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(GZ-12-2018)
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► DWA-Positionen:

 

Hochwasser und Sturzfluten

Bund und Länder sowie zahlreiche Kommunen haben in den vergangenen Jahren die Hochwasser- aber auch die Starkregenvorsorge in stärkerem Maße auf die Agenda gesetzt. Die DWA begrüßt dies und betont den Charakter dieser Vorsorge als Daueraufgabe. Zur Umweltministerkonferenz im Juni legte die DWA nun ihr aktualisiertes Positionspapier zu Hochwasser und Sturzfluten vor.

„Hochwasser macht nicht an Länder- oder Landesgrenzen halt. Daher gilt es in Deutschland, länderübergreifend in Flussgebieten unter Einbeziehung der Kommunen zu handeln, Organisations- sowie Kommunikationsstrukturen zu überprüfen und gemeinsame Hochwasserschutzkonzepte zu erarbeiten“, heißt es in der Handreichung. Eine entsprechende Empfehlung gilt auch für den grenzüberschreitenden Dialog bzw. die grenzüberschreitende Koordination mit den Nachbarländern.

Den Flüssen Raum geben

Das nationale Hochwasserschutzprogramm sollte laut DWA in guter Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern mit einer ausreichenden finanziellen Ausstattung fortgeführt, die Maßnahmen umgesetzt und das Programm ausgebaut werden. Dabei sind gezielte Deichrückverlegungen und die Reaktivierung von Auen wichtige Maßnahmen, um den Flüssen den nötigen Raum zu geben. Zudem helfen steuerbare Flutpolder, die anlassbezogen geöffnet werden können, um Hochwasserspitzen zu kappen, das Gesamtsystem zu entlasten. Sie sind für die Hochwasservorsorge – neben der Reaktivierung von Auen - die effektivste Maßnahme.

Darüber hinaus gelte es, dezentrale Maßnahmen des Hochwasserschutzes wie die Reduzierung der Flächenversiegelung zu ergreifen und eine auf die Hochwasservorsorge ausgerichtete land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung zu fördern. Maßnahmen des Technischen Hochwasserschutzes sind notwendig; sie sind aber nur eine Säule im Rahmen eines übergeordneten Hochwasserrisikomanagements. Deiche sind aufwändige technische Bauwerke und müssten daher fachgerecht geplant, errichtet und unterhalten sowie nötigenfalls ertüchtigt, saniert bzw. an neue Hochwasserbedrohungsszenarien angepasst werden. Nur dann könnten sie große Hochwasserereignisse schadlos überstehen und ihre Schutzfunktion erfüllen. Je nach regionalen und örtlichen Rahmenbedingungen könnten mobile Hochwasserschutzmaßnahmen sinnvoll sein.

Risikobewusstsein stärken

Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass es in den so genannten geschützten Gebieten (hinter Anlagen des technischen Hochwasserschutzes) sowie in Gebieten jenseits des 100-jährlichen Hochwassers, die bei Extremereignissen betroffen sind, zu einer Erhöhung des Schadenspotenzials kommt. Daher ist es aus Sicht der DWA notwendig, mit entsprechenden Gebietsausweisungen, Sicherungsmaßnahmen und Informationskampagnen der Problematik entgegen zu wirken und das Risikobewusstsein zu stärken: „Hier gilt es viel gezielter als bisher, hochwasserangepasstes Bauen zu fordern und zu fördern.“

„Zu viele Bautätigkeiten werden in festgesetzten Überschwemmungsgebieten gestattet, indem von den zahlreichen Ausnahmen des § 78 WHG Gebrauch gemacht wird“, heißt es weiter. Dies müsse deutlich eingeschränkt werden. Durch das Hochwasserschutzgesetz II wurde das Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete auf den Außenbereich beschränkt, was das Bauen in Überschwemmungsgebieten noch erleichtert. Den Kommunen kommt daher zukünftig noch mehr Verantwortung bei der hochwasserangepassten Planung zu.

Konversionsflächen

Im Falle zulässiger Umnutzungen, sog. Konversionsflächen, sei in besonderem Maße auf die hochwasserangepasste Planung und Ausführung zu achten. Oft ließen sich Objekte nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ausreichend gegen Hochwasser schützen. Die Bebauung in Überschwemmungsgebieten sei auch im Innenbereich zu überprüfen. Objekte, für die ein hohes bzw. kontinuierliches deutliches Risiko besteht, sollten nicht am selben Ort eins zu eins wieder aufgebaut werden. Scheiden verhältnismäßige Objektschutzmaßnahmen aus, könnten in Einzelfällen Bauverbote und ggf. ein Rückbau erforderlich sein.

