Fachthemazurück

(GZ-14-2017)
gz fachthema
► Markus Euring / Enerpipe GmbH:
 
Wärmenetze im Neubaugebiet erfolgreich umsetzen
 

SD Euring

Markus Euring, Enerpipe GmbH. RED

Seit 2016 gelten verschärfte Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV). Damit will der Gesetzgeber die energetische Qualität von Neubauten nochmals erhöhen, der Primärenergiebedarf muss um 25 % sinken. Dieser reduzierte Primärenergiebedarf kann von einer Brennwerttherme allein in Verbindung mit solarer Trinkwassererwärmung nicht mehr geleistet werden. Zusätzlich wären nun entweder eine extreme Dämmung oder die Installation von Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung und einer solaren Heizungsunterstützung notwendig. „Wärmenetze im Neubaugebiet sind hier eine zukunftsweisende Alternative“, betonte Markus Euring.

Der aktuelle Bauboom bietet nun erstmals in größerem Umfang die Möglichkeit, Nahwärmenetze umzusetzen. Entscheidend für die Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit der Wärmenetze ist dabei der Primärenergiefaktor für den Bereitstellungsmix im jeweiligen Netz, denn dieser ist wesentlich für den Umfang weiterer erforderlicher baulicher Maß- nahmen in den versorgten Objekten.

Eine hohe Wärmebedarfsdichte hat einen positiven Effekt auf die Effizienz von Wärmenetzen. Diese ist bedingt durch den geringen Wärmebedarf im Neubau in der Regel jedoch nicht gegeben. Mit einem dezentralen Nahwärmespeicherkonzept einschließlich intelligenter Ladesystematik können Wärmenetze jedoch auch bei geringer Wärmebedarfsdichte ökonomisch und ökologisch betrieben werden.

Das dezentrale Pufferspeichersystem ist die Antwort auf die geringe Wärmebedarfsdichte im Wärmenetz. Mit dem dezentralen Puffermanagement inklusiver smarter Ladungslogik können auch bei niedrigeren Wärmebedarfsdichten, die vor allem in Neubaugebieten oder ländlichen Gegenden auftreten, sehr geringe Wärmeverluste erreicht werden.

Durch den Einsatz von Nahwärmespeichern als Wärmeübergabetechnik beim Verbraucher werden Netzspitzen, die insbesondere am Morgen und am Abend auftreten, direkt beim Abnehmer abgepuffert und belasten somit nicht mehr das Wärmenetz. Die Anschlussleistung (Ladeleistung) eines Wärmeanschlusses kann dadurch um bis zu 25 % reduziert werden und ermöglicht somit eine Reduzierung der Nenndurchmesser der Wärmeleitungen in weiten Teilen des Netzes bei gleich bleibendem Komfort für den Wärmekunden. Verluste werden hierdurch aufgrund geringerer Abstrahlverluste gegenüber dem Erdreich ganzjährig reduziert. Zusätzlich werden Investitionskosten beim Nahwärmerohr, bei den Erdarbeiten und bei der Verlegung wegen des geringen Nenndurchmessers eingespart.  

Durch den Einsatz von dezentralen Pufferspeichern verringert sich die gesamte Netzleistung und somit der maximale Volumenstrom. Somit können die Rohrdimensionen reduziert werden, auch die Pumpe kann kleiner dimensioniert werden. Im ländlichen Gebiet sowie bei Netzerweiterungen werden in der Regel Pufferspeicher von 600 bis 1.000 Liter eingesetzt. Bei geringerem Wärmebedarf in Neubaugebieten reichen meist kleinere Speicher von 200 bis 600 Liter aus.

Prozentual zur Wärmeabnahme entstehen im Sommerhalbjahr mit bis zu 80 % die höchsten Wärmeverluste, da hier in konventionellen Nahwärmenetzen das System ständig auf Temperatur gehalten werden muss, um bei Bedarf sofort Energie zur Brauchwasserbereitung zur Verfügung zu stellen. Um diesen Effekt zu reduzieren, hat Enerpipe ein smartes Nahwärmesystem entwickelt, wodurch sich die Wärmeverluste um bis zu 40 % verringern lassen.   Im Wesentlichen beeinflussen folgende Faktoren die Höhe der Verluste von Wärmenetzen: Rohrdämmung, Systemtemperaturen, Trassenlänge und Betriebszeit. Eine ein- oder zweifache Verstärkung der Isolierung der Wärmeleitung ist sinnvoll, jedoch nimmt das Kosten-Nutzen-Verhältnis mit zunehmender Isolierstärke ab. Mit dem Puffermanagement ist eine Verringerung der Betriebszeit sowohl bei Außentemperaturen oberhalb als auch unterhalb der Heizgrenztemperatur möglich.

Wärmenetze im Neubaugebiet bieten für den Anschlussnehmer folgende Vorteile:

  • Die Übergabestelle (Pufferspeicher) und die Anschlussverrohrung benö- tigen wenig Platz: Durch die Einsparung an einer eigenen, dezentralen Wärmeerzeugungsanlage gewinnt man Freiraum und zusätzlichen Stauraum.
  • Da weder Brennstoffvorrat noch ein Schornstein benötigt werden, wird ebenfalls Platz eingespart.
  • Der Bauherr bekommt eine hochwertige, ökologisch erzeugte Wärme zu einem attraktiven Preis.
  • Der Neubau muss anteilig mit Erneuerbaren Energien versorgt werden. Bei diesem hohen Anteil an Ökologie an der Wärmeerzeugung muss der Bauherr keine weiteren, eigenen Aufwendungen nach EEGWärmeG leisten.
  • Der Kunde genießt einen hohen Komfort, der Ansprechpartner befindet sich direkt vor Ort. 

