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(GZ-12-2018)
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► 30 Jahre Bayerische Akademie Ländlicher Raum:

 

Kritisch-konstruktiver Partner

Heimatminister Albert Füracker hat der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum zum 30-jährigen Jubiläum gratuliert. Bei einem Festakt in München wies er darauf hin, „dass wir nicht nur drei Jahrzehnte Einsatz der Akademie für Bayern und seine ländlichen Räume feiern“. Im Mittelpunkt stehe insbesondere auch die Bedeutung, die der ländliche Raum und dessen Entwicklung für die Bayerische Staatsregierung hat und die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Akademie und Staatsregierung“.

Heimatminister Albert Füracker hat der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum zum 30-jährigen Jubiläum gratuliert. Bei einem Festakt in München wies er darauf hin, „dass wir nicht nur drei Jahrzehnte Einsatz der Akademie für Bayern und seine ländlichen Räume feiern“. Im Mittelpunkt stehe insbesondere auch die Bedeutung, die der ländliche Raum und dessen Entwicklung für die Bayerische Staatsregierung hat und die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Akademie und Staatsregierung“.

Grußworte sprachen der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Dr. Uwe Brandl und Landtagspräseident a.D. Alois Glück. Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Harald Lesch. Durch die Veranstaltung führte Andrea Bastian.

Immer mehr Menschen ziehen aus dem ländlichen Raum in die Ballungsräume. Dem entgegenzuwirken ist ein gemeinsames Ziel von Akademie und Staatsregierung. „Mit unserer erfolgreichen Heimatstrategie wirken wir diesem Trend seit Jahren erfolgreich entgegen. Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern zu schaffen, hat für die Bayerische Staatsregierung oberste Priorität“, fügte Füracker hinzu. Dazu gehöre auch, mehr jungen Menschen und Familien eine Perspektive im ländlichen Raum zu bieten und damit die Chancengerechtigkeit in allen Regionen Bayerns zu erhöhen.

Nach den Worten des Präsidenten der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum, Professor Holger Magel, wurde die Bayerische Akademie Ländlicher Raum e.V. 1988 als gemeinnütziger Verein gegründet und setzt sich seither für die Belange des ländlichen Raums ein. Der Verein fördert insbesondere wissenschaftliche Erkenntnisse und Vorhaben zur Stärkung des ländlichen Raums, mit dem Ziel, die Lebens- und Arbeitsgrundlagen in den ländlichen Gebieten zu verbessern.

Gleichwertige Lebensbedingungen

„Wir wollen ein kritisch-konstruktiver, aber dabei stets fairer Partner der Bayerischen Staatsregierung, der Verwaltungen und der Wirtschaft in der Verfolgung einer wirklich nachhaltigen Entwicklung sein. Dies zeigt sich in gemeinsamen Tagungen mit verschiedenen Ministerien und Verbänden sowie vor allem in den vielen Stellungnahmen zu unterschiedlichsten Belangen der Entwicklung ländlicher Räume“, hob Magel hervor.

Es braucht Querdenker

„Wie kommt das Neue in die Politik?“, so fragte Alois Glück. Die Antwort darauf gab er am Beispiel der Agrarpolitik von Hans Eisenmann. Als Agrarminister erkämpfte er zu seiner Zeit den „Bayerischen Weg“. Damit erreichte Eisenmann die Anerkennung der Mulitfunktionalität der Landwirtschaft. Eisenmann war die politische Schlüsselfigur, doch die Bewegung entstand aus der Landjugend heraus. Glück: Es braucht Querdenker und Bürger, die die Initiative ergreifen, dann die Schlüsselpersonen in der Politik, die sie aufgreifen und die Fachpersonen aus der Wissenschaft, die sich damit auseinandersetzen. Die schwierigste Rolle, so Glück, habe die Politik, denn sie müsse abwägen und sich der Kritik stellen. Glück: „Derzeit haben wir das Problem, dass es chic geworden ist, über Politik schlecht zu reden.“

Selbstbedienungsmentalität und Erwartungshaltung

Prof. Lesch griff diesen Gedanken auf und sinnierte über ein all zu oft von „Selbstbedienungsmentalität einerseits und Erwartungshaltung andererseits“ geprägtes Staatsverständnis. Den Bürgern sei gar nicht klar, was die Verwaltungen alles leisten und was im „Hintergrund läuft - damit alles läuft“. In einer komplexeren Welt sei die Gefahr größer, Fehler zu begehen. Das trifft auf einen selbst zu wie auch auf die Politik. Lesch: „Wir sollten uns öfter ein offenes Gespräch über Fehler leisten und mehr Verständnis füreinander aufbringen. Streitkultur ist ein hohes Gut. Und sie ist in Bayern gut ausgesprägt.“

Wissenschaftlichen Nachwuchs fördern

Im Rahmen des Festakts erfolgte die Verleihung des alle zwei Jahre vergebenen Preises zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Das Wissenschaftliche Kuratorium wählte fünf Arbeiten aus, die sich mit aktuellen Fragestellungen zum ländlichen Raum auseinandersetzen.

In der Kategorie „Förderpreis“ wurde Anne Gruber, Lehrstuhl für nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land (TU München) ausgezeichnet. Mit neuen Einfamilienhaus-Wohngebieten versuchen viele Gemeinden, junge Familien anzuwerben. Langfristig betrachtet könnten sie damit aber auch die Probleme von morgen schaffen, nämlich mehr Verkehr und das Aussterben der Ortszentren. Anne Gruber will in ihrer Arbeit aufzeigen, dass es auch möglich ist, im Innerortsbereich Wohnformen zu schaffen, die auf die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen passen und ebenso viel, wenn nicht gar mehr, Wohnqualität aufweisen als das Einfamilienhaus auf dem freien Feld.

Attraktiv für Bewohner und Neuzuzügler

Laut Jury „eröffnet ihr Vorschlag Gemeinden einen Weg, auch ohne monotone Wohngebiete attraktiv für Bewohner und Neuzuzügler zu sein.“...

Weitere Preisträgerin ist Denise Erhardt (TU München, Lehrstuhl für nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land) für ihre Masterarbeit „Strategie für die abgestimmte Entwicklung von vier Kleinstädten – Spezifische Potenziale in Gundelfingen, Lauingen, Dillingen und Höchstädt“.

Das Thema der Arbeit ist aktuell, denn sie beschäftigt sich mit der Entwicklung kleiner Städtenetze im ländlichen Raum, mit Gebäudeleerstand und Trading-Down Prozessen. Anhand der vier genannten Kleinstädte im Donautal werden die Chancen und Risiken der Entwicklung von räumlich und funktional eng verknüpften kleinen Zentren im ländlichen Raum analysiert – mit Erkenntnissen, die für manche der Betroffenen nicht immer bequem sind, denn es zeichnet sich auch an diesem Beispiel der Trend ab, dass Kleinstädte zueinander in Konkurrenz stehen, was die Nachfrage als Standort angeht, was negative Wechselwirkungen zur Folge hat.

Konkrete Perspektiven für Kooperationen

Die Arbeit belässt es aber nicht nur bei einer Analyse, sondern entwirft auch konkrete Perspektiven für eine Kooperation, die eine gemeinsame, koordinierte Strategie im Sinne von abgestimmten Entwicklungsschwerpunkten verfolgt.

In der Kategorie „Anerkennungspreis“ gingen Theresa Friedrich, Johannes Hemmelmann und Julian Numberger (TU München, Lehrstuhl für nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land) als Sieger hervor. Die Masterthesis entwickelt Szenarien zum Ortsumbau für Wallersdorf, einer niederbayerischen Gemeinde im Entwicklungsbereich der Autobahn A92. Dabei galt es, mit dem demographischem Wandel und großen industriellen Bauvolumen umzugehen und eine grundlegende Neuausrichtung der Ortsentwicklung vorzuschlagen.

Das Trio zeigt in seiner Masterarbeit  für das Ortszentrum, für ehemalige und für bestehende expandierende landwirtschaftliche Hofanlagen sowie für neue Wohntypologien städtebaulich Perspektiven des Wandels auf, die aus einer Analyse des Raums und wesentlicher Herausforderungen der Siedlungsentwicklung hergeleitet und in einem übergeordneten Konzept verbunden werden.

Die Arbeit liefert damit einen Beitrag zur Neuausrichtung eines Ortes im ländlichen Raum, der klar argumentiert wird, städtebaulich-architektonischer Mittel überlegt einsetzt und interaktive Komponenten im Vorgehen einschließt.

Ökologische, ökonomische und soziale Potenziale

Flächenpools innerhalb der Eingriffsregelung sind vorwiegend ökologisch orientiert. Ziel der Masterarbeit von Nadine Bihler (TU München, Lehrstuhl für Bodenordnung und Landentwicklung) ist, neben den ökologischen auch die ökonomischen und sozialen Potenziale dieser Flächen aufzuzeigen. Damit widmet sich Bihler einer aktuellen Diskussion um die Fragen, wo Ausgleichsflächen bereitgestellt werden können und wie die Akzeptanz bei Landwirten, Kommunen und in der Gesellschaft dafür gesteigert werden kann.

Die Arbeit zeigt anhand von zwei Fallstudien exemplarisch auf, mit welchen Schwierigkeiten Kommunen bei der Bereitstellung von Kompensationsflächen zu kämpfen haben und welche Potenziale vorliegen und welche Maßnahmen geeignet sind um sie besser nutzen und kommunizieren zu können.

Energieinfrastrukturen mitgestalten

Sven Faßbender und Karolina Hasenstab (TU Berlin, Fachgebiet Landschaftsarchitektur, Freiraumplanung) zeigen schließlich am aktuellen Beispiel „Energie“ auf, wie es positiv besetzt werden kann. Sie sind überzeugt: Energielandschaften und Energieinfrastrukturen werden dann nicht mehr als störend empfunden, wenn man sie mitgestalten kann und weiß, dass man einen direkten Anteil daran haben kann.

Ihre Idee: Projekte! Über kleinteilige Formen der Energieproduktion und der Wertschöpfungsketten wird die Energiewende zu bürgergetragenen Projekten. Sichtbarkeit! Energie kommt nicht mehr einfach nur aus der Steckdose, sondern überall dort, wo sie produziert und verteilt wird und neue Projekte speist, wird ganz bewusst auf den Zusammenhang verwiesen. Hierzu liefern sie phantasievoll Beispiele, die Mensch, Energie und Landschaft zueinander in Beziehung setzen.

DK

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