Lokale Sturzfluten sind neben Flusshochwasser eine der größten Herausforderungen der Wasserwirtschaft, insbesondere weil die Abgrenzung des potenziell signifikanten Risikos nicht in gleicherweise erfolgen kann, wie beim Flusshochwasser. Öffentliche Verkehrs-, Sport- und Grünflächen könnten bei seltenen Starkregenereignissen die Funktion urbaner Retentionsräume übernehmen. Konkurrenzen in der Flächennutzung, z. B. zwischen Klimaschutz bzw. -anpassung und Barrierefreiheit, müssten durch eine gezielte Flächenplanung aufgelöst werden.

„Die Flächenversiegelung sollte verringert und die Entsiegelung von Flächen verbessert werden“, lautet ein weiterer Vorschlag der DWA. Durch die verbesserte Speicherung von Regenwasser im urbanen Bereich könnten wichtige Synergieeffekte zum Schutz vor Überflutungen einerseits und zunehmender Hitzeentwicklung in den Städten andererseits genutzt werden. Darüber hinaus müssten Bund und Ländern geeignete Förderinstrumente schaffen, um den wassersensiblen Umbau der Städte im Sinne einer Klimafolgenanpassung zu fördern, und zwar nicht nur im Rahmen von Pilotvorhaben. Hier gebe es inzwischen gute Ansätze, die weiterverfolgt und ergänzt werden müssten.

Aufgrund des lokalen Auftretens hat die Eigenvorsorge von Immobilienbesitzern bei Starkregen im Vergleich zu Flusshochwasser eine noch größere Bedeutung. Hier müssten auch geeignete Instrumente geschaffen werden, um die Eigenvorsorge bei Privaten zunächst durch die flächendeckende Information über eine potenzielle Gefährdung zu ermöglichen und dann gezielt zu fördern.

Für stärkere Sensibilisierung

Neben der Bereitstellung und Fortbildung von qualifiziertem Personal für das Management von Hochwasserrisiken und für die Hochwasservorsorge plädiert die DWA für eine intensivere Kommunikation und stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung für Eigenvorsorge. Es sei Aufgabe der politischen Akteure, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass ein Versicherungsschutz für die Bevölkerung zu vertretbaren Konditionen möglich ist. „Dazu gehören u. a. eine sachgerechte Hochwasservorsorge sowie die Durchsetzung von Baubeschränkungen bzw. Bauverboten. Es gilt zudem Gebäude so zu gestalten, dass sie versicherbar sind (Hochwasserpass).“

Schließlich sollte die Bevölkerung motiviert werden, sich zu versichern. Dabei, so die DWA, sei es kontraproduktiv, wenn nach einer Hochwasserkatastrophe diejenigen Personen, die keine Elementarschadenversicherung abgeschlossen haben, großzügig entschädigt werden, während die Nachbarn, die über eine Versicherung verfügen, kein Geld erhalten.

Problem Flächenbeschaffung

Ein wesentliches Problem bei der Überflutungsvorsorge ist die Flächennutzung und Flächenbeschaffung. Mit dem Hochwasserschutzgesetz II wurden deutliche Verbesserungen erzielt, u. a. durch die Beschleunigung der Verfahren zur Schaffung von Hochwasserschutzmaßnahmen sowie von Klageverfahren. Auch wurden Enteignungsregelungen angepasst und ein Vorkaufsrecht für die Länder eingeführt. Oft komme es bei dem erforderlichen Grunderwerb jedoch zu deutlichen Verzögerungen, z. B. wenn ein Eigentümer nicht verkaufsbereit ist und deshalb umfangreiche Hochwasserschutzprojekte bis zum Abschluss des Enteignungsverfahrens nicht voran gebracht werden können. Verbesserungen für eine strategische, projektunabhängige Flächenbeschaffung zugunsten der Überflutungsvorsorge sollten daher geprüft werden. Dies setze voraus, dass Gelder für den Flächenerwerb frühzeitig bereit stehen.

 DK

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