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(GZ-4-2019)
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► Kommunales GIS-Forum in Neu-Ulm:

 

Kommunale Selbstverwaltung heute

 

Über mögliche Wege in einer digitalen Welt diskutierten rund 100 Experten aus dem Geoinformationsumfeld (GIS) im Rahmen des Kommunalen GIS-Forums in Neu-Ulm. Eingeladen hatte der „Runde Tisch GIS e.V. unter dem Motto: „Kommunale Selbstverwaltung heute: Smart, digital, rechtssicher“.

Einigkeit bestand bei den Teilnehmern darin, dass die Digitalisierung ein wichtiges Werkzeug ist, um wachsenden Herausforderungen in Städten und Kommunen begegnen zu können. Gleichwohl dürften potenzielle Risiken nicht außer Acht gelassen werden, wie Daniel Kleffel, Präsident des Landesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) in Nürnberg, verdeutlichte. Die aktuelle Angriffswelle per Phishing-E-Mails mit Wordanhang ist aus seiner Sicht gefährlich, weil sie professionell gemacht ist und die Schadsoftware durch Makro in der Worddatei nachgeladen wird. Bayern habe es mittlerweile mit zahlreichen Vorfällen dieser Art zu tun, so der Präsident.

Wassersteuerung

Am Beispiel des Zugangs zu SCADA-Systemen in der Wassersteuerung über das Internet erläuterte Kleffel, wie leichtsinnig manche Betreiber vorgehen. Sieben bayerische Kommunalbetriebe seien bereits direkt vom LSI informiert worden, weil u.a. das Passwort und die Benutzerkennung identisch waren. Kleffel zufolge geht es vor allem darum, die Sensibilität der Mitarbeiter in den Organisationen zu schärfen, um Vorfälle zu vermeiden oder zumindest die Auswirkungen zu minimieren. Bayern nehme einen Sonderstatus ein, sei es doch das einzige Bundesland mit einem derartigen Landesamt.

Über neue Herausforderungen an den Datenschutz durch Smart Cities und autonomes Fahren informierte Corina Scheiter, Leiterin des Technischen Datenschutzes in der Geschäftsstelle des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz. Gefahren und Probleme sieht sie durch die zunehmende Überwachung des öffentlichen und privaten Raums und damit einhergehend den Verlust der Anonymität und der (Entscheidungs-)Freiheit. Hinzu kämen Fragen nach der Beherrschung großer Datenmengen, falscher Korrelationen und zunehmender Angriffe auf die IT-Sicherheit. Je mehr vernetzt werde, umso mehr müsse man sich Gedanken über den Schutz machen.

Autonomes Fahren

Ähnliche Parameter bestehen nach Scheiters Auffassung beim Datenschutz des autonomen Fahrens. Zur Verbreitung von Überwachungstechnologien und dem Tracking gesellen sich nach Einschätzung der Expertin Verluste an Entscheidungsfreiheit und Anonymität. Wo ist die Grenze zwischen Freiheit und Sicherheit und wo die Grenze zwischen dem Individuum und der Allgemeinheit, lauteten die zentralen Fragen. Hierin schließe sich die Frage an: Ist es überhaupt möglich, angesichts der Komplexität die Kontrolle über seine Daten zu behalten, gerade in Zeiten von Big Data?

Scheiters zufolge will der Datenschutz den technischen Fortschritt nicht verhindern, jedoch gleichzeitig Rechte und Freiheiten des Einzelnen berücksichtigt wissen. Hierbei werde das Augenmerk vor allem auf die Fortentwicklung des Datenschutzes gelegt, der mit der technologischen Entwicklung Schritt halten müsse. IT-Sicherheit sei an dieser Stelle die Basis einer erfolgreichen Digitalisierung. Erforderlich seien vor allem praktikable Lösungen, wie eine vertrauenswürdige und zuverlässige, elektronische Kommunikation.

