücknahme der Wehrpflichtaussetzung und die Stärkung des Bundesfreiwilligendienstes. „Wir setzen uns dafür ein, den Gemeinsinn durch einen Dienst für die Gesellschaft zu stärken. Wir wollen dabei die Frage der gesellschaftlichen Verantwortung des Einzelnen wieder in den Mittelpunkt rücken.“

Orientierung an den Bedürfnissen der Menschen

Wie einem weiteren Beschluss zu entnehmen ist, muss die Gestaltung der Digitalisierung dem Menschen dienen und die Transformation sich in allen Lebensbereichen an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. „Wichtig ist es, sich auf Veränderungen einzustellen, die Eigenverantwortung zu stärken, Kreativität zu fördern und die Vernetzung untereinander herzustellen. Hier ist Politik auf allen Ebenen dauerhaft gefordert. Wir wollen aus kommunaler Sicht Anstöße dazu geben und Kommune ins digitale Zeitalter übersetzen.“

Keine neuen Aufgaben ohne gesicherte Finanzierung

Im Verbot des Bundesdurchgriffs auf die Kommunen sieht die KPV schließlich den schärfsten Schutz vor der Übertragung neuer Aufgaben ohne ausreichende Finanzierung. Die Änderung des Grundgesetzes Art. 104c, mit der alle Kommunen von Investitionen des Bundes profitieren, ist aus Sicht der Kommunalvereinigung nur der zweitbeste Weg, um Bildungsinfrastruktur vor Ort zu fördern. Für die KPV wäre ein Staatsvertrag mit klaren Verpflichtungen der Länder, Mittel des Bundes an die Kommunen 1:1 weiterzuleiten, der bessere Weg. In jedem Falle müsse es ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Bund und Ländern geben und sichergestellt werden, dass Bundesmittel nicht einfach Landesprogramme ersetzen, sondern zusätzlich in die Bildungsinfrastruktur investiert wird.

„Falls der Bund finanzielle Mittel den Kommunen bereitstellen möchte, kann er über den kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer zielgenau die Kommunen stärken und mit den Ländern (als Kommunalaufsicht) die Verwendung der Mittel sicher vereinbaren“, heißt es abschließend.

DK

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