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(GZ-12-2018)
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► Blockchain-Technologie:

 

Die Organisationsform der Zukunft?

Sie wird als die Technologie der Zukunft gehandelt; als Technologie, die unseren Alltag ähnlich revolutionieren wird wie das Internet. Häufig begegnet einem der Begriff „Blockchain“ in Verbindung mit der Kryptowährung Bitcoin, doch es gibt zahlreiche weitere, auch für den kommunalen Bereich interessante Anwendungsmöglichkeiten. 

Blockchain, wörtlich übersetzt „Blockkette“, meint – vereinfacht dargestellt – ein digitales Register, bei dem Transaktionen zwischen mehreren Parteien ohne die Mitwirkung eines zentralen Verwalters elektronisch erfasst und verifiziert werden können. Jede neue Transaktion (=Block) wird mit Hilfe kryptographischer Verfahren mit den vorhergehenden verkettet und bestätigt diese dadurch. Durch diese Verkettung wird es unmöglich, eine vorangegangene Transaktion zu manipulieren, denn dadurch würden auch die folgenden Datensätze der Kette verändert werden.

Die Verifizierung der einzelnen Blöcke erfolgt über sogenannte Miner, die die Datensätze kontrollieren und die verifizierten Informationen dann allen Teilnehmern des Netzwerks zugänglich machen. So entsteht eine maximale Transparenz und Fälschungssicherheit ohne die Notwenigkeit einer zentralen Kontrollstelle. Denn das Register oder die Datenbank liegt nicht auf einem zentralen Server, sondern ist auf alle teilnehmenden Parteien verteilt. Informationen können völlig neutral – weil pseudonymisiert – und dezentral verwaltet werden, jeder Teilnehmer hat die gleichen Zugriffsrechte.

Revolutionäre Technologie 

Am Beispiel der Kryptowährung Bitcoin zeigt sich das Revolutionäre dieser Technologie, nämlich die Möglichkeit einer Finanztransaktion vom Käufer zum Verkäufer ohne einen dazwischengeschalteten Mittler, in diesem Fall ein Geldinstitut. Ob sich Bitcoin und andere Kryptowährungen als von den Zentralbanken völlig unabhängiges, durch ein Computernetz geschöpftes und verwaltetes Zahlungsmittel durchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Die Kurse sind extremen Schwankungen unterlegen, daher sehen Experten die eigentlich als alternatives Zahlungsmittel entwickelten Kryptowährungen eher als Spekulationsobjekte an, teilweise wird auch von einer „Bitcoin-Blase“ gesprochen.

Anwendungsmöglichkeiten

Doch die Blockchain-Technologie, die den Kryptowährungen zugrunde liegt, kann nicht nur für Finanztransaktionen genutzt werden, in den Blöcken können alle nur denkbaren Informationen hinterlegt werden. Beispielsweise können digitale Verträge oder Versicherungen zwischen den Blockchain-Parteien abgeschlossen werden. Bei solchen smart-contracts wäre es zum Beispiel denkbar, dass bei einer KFZ-Versicherung durch eine Analyse des Fahrverhaltens automatisch die Beiträge angepasst werden.

Wie eingangs beschrieben, handelt es sich bei einer Blockchain um ein digitales Register – als solches könnte sie laut Dieter Rehfeld, Geschäftsführer bei regio iT, einem IT-Dienstleister für Kommunen und kommunale Unternehmen, auch in der kommunalen Verwaltung eine breite Verwendung finden: Man denke nur an Standesamtsregister, Einwohnermeldeverfahren, KFZ-Verzeichnisse, Führerscheinverfahren oder Gewerbeanmeldungen. Ein beglaubigter Nachweis, z.B. eine Geburtsurkunde, könnte so mit den entsprechenden Zugriffsrechten ganz einfach der jeweiligen Institution zugänglich gemacht werden, was eine enorme Aufwandsund Kostenreduktion mit sich bringen würde.

Vorreiter einer digitalisierten Verwaltung in Europa ist Estland, dort kann man mithilfe eines Chips auf dem Personalausweis, auf dem eine digitale Identität gespeichert ist, nicht nur online Behördengänge erledigen, sondern auch bequem von zu Hause aus wählen. Ein Blockchain basiertes Wahlsystem ist extrem sicher, da keine Manipulation und Auszählfehler möglich sind, es ist absolut anonym und für den Wähler natürlich sehr komfortabel.