Enger fasste die Datenschutzbeauftragte des Landkreises Regensburg, Elisabeth Mayer, den Datenschutzbegriff am Beispiel der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). „Wenn wir von Datenschutz sprechen, dann sprechen wir von einem Grundrecht“, erklärte Mayer. Es sichere das Recht jedes Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung. Im Grunde gehe es immer um personenbezogene Daten, also alles was dazu geeignet ist, um eine Person zu identifizieren. „Damit geht es nicht um den Schutz der Daten, sondern um den Schutz der Menschen.“

Der einfache Grundsatz laute: Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist verboten. Eine Rechtmäßigkeit der Verarbeitung setze die wirksame Einwilligung des Betroffenen voraus oder die Erforderlichkeit zu einer Vertragserfüllung. Auch bei Aufgaben, die im öffentlichen Interesse liegen, könnten personenbezogene Daten verarbeitet werden. Hierzu zählt nach Mayers Worten der Schutz lebenswichtiger Interessen, wie zum Beispiel im Katastrophenfall. Die Datenschutzbeauftragte ging auf die eigene Rolle ein und sieht die Aufgaben in der behördeninternen Kontrolle als eine Art Selbstkontrolle. Hinzu kommt die Fremdkontrolle durch Aufsichtsbehörden für den Datenschutz.

Wohnen und Verdichten

Mit Blick auf das Thema Wohnen und Verdichten präsentierten Experten aus unterschiedlichen GIS-Disziplinen ihre jeweiligen Herangehensweisen, Projekte und Lösungen im kommunalen Umfeld. Warum ein digitales Siedlungsmanagement zunehmend als Bereicherung angesehen wird, verdeutlichten Dr. Ulrich Huber und Dr. Markus Lemberger am praktischen Beispiel „Interkommunales Flächensparen –Digitales Siedlungsmanagement im Landkreis Cham“.

Wie Lemberger ausführte, sei Siedlungsmanagement im Landkreis Cham ein gutes Experimentierfeld. Immerhin herrsche dort Vollbeschäftigung und die Nähe zu Tschechien mache den Standort zusätzlich attraktiv. Um Flächen besser nutzen und lokalisieren zu können, verfolgte der Landkreis Cham die Idee eines Tools zum Siedlungsentwicklungs- und Leerstandsmanagement. Damit verbinden die Verantwortlichen den Wunsch nach einer aktiven Vermarktung von Leerständen durch die Kommunen und der Implementierung von Lösungsvorschlägen.

Zudem sollte das System in das bestehende GIS des Landkreises und in das Behördennetz eingebunden werden, betonten Huber und Lemberger. Gefördert durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, waren die beteiligten Stellen kreis-
angehörige Kommunen, ein externer Planer und Dienstleister sowie das Geoinformationssystem und Regionalmanagement des Landkreises.

Workforce for ArcGIS

Der Workflow reicht von der GIS-Berechnung des Leerstands und Überprüfung bis zur Leerstandserfassung im Außendienst über das Erstellen von Leerstands-Exposés bis hin zur anschließenden Vermarktung. Um Objekte zielgerichtet zu finden, stellt für die beiden Landkreisvertreter vor allem „Workforce for ArcGIS“ eine wesentliche Unterstützung im kompletten Außendienst dar. Den Teams vor Ort komme zugute, dass Leerstände direkt via IOS-Apps erfasst und eine direkte Rückmeldung des Auftragsstatus erfolgen kann.

Neben Adresse und Gebäudetyp lassen sich das Alter des Gebäudes, der Zustand sowie ein Foto aufnehmen. Weitere Analysemöglichkeiten ergeben sich durch die Bestimmung leerstandsgefährdeter Wohngebäude mit Einwohnern, die ausschließlich über 75 Jahre alt sind, oder die Analyse baurechtlicher Aspekte.

Mithilfe des neuen Tools stellten Huber und Lemberger ihr Zwischenergebnis vor. Demnach stehen im Landkreis Cham rund 1.500 Gebäude leer (4,1 Prozent) und in rund 2.600 Gebäuden wohnen aktuell ausschließlich Menschen, die über 75 Jahre alt sind (7,1 Prozent). Als notwendig werden nunmehr die Erweiterung des Tools um ein Baulücken-Kataster, die Integration von Immobilien-Exposés und ein landkreisweites Vermarktungskonzept erachtet.

DK

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