Aus den Kommunenzurück

(GZ-19-2018)
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► Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge:

 

Evaluation und Kosten 

 

Im Landkreis Fürstenfeldbruck wurden seit Oktober 2014 circa 300 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge stationär untergebracht. In einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses im Juni dieses Jahres wurde diesem ein Bericht mit den aktuellen Zahlen, sowie Evaluationsbögen von den zwölf jugendlichen Flüchtlingen, für die die Jugendhilfemaßnahmen zwischen Januar und Mai 2018 beendet wurden, vorgelegt. Neben den Ergebnissen der Jugendhilfe wurden auch die jeweiligen Kosten ausgewertet. 

Aus den Evaluationsbögen war ersichtlich, dass sich die jeweiligen Gesamtkosten pro Jugendlichem zwischen 100.000 Euro und 180.000 Euro bewegen. Aus der Presseberichtserstattung und den daraufhin folgenden Reaktionen in den sozialen Medien war zu ersehen, dass viele Bürgerinnen und Bürger den Fürstenfeldbrucker Bericht nicht richtig einordneten. Vor allem wurde unterstellt, dass die jungen Flüchtlinge im Landkreis eine besonders intensive und damit auch teure Behandlung erfahren würden.

Aus diesen Gründen ist es Landrat Thomas Karmasin wichtig, festzustellen, dass der Landkreis Fürstenfeldbruck lediglich das bundesweit geltende Jugendhilferecht vollzieht. In ganz Deutschland schreibt das Gesetz vor, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vorerst in die Obhut des Jugendamtes zu nehmen, weil in der Tatsache des „Unbegleitetseins“ eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 8a des Achten Sozialgesetzbuches gesehen wird. Die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge werden wie hier lebende Kinder behandelt, für die es keine geeignete elterliche Erziehung gibt.

Die grundsätzliche Entscheidung, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge dem Recht der Jugendhilfe mit allen ihren finanziellen Folgen zu unterwerfen, hat der Bundesgesetzgeber getroffen. In Bayern sind neben den kreisfreien Gemeinden die Landkreise für den Vollzug des Jugendhilferechts zuständig. Sie vollziehen und leisten, bekommen allerdings das Geld vom Bezirk wieder erstattet.

Entsprechend dem Achten Sozialgesetzbuch gibt es verschiedene Formen der Jugendhilfe. Das zuständige Jugendamt hat die jeweils bedarfsgerechte Maßnahme anzubieten. Je nach dieser ist die passende Form der Unterbringung auszuwählen. Die Angebote der Unterbringung reichen von sehr niederschwelligen Maßnahmen bis hin zu einer 1:1 Betreuung, die im Landkreis Fürstenfeldbruck in keinem Fall gewährt wurde.

Bundesweiter Vergleich

Die durchschnittlichen Kosten einer Unterbringung in einer stationären Einrichtung betragen im Landkreis Fürstenfeldbruck im Monat 5.255 Euro. Diese setzen sich aus Kosten für die pädagogische Versorgung, für den sog. Sachaufwand und für den Investitionsaufwand für die eigentliche Unterbringung – dies ist der sog. „Tagessatz“ und Kosten für Taschengeld, Fahrten und Krankenkosten zusammen. Die Aufwendungen bzw. Tagessätze bewegen sich somit auf nahezu identischem Niveau der „normalen“ Jugendhilfe. Entsprechend der Evaluation kostet ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling den Landkreis bei einer durchschnittlichen Verweildauer von 28 Monaten im Durchschnitt 148.284 Euro.

Um aufzuzeigen, dass die Kosten der Jugendhilfe bundesweit vergleichbar sind, erklärte sich das baden-württembergische Landratsamt Konstanz bereit, Zahlen und Fakten aus seiner Zuständigkeit bereitzustellen. Die Kosten für die Unterbringung in einer stationären Einrichtung reichen dort von 3.721 Euro bis 5.211 Euro, im Durchschnitt folglich 4.255 Euro. Nach einer durchschnittlichen Verweildauer von 22 Monaten einstanden dem Landkreis Konstanz Kosten im Durchschnitt von 77.410 Euro, wobei insgesamt seit Oktober 2014 250 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge längerfristig untergebracht wurden.

Landrat Thomas Karmasin hierzu: „Es ist mir ein starkes Anliegen zu betonen, dass die aufgezeigten Kosten keinen Fürstenfeldbrucker Sonderweg darstellen, sondern dass bundesweit vergleichbare Ausgaben für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, ob mit oder ohne Bleibeperspektive, entstanden sind oder noch entstehen. Dass die extrem teuren Jugendhilfeeinrichtungen in Anspruch genommen werden müssen, weil es ein auf junge Zuwanderer zugeschnittenes Angebot nicht gibt, habe ich schon oft, auch auf Bundesebene, kritisiert, aber bislang ohne Erfolg.“ 

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