Auch in Deutschland würde sich die große Mehrheit der Menschen einen Ausbau der digitalen Verwaltung wünschen, wie eine repräsentative Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zeigt: So sind 91 Prozent der Befragten offen für die Idee, zum Beispiel den Antrag auf Kindergeld oder die Ausstellung eines Reisepasses in Zukunft komplett online zu erledigen.

Um solche digitalen Standards in Deutschland zu etablieren, hat der Blockchain Bundesverband e.V. im Oktober 2017 ein Positionspapier formuliert, in dem die Chancen der Blockchain Technologie in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens erörtert und Empfehlungen gegeben sowie konkrete Maßnahmen für die Umsetzung vorgeschlagen werden. Unter dem Stichwort „Digitale Identitäten“ wird in diesem Positionspapier z.B. eine „schrittweise Verlegung von Behördenprozessen auf eine Blockchain-basierte Infrastruktur“ vorgeschlagen.

Hilfestellung  

Auch in den Bereichen Energie und im Gesundheitswesen sieht der Bundesverband zahlreiche denkbare Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain: So erfordert die stark fluktuierende private Energieerzeugung, z.B. durch Solardachanlagen auf Einund Mehrfamiliengebäuden eine koordinierte Einbindung dieser dezentral erzeugten Strommengen in das Stromnetz. Das Netz muss deshalb modernisiert und digitalisiert werden. Die Blockchain-Technologie kann dabei helfen, die dazugehörigen Informationsflüsse sicher und kosteneffizient abzubilden und so dazu beitragen, Versorgungssicherheit und Netzstabilität in Zeiten der Energiewende zu gewährleisten.

Das deutsche Gesundheitssystem liegt in punkto Digitalisierung und Vernetzung weit hinter den technischen Möglichkeiten zurück. Die Effektivität der Gesundheitsversorgung ist dadurch eingeschränkt. Der Bundesverband empfiehlt daher, mittels Blockchain eine universelle, digitale Infrastruktur bereitzustellen und so eine Vernetzung des Gesundheitssystems zu ermöglichen.

Patientendaten sowie auch Da- ten anderer Interessengruppen bleiben dabei kryptografischgesichert unter der Kontrolle von Patienten und genau definierten Nutzergruppen (behandelnde Ärzte, beteiligte Abrechnungsstellen, Zuweiser).

Roadshow Blockchain München 

In Bayern befasst sich mit dieser Thematik das Zentrum Digitalisierung Bayern, das im vergangenen März zur „Roadshow Blockchain München“ ins Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie eingeladen hatte. Maximilian Irlbeck legte in seiner Begrüßung dar, dass das Thema Blockchain nicht als rein technologisches Thema betrachtet werden dürfe, sondern die Frage nach einer „Richtungsentscheidung“ aufwerfe: „Welche Art von Management und System wollen wir in Zukunft und was ist da die beste Organisationsform?“

Im Verlauf der Veranstaltung wurde erörtert, was unter einer Blockchain eigentlich zu verstehen ist, welche rechtlichen und regulatorischen Fragestellungen sich dabei stellen und welche Geschäftsmodelle und Anwendungsfälle durch Blockchains ermöglicht werden. Auch wurde gezeigt, dass Deutschland in diesem Bereich derzeit hervorragend aufgestellt ist (vor allem aus der Energiewirtschaft wurden einige erfolgreiche Anwendungsbeispiele vorgestellt), diese Stellung jedoch weiter forcieren sollte.

Kritikpunkte

Doch auch kritische Stimmen wurden in der Diskussion laut: So wurde zum Beispiel der extrem hohe Stromverbauch, der durch das Mining entsteht, angesprochen, auch müssten für viele Anwendungsfälle die Transaktionsraten noch drastisch erhöht werden. Auch die Funktion der Miner wurde durchaus kritisch beleuchtet, denn im Grunde genommen sind sie in diesem System, das ja angeblich ohne Mittler auskommt, die neuen Mittler, die für ihre Mining-Leistung natürlich auch entsprechend honoriert werden.

Die bestehenden Probleme zu erkennen und zu lösen wird also auch Teil der Aufgabe sein, die Blockchain-Technologie als mögliche neue Organisationsform für viele Bereiche des öffentlichen Lebens weiter voranzutreiben. 

Monika Steer

GemeindeZeitung

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