Viel Ersparnis bringt das Referenzobjekt Wärmenetz Polsingen im mittelfränkischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Im Herbst 2014 konnte das komplette große Nahwärmenetz der Gemeinde an die Biogasanlage der GbR Bioenergie Minnameier & Lehner angeschlossen und in Betrieb genommen werden. Ein kleineres Wärmenetz im Ortsteil Trendel, das an dieselbe Biogasanlage gekoppelt ist, wurde schon vor Jahren mit Produkten von Enerpipe erfolgreich realisiert. Somit griffen auch die 94 Anschlussnehmer in Polsingen auf die bewährte Qualität der Rohre und Übergabestationen des Unternehmens zurück und fühlten sich gut beraten und unterstützt.

Das Wärmenetz mit einer Trassenlänge von über 5.500 m umfasst das ganze Dorf, jeder vierte Haushalt ist Anschlussnehmer. Die Biogasanlage mit 800 kW thermischer Leistung versorgt 94 Haushalte mit Biowärme, zudem steht ein Ölkessel mit 900 kW als Absicherung bereit. In der Heizzentrale ist ein Pufferspeicher mit 20.000 Liter Volumen installiert. Mit einer Ersparnis von über 400.000 Liter Heizöl pro Jahr zeigen sich die Polsinger Netzbetreiber mehr als zufrieden.

Auch die mittelfränkische Gemeinde Dittenheim im Altmühltal setzt nun in der Wärmeerzeugung auf erneuerbare Energien. Für das Nahwärmenetz lieferte Enerpipe alle nötigen Komponenten, von den CaldoPEX Plus-Rohren über das CaldoCLICK Muffensystem bis hin zu den dezentralen Nahwärmepufferspeichern mit Visualisierung und Steuertechnik für das Heizhaus.

Beispiel Dittenheim

Die Voraussetzungen für ein Wärmenetz waren in Dittenheim ideal, die genossenschaftliche Biogasanlage ist lediglich 700 m vom Ortsrand entfernt. Somit kann die Abwärme effektiv verwertet werden. Um die Spitzenlast im Winterfall abzudecken, wurde noch eine Heizzentrale erbaut, in dem ein 500 kW Heizomat Kessel und auch 2x 17.000 l Pufferspeicher installiert wurden.

In Dittenheim entschloss man sich dazu, anstelle einer „Standard-Übergabestation“ dezentrale Pufferspeicher bei jedem Anschlussnehmer einzubauen. Dies hat zum einen den Vorteil, dass kleinere Leitungen installiert werden konnten, außerdem kann in Kombination mit der Erwärmung des Trinkwassers im Durchflussprinzip die Rücklauftemperaturen signifikant reduziert werden. Dies hat zur Folge, dass die Wärmeverluste in Dittenheim reduziert werden konnten.

Im Januar 2016 wurde das Netz in Betrieb genommen und versorgt aktuell 98 Anschlussnehmer (+26 Bauplätze). Bei der Planung wurde bereits eine angedachte Erweiterung berücksichtigt. Aktuell werden 40 weitere Häuser angeschlossen. Pro Jahr werden über 350.000 Liter Heiz- öl eingespart.

Fazit: Die Installation von Nahwärmespeichern mit Puffermanagement ist besonders effektiv bei Wärmenetzen mit geringer Wärmebelegdichte und eignet sich daher besonders für Neubaugebiete, Erweiterungen bestehender Nahwärmenetze und den ländlichen Raum. 

Gerade die effiziente Nahwärme bietet für Neubauten attraktive Vorteile als Energiequelle. Der dezentrale Pufferspeicher hat gegenüber herkömmlichen Energieerzeugern einen geringen Platzbedarf und ist beim Wärmekunden unkompliziert zu installieren, ein zusätzlicher Kamin ist nicht erforderlich. In der Regel werden Wärmenetze im Neubau regenerativ versorgt, um den erforderlichen Anteil an erneuerbaren Energien zu gewährleisten. Teilweise liegt der Primärenergiefaktor bei 0,0. Der Bauherr erfüllt somit mit dem Anschluss an das Wärmenetz seitens der Wärmeversorgung die Kriterien eines KfW-Effizienzhauses.

Neben dem smarten Puffermanagement zeichnen sich die Nahwärmespeicher durch niedrige Rücklauftemperaturen aus. Mit der optionalen Frischwasserstation oder Hygienewendel können die Rücklauftemperaturen noch weiter abgesenkt werden. Dies macht die Nahwärmespeicher auch für konventionelle Wärmenetze interessant. In Verbindung mit Power-to-Heat-Anlagen bieten die Nahwärmespeicher vielfältige Optionen für die „smarte“ Zukunft. 

 RED

GemeindeZeitung

Fachthema

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung