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(GZ-10-2019)
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► ÖPNV-Gipfelgespräch in München:

 

Erste Ergebnisse

 

Auf Einladung von Ministerpräsident Dr. Markus Söder und Verkehrsminister Dr. Hans Reichhart berieten Vertreter von Staatsregierung, Kommunen und Verbänden über die Zukunft des öffentlichen Personennahverkehrs im Freistaat. Die gute Nachricht: Für viele Schüler und Auszubildende in Bayern sollen möglichst ab Herbst 2019, spätestens aber nächstes Jahr, 365-Euro-Jahrestickets für den ÖPNV eingeführt werden. Konkret geht es um Verkehrsverbünde, in denen es nicht schon derartige Angebote gibt. In Arbeitsgruppen soll über die konkrete Umsetzung beraten werden, Verkehrsminister Reichhart will mit den Verkehrsverbünden sprechen. Ministerpräsident Söder kündigte an, der Freistaat werde zwei Drittel der Kosten tragen.

Noch offen ist, wann es anschließend 365-Euro-Jahrestickets auch für Erwachsene geben soll. Für München, Nürnberg / Fürth / Erlangen, Augsburg, Regensburg, Ingolstadt und Würzburg hat dies die Staatsregierung im Koalitionsvertrag versprochen. Söder zufolge wird das Ziel verfolgt, bis zum Jahr 2030 derartige 365-Euro-Tickets oder „vergleichbare Modelle“ einzuführen.

Zudem kündigten die Verhandlungspartner an, den öffentlichen Nahverkehr auch durch ein besseres Angebot attraktiver machen zu wollen: mehr Linien, eine engere Taktung oder neue Express-Verbindungen bei Bus und Bahn wie etwa Express-Züge von bestimmten Knotenpunkten in Metropolen.

Den öffentlichen Nahverkehr gemeinsam stärken

In einer gemeinsamen Erklärung bekannten sich die Teilnehmer des Spitzentreffens dazu, den öffentlichen Nahverkehr gemeinsam stärken zu wollen. Die Angebote von Bus und Bahn sollen besser vernetzt werden, vermehrt soll der Fokus auf Anrufsammeltaxis und Bürgerbusse gelegt werden. Unter gewissen Umständen will man die Reaktivierung alter Bahnstrecken prüfen. Darüber hinaus soll ein Netz von „landesbedeutsamen Expressbusverbindungen“ aufgebaut werden, das Lücken im Bahnverkehr schließen soll. Außerdem soll ein „Zukunftsrat“ die Entwicklung des ÖPNV beratend begleiten.

Landkreispräsident Christian Bernreiter bewertete das Treffen positiv. Die ins Auge gefassten Ziele könnten einen Beitrag für die Stärkung des ländlichen Raumes bedeuten. Da jeder Landkreis gemeinsam mit seinen Gemeinden unterschiedliche Problemstellungen aufweise, sei eine einheitliche Lösung für alle freilich nicht zielführend.

Ein mögliches 365-Euro-Ticket dürfe keine Verschiebungen bei der Schülerbeförderung auslösen. Ohne die Erstattung der Schülerbeförderungskosten durch den Freistaat in mindestens der jetzigen Höhe funktioniere in keinem Landkreis der ÖPNV. In den typischen ländlichen Regionen sei die Schülerbeförderung Fundament und Rückgrat zugleich, erläuterte Bernreiter.

Kritische Stimmen

Kritische Stimmen hatte es im Vorfeld vonseiten des Deutschen Städtetags gegeben. Dessen Vertreter, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly, hatte Skepsis gegenüber Flat
rate-Angeboten wie einem 365-Euro-Jahresticket geäußert, weil dann aus seiner Sicht derjenige, der über 60 oder 70 Kilometer in eine Stadt pendle, genauso viel zu zahlen hätte wie jener, der nur den jeweiligen Stadtverkehr nutze. Maly favorisiert deshalb eine entfernungsabhängige Komponente und eine Belohnung der Vielfahrer. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter hält ein landesweites 365-Euro-Ticket vorerst ohnehin für eine gewagte Idee: „Ganz trivial ist ein solcher Tarif sicher nicht.“

Positive Bilanz für Augsburg

Eine positive Bilanz des ÖPNV-Gipfelgesprächs zog Augsburgs Bürgermeisterin Eva Weber, werde es doch deutliche finanzielle Verbesserungen für die Fuggerstadt geben. Nun seien konkrete Nachbesserungen im Tarifsystem des Augsburger Verkehrsverbunds (AVV) möglich, betonte Weber, die als Wirtschaftsreferentin an der Sitzung in München teilgenommen hatte.

„Das ist das richtige Signal aus München, mit dem wir nun konkret arbeiten können. Und es passt zu den von uns ohnehin verfolgten Anstrengungen, erkannte Schwachpunkte der Tarifreform auszuräumen oder nachzubessern. Die externe Begleitung zur Erhebung von Verbesserungspotenzialen habe ich bereits veranlasst“, erklärte Weber und ergänzte: „Mein Ziel ist es, den ÖPNV in der Stadt so attraktiv wie möglich zu gestalten. Da der öffentliche Personennahverkehr aber sehr kostenintensiv ist – für jeden Euro, der von den Fahrgästen bezahlt wird, legt die öffentliche Hand einen weiteren Euro obendrauf – sind die finanziellen Hilfestellungen des Freistaates im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert.“

Attraktiver ÖPNV für den ländlichen Raum

„Ein deutlich verbesserter ÖPNV ist ein wichtiger Bestandteil eines modernen Mobilitätssystems in Bayern. Stadt und Land müssen unbedingt damit gleichwertig ausgestattet sein. Als Fundament unerlässlich ist und bleibt dafür eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur“, unterstrich Thomas Schmid, Hauptgeschäftsführer des bayerischen Bauindustrieverbandes. Gerade für den Ländlichen Raum in Bayern sei ein attraktiver ÖPNV entscheidend: „Gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern, seit 2014 auch ein Auftrag der Bayerischen Verfassung, erreichen wir nur, wenn insbesondere die ländlichen Räume mit attraktiven ÖPNV-Strukturen ausgestattet und so Stadt und Land bestens miteinander verbunden werden“, hob Schmid hervor.

„Bereits in unserer 2015 vorgestellten Vision Bayern Mobilität 2030 haben wir einen gut funktionierenden ÖPNV als zentralen Baustein herausgearbeitet. Gelingen wird dies aber nur dann, wenn das bayerische Schienennetz und das bayerische Straßensystem dafür ausreichend ausgelegt sind. Nur auf diesem Fundament kann ein attraktiver und zuverlässig funktionierender öffentlicher Nahverkehr erfolgreich aufgebaut werden“, erklärte der Hauptgeschäftsführer abschließend.

 DK

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